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Ein Transportpanzer der Bundeswehr in Mali: Die UN-Mission Minusma ist die gefährlichste der Vereinten Nationen.

© Pao Minusma/Bundeswehr/dpa

Nach Anschlag auf Bundeswehrsoldaten in Mali: „Die Bilanz des Einsatzes ist katastrophal“

Zwölf Bundeswehrsoldaten wurden am Freitag in Mali von einer Autobombe verletzt. Der Vorfall befeuert die Debatte über den Sinn der Militärmission in dem Land.

Für sie fand die Mission ein jähes Ende: Zwölf Angehörige der Bundeswehr hat die Luftwaffe am Wochenende aus ihrem Einsatzgebiet in Mali evakuiert. „Wir sind alle erleichtert“, twitterte Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) nach der Landung der beiden Airbus-Maschinen, die die zwölf verwundeten Soldaten nach Hause brachten. Am Freitag waren sie bei einem Angriff auf einen UN-Konvoi in der malischen Wüste von einer Autobombe verletzt worden, einige von ihnen schwer.

Jetzt sind sie wieder in Sicherheit und werden in Krankenhäusern in Ulm und Koblenz versorgt.

Der Vorfall hat, wieder einmal, die Diskussion über Sinn und Zweck der deutschen Mali-Mission befeuert. Kramp-Karrenbauer will wie Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) an dem Einsatz festhalten. Doch die Kritik wird lauter. Der Bund Deutscher Einsatzveteranen klagt, dass die Soldatinnen und Soldaten in Mali keinen „optimalen Schutz“ hätten – was die Bundesregierung zurückweist. Die Linke will den Einsatz beenden, die FDP fordert, die Mission zu überprüfen.

Von stabilen Verhältnissen weit entfernt

An diesem Dienstag will Kramp-Karrenbauer mit UN-Generalsekretär Antonio Guterres in New York beraten, wie es mit der „Minusma“ genannten UN-Mission weitergeht. Die Ziele sollen besprochen werden; und die Frage, wie Deutschland und seine Partner künftig zusammenarbeiten. Rund 900 deutsche Soldatinnen und Soldaten sind an dem Einsatz beteiligt. Daneben bildet die Bundeswehr im Rahmen des EU-Einsatzes „EUTM“ malische Soldaten aus. Das Ziel: für Stabilität in dem von Terror geplagten Land zu sorgen.

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Davon ist man jedoch weit entfernt. „Die Bilanz des Minusma-Einsatzes ist katastrophal“, sagt Markus Kaim von der Stiftung Wissenschaft und Politik. „Die Sicherheitslage hat sich zuletzt massiv verschlechtert, die Zahl der Anschläge nimmt zu.“ In dem Wüstenstaat regiert die Gewalt. Guterres macht in seinem jüngsten Mali-Bericht eine „signifikante Verschlechterung der Menschenrechtslage“ aus: Entführungen, Kindesmisshandlung, Massenerschießeungen.

Die Regierung in Bamako setzt dem wenig entgegen. Kaim vergleicht die Situation mit Afghanistan, von wo sich die Bundeswehr gerade gescheitert zurückzieht. Damit die Mission in Mali Wirkung entfalten könne, brauche es eine „starke Partnerregierung vor Ort“, sagt Kaim. „Doch die gibt es in Bamako nicht. Der Hebel, den die Bundesregierung auf die dortige Regierung hat, ist genauso schwach wie es mit Blick auf die Regierung in Kabul der Fall ist.“

Ein Putsch nach dem anderen

Im Sommer 2020 hatten junge Offiziere den damaligen Präsidenten Ibrahim Boubacar Keïta weggeputscht. Die Bundesregierung verurteilte das zwar, arrangierte sich aber mit den neuen Machthabern. Nach neun Monaten folgte ein zweiter Putsch. Das Militär zwang die Übergangsregierung zur Kabinettsumbildung und setzte einen neuen Präsidenten ein.

„Nach dem zweiten Putsch hätten bei der Bundesregierung bereits alle Alarmglocken schrillen müssen“, sagt die Grünen-Außenpolitikerin Agniezska Brugger. Die Bundesregierung müsse Druck auf Bamako machen. „Die europäische Ausbildungsmission EUTM sollte dringend ausgesetzt werden, bis klar ist, dass es im Land auch echte politische Reformen gibt.“ Die UN-Mission wollen die Grünen weiterlaufen lassen.

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Siemtje Möller, verteidigungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, warnt nach dem jüngsten Angriff auf die Bundeswehr vor „Aktionismus“. Angesichts der gefährlichen Lage in Mali sei nicht die Zeit, über eine Truppenreduzierung nachzudenken. „So furchtbar der Anschlag ist, sehe ich trotzdem keine rechtliche Grundlage, um den Charakter der Mission grundlegend zu verändern.“

Einen Alleingang beim Truppenanzug könnte sich Deutschland ohnehin kaum leisten. Die Bundesregierung hat sich dem Multilateralismus verschrieben, der Bündnistreue zu ihren Partnern. „Würde sich Deutschland aus Minusma zurückziehen, würde es damit die UN ungewollt schwächen“, sagt Kaim.

Allerdings hat Deutschlands wichtigster Partner in Mali, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, kürzlich eine „tiefgreifende Umwandlung unserer Militärpräsenz“ angekündigt – den Rückzug der eigenen Truppen. Das dürfte die Lage vor Ort grundlegend ändern. Kaim sagt: „Es ist schwer vorstellbar, wie die Bundeswehr da im Land bleiben könnte.“

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