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Politik: Mutter Natur auf dem Patentamt

Ein Gut, das allen gehört, gehört keinem. Und wenn es dann doch plötzlich einer für sich beansprucht?

Ein Gut, das allen gehört, gehört keinem. Und wenn es dann doch plötzlich einer für sich beansprucht? So ähnlich macht das die Pharma-Firma Monsanto, die das Patent auf ein "Marker-Gen" in einer chinesischen Sojabohne beansprucht. Ertragreiche Pflanzen enthalten dieses natürliche Gen besonders häufig, Monsanto will damit neue Soja-Sorten züchten. Ihren Anspruch begründet die Firma damit, dass sie das in einer amerikanischen Datenbank gelagerte Gen sequenziert und identifiziert hat.

Zum Thema Online Spezial: Die Debatte um die Gentechnik Die Umweltschutzorganisation Greenpeace befürchtet, dass die Forschung zur wilden Sojabohne und zur Kulturform der Sojapflanze behindert wird, wenn Monsanto ein Patent bekommt. Zudem gefährde das den Lebensunterhalt der Bauern, die entsprechendes Soja anbauten, so die Umweltschützer. Christoph Then von Greenpeace nennt die Vorgehensweise der Firma "Biopiraterie". Der Sprecher von Monsanto Deutschland, Andreas Thierfelder, betont hingegen, ohne die Forscher seiner Firma wäre das Gen noch nicht identifiziert worden. Der Fall wird nun vom Europäischen Patentamt geprüft.

Ein Patent auf etwas, das in der Natur bereits existiert, ist prinzipiell möglich und wird in den meisten Ländern unter bestimmten Voraussetzungen erteilt. Denn die Mitgliedstaaten der Welthandelsorganisation (WTO) sind verpflichtet, sich an das so genannte Trips-Abkommen ("Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights") zu halten. Danach sind auch biologische Materialien patentierbar - vor allem Pflanzen und Mikroorganismen, erklärt Beatrix Tappeser vom Öko-Institut. Das erhöht den Anreiz bei der Forschung, argumentieren die Befürworter, zu denen vor allem Wirtschaftsunternehmen und Industrieländer zählen.

Umweltschutzorganisationen und Entwicklungsländer sehen durch diese Patente nicht nur die Artenvielfalt, sondern auch die Lebensgrundlagen der Bauern gefährdet. Denn diese dürfen dann ihr Saatgut nicht mehr von der Vorjahresernte abzweigen und müssen sowohl den Händler wie den Lizenzgeber, also die Pharma-Firma, bezahlen.

Die Konvention zur Biologischen Vielfalt wirkt wie ein Gegengewicht zu dem Abkommen. Sie wurde 1992 auf dem Umweltgipfel von Rio verabschiedet und erkennt die biologische Vielfalt eines Staates gleichzeitig als dessen Besitz an. Das allein reicht aber nicht. Es muss geregelt werden, wer wie auf die genetischen Ressourcen zugreifen darf. In der vergangenen Woche haben deshalb in Bonn Delegierte aus rund 180 Mitgliedsländern der Konvention die "Bonner Regeln" entwickelt. "Wir sind weiter gekommen als je erwartet", beurteilt die Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, Gila Altmann (Grüne), das Ergebnis. Wo sonst ein Nord-Süd-Konflikt herrschte, hätten die meisten Staaten Richtlinien zur Nutzung von Genen und der Verteilung des wirtschaftlichen Nutzens zwischen Industrie- und Entwicklungsländern unterstützt. "Man hat wohl erkannt, dass es keine Alternativen gibt, als jetzt Regeln zu finden", sagt Altmann. Wie die Leitlinien inhaltlich genau aussehen, steht noch aus. Sie sollen erst auf der nächsten Vertragsstaatenkonferenz im April 2002 in Den Haag beschlossen werden.

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