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Sanitäter der Bundeswehr: Auch Militärs stellen sich auf das Coronavirus ein.

© Ingo Wagner/dpa

Morgenlage aus der Hauptstadt: Bundeswehr organisiert 1200 Plätze für Coronavirus-Quarantäne

Kasernen stellen sich auf Civid-19-Fälle ein + Merkel redet hinter verschlossenen Türen Klartext + Gerhard Schröder kritisiert Föderalismus.

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Wer sorgt sich hinter verschlossenen Türen? Angela Merkel. In der Öffentlichkeit tritt die Kanzlerin zwar nicht so deutlich in Erscheinung wie etwa Giuseppe Conte, Sebastian Kurz oder Emmanuel Macron. Dafür redet sie nach Morgenlage-Informationen hinter verschlossenen Türen durchaus Klartext.

In der Sitzung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion sagte sie jetzt – unter Verweis auf Experten – sie gehe davon aus, dass ohne einschneidende Maßnahmen schließlich 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung in Deutschland betroffen sein könnten von der Virusausbreitung. Bundesligaspiele vor leeren Rängen sei dagegen „nicht das Schlimmste, was diesem Land passieren kann“.

Und auch der Bundestag könnte sich leeren. Die Abgeordneten diskutieren daher bereits Fair-Play-Regelungen: Für jedes infizierte und deshalb abwesende Mitglied einer Fraktion könnte auch in den anderen Fraktionen jeweils ein Abgeordneter den Abstimmungen fernbleiben. Bis es das erste Parlamentsmitglied erwischt, ist es sicher nur eine Frage der Zeit.

Welche Politik könnte gegen das Coronavirus helfen? Weniger Föderalismus – findet zumindest Altkanzler Gerhard Schröder. Am Dienstagabend wurde er beim Berliner Salon des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) als der „letzte noch lebende Altkanzler“ vorgestellt. „Man fragt sich nur, wie lange noch“, warf Schröder (75) lachend ein. „Da sind wir bei Corona.“

Und dann stieg er in die Fehleranalyse ein. „Wir sehen, dass der Föderalismus an seine Grenzen kommt.“ Dortmund sage gerade Fußballspiele ab, Leipzig und Berlin nicht. „Das ist eine Geschichte, die man ändern muss.“

Der Bundesregierung mehr Kompetenzen zu geben, sei daher vernünftig. Er selbst lege keinerlei Vorräte zu Hause an – und meide auch die Menschen nicht. In den China Club Berlin hatte er denn auch gleich Parteifreund Otto Schily und den früheren RWE-Chef Jürgen Großmann – seine Skatfreunde mitgebracht.

Was lobt Schröder? Das Krisenmanagement der Regierung, mit Einschränkungen. „Das eigentliche Problem ist das Ökonomische“, meint er.

Lieferketten würden reißen, Unternehmen in Schieflage geraten – daher sei die Regierung mit der Ausweitung des Kurzarbeitergeldes und Liquiditätshilfen „auf dem Dampfer, der in die richtige Richtung fährt“. Alles in allem habe Merkel bisher „einen ordentlichen Job“ gemacht, auch wenn es nach seinen Agenda-Reformen keine Strukturreformen mehr gegeben habe.

Fragen nach seiner Beziehung zu Russland, und speziell Wladimir Putin, bügelte er ab: „Das Thema ist ausdiskutiert. Deshalb sollte man es lassen.“ Interessant, was er noch zu den Kanzlerkandidaten-Qualitäten von SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sagte („Er kann es“) und zur Bewertung des damaligen Unions-Fraktionschefs Friedrich Merz („Ein bisschen übereifrig“).

Wer hält 1.200 Plätze für Coronavirus-Infizierte vor? Die Bundeswehr. Das hat die Morgenlage exklusiv beim Informationszentrum des Sanitätsdienstes der Bundeswehr in Erfahrung gebracht.

„Für Coronavirus-Verdachtsfälle und Kontaktpersonen, bei denen eine häusliche Quarantäne zum Beispiel wegen der familiären Situation nicht möglich ist, werden in den Kasernen der Sanitätsversorgungszentren einzelne Unterbringungsmöglichkeiten eingerichtet“, schreibt Oberstleutnant Matthias Frank. „Die Betreuung der zu isolierenden Personen wird vorwiegend durch medizinisches Fachpersonal aus Sanitätsregimentern durchgeführt. Durch die Einrichtung dieser Betreuungsmöglichkeiten stehen zunächst mehr als 1.200 Plätze zur Verfügung.“

Zweimal täglich beratschlagt die Bundeswehr auch mit einem US-Lagezentrum, welche Auswirkungen das Coronavirus auf die gemeinsame Nato-Übung „Defender 2020“ mit rund 37.000 Soldaten hat. Mögliche Isolierungen sind jedenfalls bereits vorbereitet.

Wer muss Rede und Antwort stehen? Verkehrsminister Andreas Scheuer. Heute wollen die Haushaltspolitiker der Opposition in einer Ausschusssitzung von ihm wissen, nach welchen Kriterien er den Standort für das 500 Millionen Euro teure Deutsche Zentrum Mobilität der Zukunft ausgewählt hat. Das soll nämlich nach München gehen.

Wie meine Kollegen von Background Mobilität & Verkehr berichten, wurde die bayerische Landeshauptstadt ohne Auswahl- oder Ausschreibungsverfahren als Ort festgelegt.

Über das „oppositionelle Mäusekino“ im Haushaltsausschuss will sich Scheuer zwar keine Gedanken machen. Doch auch in der SPD rümpfen einige schon die Nase. Die Bundestagsabgeordnete Elisabeth Kaiser aus Gera etwa meint, dass auch Ostthüringen sehr geeignet gewesen wäre. Und klagt: Stattdessen fördere Scheuer eine „Boomregion“.

Wer feiert? Alexander Hold (58, Freie Wähler, Vizepräsident Bayrischer Landtag); Anja Weisgerber (44, CSU, Deutscher Bundestag); Detlef Gürth (58, CDU, Landtag von Sachsen-Anhalt); Torsten Hofer (40, SPD, Berliner Abgeordnetenhaus); Martina Renner (53, Linke, Deutscher Bundestag)

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