zum Hauptinhalt
Dieses Foto der Nasa zeigt den Blick vom Mond auf die Erde im Jahr 1969

© AFP PHOTO / NASA/HANDOUT

Mondlandung vor 50 Jahren: Die Herausforderungen von heute warten auf der Erde

Die Apollo-11-Mission war das eindrücklichste Beispiel, was Menschen leisten können. So ließen sich auch die Probleme der Gegenwart angehen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Richard Friebe

Am 21. Juli 1969 um 2.56 Uhr Weltzeit betrat Neil Armstrong den Mond. Wenig später folgte ihm Edwin Aldrin. Und ein paar Tage später waren die beiden und Michael Collins, der in der Umlaufbahn gewartet hatte, wieder auf der Erde. Es war die spektakulärste, teuerste, aufwendigste und komplexeste nicht primär militärische Leistung, die Menschen in Ingenieurskunst, Wissenschaft, Logistik und Politik je auf die Beine gestellt hatten.

Es bietet sich an, all das zum 50. Jahrestag zu glorifizieren. Man kann aber auch einen objektiven Blick versuchen. Der schmälert nicht die Leistung der Astronauten und der 400.000 Menschen, die für das Apollo-Programm gearbeitet haben. Er relativiert nicht die gebrachten Opfer – etwa die drei Apollo-1-Astronauten, die ihr Leben ließen.

Und man darf auch nicht die Anstrengungen der „anderen Seite“ vergessen: Michael Collins sagte kürzlich, er und seine Kollegen hätten es nie zum Mond geschafft, „wären da nicht unsere Konkurrenten gewesen“. Auch ein realistischer Blick zurück lässt uns staunen: über Technik, Wissenschaft und den nachhaltigen politischen Willen.

Obwohl: Das Staunen ist so sicher heute nicht mehr. Wir leben in einem technisierten, vor allem durch wissenschaftliche Leistungen bequemen, dank demokratischer Regeln freien Teil der Welt. Wir sind aber absurderweise zunehmend technik- und wissenschaftskritisch und demokratiemüde. Viele haben das Staunen längst verlernt.

US-Astronaut Edwin „Buzz“ Aldrin auf der Mondoberfläche
US-Astronaut Edwin „Buzz“ Aldrin auf der Mondoberfläche

© dpa/Neil Armstrong/NASA

Ein realistischer Blick zurück zeigt auch, dass bis kurz vor dem glorreichen Ende eine Mehrheit der Amerikaner das Programm sehr kritisch sah. Ebenso lässt sich nicht leugnen, dass der Grund, zum Mond fliegen zu wollen, nicht vor allem Wissenschaft oder Entdeckergeist war, sondern politische Symbolik im Kampf der Systeme. Zudem wurden Ressourcen verbraucht – und in den Raketen in Unmengen wahrhaft verbrannt –, die auch auf der Erde das ein oder andere gute Werk zu tun hätten helfen können. Und der wissenschaftliche Wert der Missionen war zwar bedeutend, aber durchaus begrenzt.

Komplexe Herausforderungen

Die Frage, die gerne als die vermeintlich entscheidende gestellt wird, lautet: War es das wert? Sie lässt sich gar nicht objektiv beantworten. Die interessantere ist ohnehin eine andere: Was hat uns das Ganze gezeigt, außer Fernsehbildern aus 400.000 Kilometern Entfernung? Was kann man daraus lernen, außer ein paar Erkenntnissen über die Entstehung von Erde, Mond und Sonnensystem?

Eine Antwort könnte lauten: Apollo war das eindrücklichste Beispiel bisher, dass Menschen in freien Ländern mit den ihnen zur Verfügung stehenden technischen, materiellen und ideellen Mitteln in der Lage sind, in sehr kurzer Zeit die größte, schwierigste, komplexeste Herausforderung zu meistern, die sie sich nur stellen können.

Wie die gegenwärtigen komplexen Herausforderungen heißen, weiß jeder: Klimakrise, Ökosystem- und Artensterben, Migration, Erhaltung des Friedens, Ernährung der Milliarden.

Der „Moonshot“ der Gegenwart wäre es, sich diesen Problemen mit Ressourcen, Hingabe, Optimismus, Nachdruck und durchaus einer gewissen Opfer- und Verzichtbereitschaft zu widmen, „in friedlicher Absicht für die gesamte Menschheit“ – so wie es auf der Plakette steht, die Armstrong und Aldrin heute vor 50 Jahren auf dem Mond hinterließen. Realistisch ist das nicht, sicher. Aber an einem Tag wie heute wird man ja ein wenig träumen dürfen.

Zur Startseite