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Juso-Chef Kevin Kühnert will stellvertretender Vorsitzender der SPD werden.

© REUTERS/Fabrizio Bensch

Mögliche Kampfabstimmung auf SPD-Parteitag: Kühnert gegen Heil

Arbeitsminister Heil will die GroKo fortsetzen, Juso-Chef Kühnert sieht sie kritisch. Jetzt könnten sie Rivalen werden um den SPD-Vizevorsitz.

Von Hans Monath

Kurz vor Beginn des SPD-Parteitags haben die designierten Vorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans den Leitantrag für die Delegiertenversammlung noch einmal verschärft. Der Parteitag soll unter anderem Forderungen der SPD an die Union beschließen, die über den Koalitionsvertrag hinausgehen. Eine klare Entscheidung gegen die große Koalition wird auf dem dreitägigen Treffen in Berlin, das am Freitag beginnt, allerdings nicht erwartet.

Im Wahlkampf um den Parteivorsitz hatten Esken und Walter-Borjans eine kritische bis ablehnende Haltung gegenüber dem Regierungsbündnis mit der Union gezeigt. Nachdem beide nach ihrem Sieg in der Urabstimmung diese Position aufgeweicht hatten und den Schulterschluss mit dem regierungswilligen Teil der SPD suchten, waren Vorwürfe aus dem linken Lager laut geworden, sie würden frühere Versprechen brechen. Die Zuspitzung mehrerer konkreter Forderungen im Vergleich zu einem früheren Entwurf dient offenbar dem Ziel, ihre Glaubwürdigkeit zu verteidigen und die Ernsthaftigkeit der Erneuerung der SPD zu beweisen.

Den vom Parteivorstand einstimmig verabschiedeten Leitantrag nannte Esken einen „guten Kompromiss“. Sie fügte hinzu: „Sie werden nachvollziehen können, dass es nicht die reine Lehre sein kann dessen, wovon wir überzeugt sind“. Es gehe aber in die richtige Richtung. Walter-Borjans erklärte, der Leitantrag enthalte „Kompromisslinien, mit denen wir vor den Menschen im Lande bestehen können“. Er und Esken hätten immer die Meinung vertreten, der Austritt aus der großen Koalition sei „kein Selbstzweck“.

Bei den Nachschärfungen geht es konkret um den Mindestlohn und das Klimapaket. Im ursprünglichen Entwurf des Leitantrags war lediglich von Schritten hin zu einem höheren Mindestlohn die Rede. In der nun verabschiedeten Fassung heißt es: „Unser klares Ziel ist dabei perspektivisch die Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro.“

Der Leitantrag stellt sich gegen die Pendlerpauschale

Auch beim Klimaschutz wurde der Antrag überarbeitet. In ihrem Wahlkampf hatten Esken und Walter-Borjans das Klimapaket der großen Koalition als sozial unausgewogen bezeichnet. In diesem Sinne stellt sich der Leitantrag nun gegen die Pendlerpauschale. Sie sei „ungeeignet, um Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen zu entlasten“, heißt es nun. Während in der Ursprungsfassung von einem „sozial gerechten und wirksamen CO2-Preis“ die Rede war, verlangt die letzte Fassung nun, den Preis zu erhöhen. Zudem soll es einen Ausgleich geben, der Besserverdienende nicht bevorzugt.

Auf dem Parteitag wird es voraussichtlich zu einer Kampfabstimmung zwischen Arbeitsminister Hubertus Heil und Juso-Chef Kevin Kühnert um den Posten eines stellvertretenden Vorsitzenden kommen. Heil wirbt für die Fortsetzung der großen Koalition. Kühnert war einer ihrer härtesten Kritiker. Der Parteivorstand sprach sich dafür aus, die saarländische Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger sowie die Brandenburgerin Klara Geywitz zu Parteivizes zu wählen. Beide sind Pragmatikerinnen. Für den dritten Vizeposten gab das Gremium keine Empfehlung ab. Generalsekretär Lars Klingbeil und Schatzmeister Dietmar Nietan sollen demnach weitermachen.

Ex-SPD-Chef Sigmar Gabriel hat unterdessen die neue Parteiführung scharf kritisiert und der SPD einen Kurswechsel in der Sozialpolitik empfohlen. In einem Gastbeitrag für den Tagesspiegel fordert Gabriel die SPD auf, „eine wirkliche Zukunftsdebatte darüber zu führen, was eigentlich das Ziel sozialdemokratischer Politik“ in der Zukunft sein soll. Das sei etwas völlig anderes, „als ein paar neue Milliardenforderungen für Sozialausgaben“ zu verlangen.

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