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Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) wurde am Mittwoch ins Parlament zitiert.

© Dorothée Barth/dpa

Mitten im Corona-Gipfel: Scholz wegen Nord Stream 2 in den Bundestag zitiert

Die Opposition verlangt vom Bundesfinanzminister Aufklärung über seinen Brief nach Washington. Umgehend muss er daher vor dem Parlament erscheinen.

Olaf Scholz musste die Bund- Länder-Schalte zu den Corona-Maßnahmen am Mittwoch überraschend verlassen. Der Bundesfinanzminister wurde am Nachmittag auf Antrag der Grünen in den Bundestag zitiert, weil es unbeantwortete Fragen zu Absprachen mit den USA zugunsten des Pipeline-Projekts Nord Stream gab.

Der SPD-Politiker hatte im August vergangenen Jahres dem damaligen US-Finanzminister Steven Mnuchin in Aussicht gestellt, bis zu einer Milliarde Euro aus Steuermitteln für Infrastruktur zum Transport von amerikanischem Flüssiggas bereitzustellen. Im Gegenzug sollten die USA auf Sanktionen gegen die umstrittene Gaspipeline Nord Stream 2 verzichten. Bisher hatte die Bundesregierung stets betont, Nord Stream 2 sei ein rein wirtschaftliches Projekt.

Der entsprechende Brief, den die Deutsche Umwelthilfe am Dienstag im Volltext veröffentlicht hatte, stieß bei der Opposition nicht nur aus inhaltlichen Gründen auf Empörung. Denn bisher hat die Bundesregierung über die Absprachen zwischen Scholz und seinem US-Amtskollegen keine Auskunft gegeben.

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„Solche Gespräche sind vertraulich. Die Bundesregierung äußert sich zu deren Inhalten grundsätzlich nicht“, hatte die parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium, Britta Hagedorn, im Oktober vergangenen Jahres auf eine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Sven Kindler geantwortet. Der Grünen-Haushaltspolitiker hatte zuvor wissen wollen, ob Scholz seinem damaligen US-Kollegen Steven Mnuchin die Bereitstellung von bis zu einer Milliarde Euro aus dem Bundeshaushalt angeboten habe.

SPD-Fraktionsführung war informiert

Der Vorstoß des Ministers in den USA war zuvor offenbar nicht nur innerhalb der Bundesregierung, sondern auch mit der SPD-Fraktionsführung besprochen worden. „Der Brief war mit den Fachressorts abgestimmt“, auch das Kanzleramt sei eingebunden gewesen, sagte SPD-Parlamentsgeschäftsführer Carsten Schneider am Mittwoch. Er selbst sei ebenfalls informiert gewesen. Es könne nicht sein, dass Scholz und das Bundesfinanzministerium parlamentarische Anfragen der Opposition zum Angebot an die Trump-Regierung nicht beantworteten, „aber die SPD-Fraktion exklusiv informiert wird“, kritisierte Kindler auf Twitter.

Deswegen beantragten die Grünen in einer aktuellen Stunde im Bundestag zu den Entwicklungen in Russland, Scholz herbeizuzitieren. Die Opposition stimmte geschlossen dafür, die Sitzung wurde unterbrochen, bis Scholz auf der Regierungsbank saß.

Außenminister Heiko Maas (SPD) sprach in diesem Zusammenhang von einem „scheinheiligen Spektakel“. Er verwies darauf, dass sich der heutige Grünen-Vorsitzende Robert Habeck als Vize-Ministerpräsident in Schleswig-Holstein selbst für LNG-Infrastruktur eingesetzt habe. Scholz selbst hat sich zu dem Brief bisher nicht geäußert. Im Bundestag verfolgte er die Debatte von der Regierungsbank aus.

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