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Absperrband mit der Aufschrift "Polizeiabsperrung" ist vor dem Haus des verstorbenen Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU) zu sehen.

© Swen Pförtner/dpa

Exklusiv

Mordfall Walter Lübcke: Das Strafregister des Stephan E.

Vor zwei Wochen wurde der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke erschossen. Der Tatverdächtige fiel schon in der Vergangenheit als gewalttätig auf.

Von Frank Jansen

Der Tatverdächtige im Mordfall Walter Lübcke ist offenbar ein Intensivtäter. Das ergaben Recherchen des Tagesspiegels zu den Einträgen über Strafen für Stephan E. im Bundeszentralregister.

Im Register sind insgesamt sieben Urteile von Gerichten in Hessen, Schleswig-Holstein und Münster gespeichert.

Erster Eintrag 1993

Das Amtsgericht Wiesbaden verurteilt Stephan E. wegen Diebstahls zu einer Jugendstrafe von zehn Monaten auf Bewährung. Die Haft bleibt dem damals knapp 20-jährigen Mann erspart.

Zweiter Eintrag 1995

Das Landgericht Wiesbaden verhängt sechs Jahre Jugendstrafe gegen Stephan E. Es geht um schwere Delikte: versuchter Totschlag, eine Messerstecherei und das „versuchte Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion“. Im Dezember 1993 hatte Stephan E. einen Bombenanschlag auf eine Unterkunft von Asylbewerbern Hohenstein-Steckenroth (bei Wiesbaden) vorbereitet. Die Flüchtlinge entgingen jedoch knapp einer Katastrophe. Zwischen den Wohncontainern brannte ein Auto, doch die von E. auf der Rückbank deponierte Rohrbombe explodierte nicht.

Dritter Eintrag 2003

Das Amtsgericht Neumünster (Schleswig-Holstein) verurteilt Stephan E. wegen einer Körperverletzung zu einer Geldstrafe. Wen E. attackiert hat, steht im Bundeszentralregister jedoch nicht.

Vierter Eintrag 2004

Das Amtsgericht der hessischen Kleinstadt Biedenkopf verhängt ebenfalls eine Geldstrafe, diesmal geht es um Beleidigung.

Fünfter Eintrag 2005

Das Amtsgericht Kassel verurteilt Stephan E. wegen einer Körperverletzung zu einer Geldstrafe.

Sechster Eintrag 2006

Der Rechtsextremist muss sich wieder im Amtsgericht Kassel verantworten. Die Polizei hatte bei ihm einen „verbotenen Gegenstand“ sichergestellt. Das sei in der Regel ein Schlagring, ein Butterflymesser oder ein Würgeholz, sagen Sicherheitskreise. Im Zentralregister steht allerdings nur das Urteil.

Siebter Eintrag 2010

Es folgt der bislang letzte Richterspruch. Das Amtsgericht Dortmund verhängt sieben Monate, allerdings auf Bewährung. Stephan E. hat mit mehreren hundert weiteren Neonazis am 1. Mai 2009 in Dortmund eine Kundgebung des DGB attackiert. Die Rechtsextremisten warfen Steine und schlugen mit Holzlatten auf Polizisten ein. Die Beamten nahmen mehrere Rechtsextremisten fest, einer war Stephan E.

Nach 2010 ist kein weiteres Urteil gegen E. im Bundeszentralregister verzeichnet. Doch Sicherheitskreise betonen, die sieben Richtersprüche seien nur ein Teil der Realität. Mehrere Verfahren gegen E. seien eingestellt worden. Die Vorwürfe lauteten Brandstiftung, Totschlag, gefährliche Körperverletzung, Raub. Für eine Verurteilung hätten die Indizien jedoch nicht gereicht. 2004 habe es das letzte Verfahren gegen E. gegeben, das ohne Strafe endete.

Der vergangenen Sonnabend festgenommene Rechtsextremist steht in Verdacht, am 2. Juni den Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke mit einem Kopfschuss getötet zu haben. Die Bundesanwaltschaft hat die Ermittlungen am Montag übernommen und sieht bei der Tat „zureichende Anhaltspunkte für einen rechtsextremen Hintergrund“.

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