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Alles, was golden glänzt. Eine zünftige Blasmusik beim Münchner Oktoberfest.

© imago images/Ralph Peters

Münchner Oktoberfest: Eine Wiesn voller Feierbiester

Das bierseligste Volksfest der Welt soll nach zwei Jahren Pause nun ohne Corona-Auflagen wieder stattfinden. Ist das nicht gewagt? Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Ach herrje, wollen wir nicht alle unser Leben zurück, das Leben vor der Pandemie? Mit Feiern und Tanzen und all dem? Wahrscheinlich ist es die überwältigende Mehrheit, die nichts mehr von Corona wissen will.

Allein: Gesundheitsminister Karl Lauterbach, warnt vor gefährlichen Varianten des Virus, einer „Killervariante“, und baut in seinem Ressort für den kommenden Herbst vor. In der vertraulichen Arbeitsplanung steht denn auch für den Mai das „Pandemiemanagementkonzept“ mit einer „Strategie für mehr Impfung und Impfstoff- Einkauf“. Für den sind gut sechs Milliarden Euro vorgesehen. Heißt: Es ist mit allem zu rechnen.

Und ausgerechnet gen Herbst kommt das Superfest der Bayern: die Münchner Wiesn. Die soll dieses Jahr nach zwei Jahren Pause endlich wieder stattfinden. Nicht nur die Stadt jubelt. Preißn und andere Ausländer kaufen schon wieder Lederhosen. Die großen Zelte sind (nahezu) ausverkauft, am Mittag wie am Abend, Rummel ist garantiert.

Und um das Oktoberfest – das bereits am 17. September beginnt – noch besonderer zu machen, sollen Fahrgeschäfte und Buden früher öffnen, soll die „Oide Wiesn“ länger laufen. Auch einen Tag länger als üblich. Der 3. Oktober, ein Montag, wird für die Gaudi mit reserviert.

Dabei ist klar: Voraussetzung bleibt, dass die Pandemie keinem einen Strich durch die Rechnung macht. OB Dieter Reiter hat Haftungsklauseln in die Verträge eingebaut, damit der Steuerzahler nicht die Kosten tragen muss. Hilft aber wenig, wenn das vermaledeite Virus die Freude verdirbt.

Und wenn es wieder da ist, wird es aufs Neue ein „Team Vorsicht“ geben, angeführt von MP Markus Söder? Bislang ist er für die Wiesn, wie die Festwirte. Schwierig, gell?

Der Bayerische Rundfunk hat – sagen wir: vorsichtshalber – Markus Schroer interviewt, Soziologieprofessor in Marburg. Er erforscht, warum Feiern im Menschsein so tief verwurzelt ist: heraus aus dem belasteten Alltag.

Schroer glaubt nicht, dass Kriegsereignisse und die Opfer, die die Pandemie weltweit gefordert haben, den Nachholbedarf nach dieser „langen Durststrecke“ gefährden. Der Mensch, nicht zuletzt der junge, brauche das Körperliche, „die Begegnung und letzten Endes auch die Berührung mit dem anderen“.

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Ob das Schroers Professorenkollegen Lauterbach beeindrucken wird? Als „Feierbiest“ (legendäres Wort von Bayern-Trainer Louis van Gaal) ist der nicht bekannt geworden. Lauterbach beeilt sich aber mit dem Pandemiekonzept, damit nicht nur Bayern feiern können.

Gewagt bleibt es. O’zapft wird – ohne Auflagen. OB Reiter ist nicht ganz glücklich. Anders die erwarteten sechs Millionen Gäste. Wie sagt der Bayer: „Bassd scho. Hauptsach’, es ist no wos drin im Glasl.“

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