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Kerzen zur Erinnerung an den Terroranschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz.

© Sidney Gennies

Morgenlage aus der Hauptstadt: Brisanter Zeuge sagt im Amri-Untersuchungsausschuss aus

Im Bundestagsausschuss zum Anschlag auf dem Breitscheidplatz wird es interessant +++ Die Bundesregierung und die Putin-Lüge +++ Merkels Staatspartei-Mentalität.

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Worüber spricht die Hauptstadt? Über das schwer belastete deutsch-russische Verhältnis. Einem Staatspräsidenten öffentlich nachzuweisen, dass er die Unwahrheit gesagt hat, ist in der internationalen Diplomatie ein ziemlich ungewöhnlicher Vorgang.

Doch die Behauptung des russischen Präsidenten Putin, die Führung in Moskau habe bei Deutschland die Auslieferung des später in Berlin ermordeten Georgiers beantragt, ist offensichtlich falsch. Die Bundesregierung wies sie kategorisch zurück. Auch dass der Georgier wie von Putin behauptet an den Sprengstoffanschlägen auf die Moskauer Metro beteiligt war, halten deutsche Sicherheitskreise für substanzlos.

Die Russen hätten den Georgier nie im Zusammenhang mit Terroranschlag erwähnt, heißt es bei Experten. Mit seinen Behauptungen versuchte Putin zum Gegenangriff überzugehen, nachdem Kanzlerin Merkel ihn aufgefordert hatte, bei der Aufklärung des Mordes an dem Georgier zu kooperieren.

Wo wird es heute interessant? Im U-Ausschuss zum Anschlag auf dem Breitscheidplatz. Dort soll der brisanten Frage nachgegangen werden, ob Bundesinnenministerium und BKA versucht haben, einen V-Mann zu diskreditieren, der frühzeitig auf die Gefährlichkeit des späteren Attentäters Amri hingewiesen hat.

Als Zeugen werden unter anderem ein BKA-Beamter und ein Oberstaatsanwalt des Bundesgerichtshofs vernommen. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit befragen die Abgeordneten außerdem einen Zeugen aus dem BND. Er soll beantworten, wie intensiv sich der deutsche Auslandsnachrichtendienst vor dem Anschlag mit Amri beschäftigte – und welches Interesse man an ihm hatte.

Was gibt es nicht mehr? Dass CDU-Vertreter ohne Regierungsamt bei der vertraulichen „Morgenlage“ im Kanzleramt dabei sind. Nach einer Tagesspiegel-Auskunftsklage hatte sich herausgestellt: Kanzlerin Merkel ließ in ihrer Zeit als Parteichefin noch CDU-Funktionäre bei der vertraulichen Dienstbesprechung ein und aus gehen.

Nach dem Wechsel an der CDU-Spitze nahm auch die neue Parteichefin AKK ohne Regierungsamt an der „Morgenlage“ teil. Jetzt teilte das Bundeskanzleramt über einen Anwalt mit: Außer CDU-Chefin AKK „hatte und hat kein weiteres Mitglied der neu gewählten CDU-Führung diese Möglichkeit“.

Auch AKK habe nur für eine „Übergangszeit“ bis Frühjahr 2019 teilnehmen können. CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak dürfte nie in die vertrauliche Besprechung kommen. Geändert hat sich die Praxis aber anscheinend nur durch kritische Fragen aus der FDP. Jan Korte, Parlamentarischer Geschäftsführer der Linksfraktion, sagt über Merkels Amtsführung: „Die CDU hat in den 14 Jahren, die sie die Kanzlerin stellt, offenbar eine Staatspartei-Mentalität entwickelt.“

Wer steht unter Zeitdruck? Der U-Ausschuss zur Maut-Affäre. Heute nimmt er seine Arbeit auf. Der Zeitplan: Bereits bis Sommer 2020 müssen die Zeugenbefragungen im U-Ausschuss abgeschlossen werden. Dann könnte nämlich das Schiedsgerichtsverfahren zwischen dem Verkehrsministerium und den beiden geplanten Betreiberfirmen für die Pkw-Maut beginnen. Sobald das Verfahren läuft, könnten mehr Akten unter Verschluss gehalten werden und Zeugen die Aussage verweigern.

Ironischerweise könnte Scheuer außerdem eine Strafanzeige wegen Untreue helfen, die zwei Linken-Bundestagsabgeordnete gestellt haben. Mit der Begründung, er müsse sich ja nicht im Strafverfahren selbst belasten, könnte Scheuer die Aussage im U-Ausschuss verweigern. Dazu wollte der Minister gestern aber keine Auskunft geben. Auf Tagesspiegel-Nachfrage sagte er nur: „Ich habe großes Vertrauen in die Justiz.“

Wer feiert? Roman Müller-Böhm (27, FDP, Bundestag), Petra Nicolaisen (54, CDU, Bundestag), Wolf-Dietrich Rost (67, CDU, Landtag Sachsen), Thorsten Schwab (44, CSU, Landtag Bayern)

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