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Der Fraktionsvorsitzende im Bundestag von Bündnis 90/Die Grünen, Anton Hofreiter

© picture alliance / Britta Peders / dpa

Exklusiv

Morgenlage aus der Hauptstadt: 650 Milliarden nur fürs Klima

Anton Hofreiter drängt auf Emissionsreduktion und warnt vor „permanentem Ausnahmezustand“ + Union und SPD entdecken Herz für die Kohle + Laschets Lackmustest

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Wer will die EU-Klimaschutzziele verschärfen? Bundesumweltministerin Svenja Schulze. Ginge es allein nach ihr, würde die EU ihren Treibhausgasausstoß bis 2030 nicht nur um 40 Prozent reduzieren, sondern um bis zu 55 Prozent. Heute will das Bundeskabinett sein Programm für die halbjährige deutsche EU-Ratspräsidentschaft ab 1. Juli beschließen, die ganz im Zeichen des Wirtschaftseinbruches stehen dürfte.

Dazu habe ich exklusiv für die Morgenlage Grünen Fraktionschef Anton Hofreiter, gefragt, wie der Klimaschutz zum zentralen Thema der EU-Ratspräsidentschaft werden kann. Hier seine Antwort:

„Wenn wir kein Leben im permanenten Ausnahmezustand wollen, dann muss ein starker Europäischer Green Deal im Zentrum des Wiederaufbauplans gegen die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise stehen. Wir brauchen Investitionen in Zukunftstechnologien wie Erneuerbare Energien, Speichertechnologien, nachhaltige Mobilität, grüner Wasserstoff und Digitalisierung. Jeder zweite Euro des mehrjährigen Finanzrahmens, das sind rund 650 Milliarden Euro in den kommenden sieben Jahren, sollte in den Klimaschutz fließen. Nur so lässt sich etwas bewegen. Die Bundesregierung muss sich für eine Anhebung des EU-Klimaziels auf 65 Prozent einsetzen und die EU-Ratspräsidentschaft zur Klimapräsidentschaft machen. Uns läuft die Zeit davon.“

Wer entdeckt sein Herz für die Steinkohle vor? Union und SPD. Die Höchstpreise für die Ausschreibungen zur Stilllegung von Steinkohlekraftwerken sollen deutlich erhöht, die Stilllegung ein Jahr länger als bisher geplant entschädigt und der Kohleersatzbonus erhöht werden. Das geht aus einer Formulierungshilfe für sogenannte Änderungsanträge zum Kohleausstiegsgesetz hervor. Sie soll heute im Bundeskabinett verabschiedet werden und liegt den Kollegen von Tagesspiegel Background Klima vor.

Aber: Sollte der Green Deal der EU-Kommission wie geplant kommen, würde er den Wert von Steinkohlekraftwerken stark reduzieren. Bleiben dann auch die Gaspreise niedrig, werden die Höchstpreise für die Stilllegungen womöglich nicht ausgereizt. So oder so könnte die Geste der Regierungsfraktionen aber die zuletzt ziemlich aufgebrachten Gemüter der Steinkohleverstromer etwas besänftigen.

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Wer liefert sich ein Fernduell 2.0?Armin Laschet und Markus Söder. Der NRW-Ministerpräsident verfügt zwar einen Lockdown in den Kreisen Gütersloh und Warendorf, aber keine generelle Reisebeschränkung für deren Bewohner. Der bayerische Landesfürst antwortet – mit einem Übernachtungsverbot für Gäste aus diesen Landkreisen.

Doch es steckt mehr dahinter: Eigentlich hatte Söder klar gemacht, dass er für eine Kanzlerkandidatur der Union nicht zur Verfügung steht. Doch nun müssen Laschet, aber auch Friedrich Merz und Norbert Röttgen registrieren, dass Söder nicht mehr so deutlich betont, sein Platz sei in Bayern. Denn Laschet schwächelt: Im April waren laut Umfrage noch 65 Prozent der Befragten mit seiner Arbeit zufrieden, jetzt sind es nur noch 46 Prozent. Seine mögliche Kanzlerkandidatur hängt mehr denn je von seinem Corona-Management ab. Der Fall Tönnies wird für Laschet zum Lackmustest.

Horst Seehofer (CSU), Bundesinnenminister
Horst Seehofer (CSU), Bundesinnenminister

© Wolfgang Kumm / dpa

Wer steckt in der Bredouille? Innenminister Seehofer. Er muss jetzt abwägen, ob die Strafanzeige gegen die „taz“-Kolumnistin durchziehen soll, die in einem satirischen Text Polizisten auf die Mülldeponie gewünscht hatte. Denn Kanzlerin Angela Merkel hat gegen die Anzeige Bedenken angemeldet. Wenn er es nun aber sein lässt, sieht es aus, als machte er einen Rückzieher.

Manche fühlen sich schon an den großen Grenzstreit 2018 zwischen Merkel und Seehofer erinnert. Ganz so schlimm wird es zwar wohl nicht, aber die Opposition stichelt schon. Der Grünen-Innenpolitiker Konstantin von Notz meint: „Sollte sich hier ein neues Seehofer-Melodram in drei Akten ankündigen, kann man nur sagen: Die innere Sicherheit dieses Landes ist zu wichtig.“

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Wer zofft sich mit Jens Spahn? DRK-Präsidentin Gerda Hasselfeldt. Der Gesundheitsminister hält nämlich nichts von Corona-Sonderprämien für Mitarbeiter der Rettungsdienste – und hat eine entsprechende Bitte des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in einem Brief an die „liebe Gerda“ zurückgewiesen. Die Branche ist empört über diese Abfuhr, berichtet Tagesspiegel Background Gesundheit.

Doch die frühere CSU-Politikerin Hasselfeldt möchte den Konflikt lieber nicht hochkochen lassen. Auf Nachfrage meines Kollegen Rainer Woratschka lässt sie mitteilen, es gebe „eine enge und sehr erfolgreiche Zusammenarbeit des Deutschen Roten Kreuzes mit der Bundesregierung und insbesondere mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn gerade auch während der Corona-Pandemie“.

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