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Volksvertreter. Angus Robertson hat seinen Wahlkreis in Edinburgh.

© Russell Cheyne/Reuters

Mit Wiener Akzent: Schottischer Abgeordneter schwört Treue zur Queen – auf Deutsch

Im schottischen Parlament legt Angus Robertson den Eid in seiner Muttersprache ab. Für das neue Kabinett wird er als Verfassungsminister gehandelt.

Für öffentlichkeitswirksame Gesten in deutscher Sprache hat Angus Robertson seit langem ein sicheres Gespür. Schließlich lernte der Sohn einer in Berlin aufgewachsenen Deutschen und eines Schotten sein journalistisches Handwerk in Wien, ehe er für die Nationalpartei SNP in die schottische Politik zog.

Am Donnerstag sorgte der 51-Jährige bei der ersten Sitzung der neuen Legislaturperiode im schottischen Parlament für einen sprachlichen Farbtupfer: Auf Deutsch, unverkennbar mit Wiener Dialekt gelobte der frisch gewählte Abgeordnete für den Wahlkreis Edinburgh-Innenstadt „feierlich, aufrichtig und wahrhaftig, Ihrer Majestät Königin Elizabeth, ihren Erben und Nachfolgern gewissenhaft die Treue zu halten“. Andere Parlamentarier ergänzten die Vielsprachigkeit auf Französisch, Gälisch und Urdu.

Auf Englisch kennt der langjährige Parteistratege die Gelöbnisformel auch, saß er doch bis 2017 für die SNP im Unterhaus. Zehn Jahre lang diente Robertson dort als Fraktionschef, zunächst eines kleinen Häufleins von Abgeordneten, zuletzt der drittgrößten Gruppe mit 56 Mitgliedern.

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In dieser Zeit geriet der Schotte auch stärker ins Licht der Öffentlichkeit, weil ihm bei der Fragestunde des Premierministers grundsätzlich zwei Fragen zustanden.

Was bei der Hauptstadtpresse, im Gegensatz zu seinem Nachfolger, gut ankam, beeindruckte die Wähler im Whisky-Wahlkreis Moray (Highlands) offenbar weniger: Sie verstießen ihren langjährigen Abgeordneten zugunsten eines jungen Konservativen, der mittlerweile die schottischen Torys leitet.

Robertsons Name fällt, wann immer in Edinburgh über die Nachfolge der populären und bei der Wahl vergangene Woche im Amt bestätigten Ministerpräsidentin Nicola Sturgeon diskutiert wird. Die amtiert seit sieben Jahren an der Spitze von Partei und Region; nach der Bewältigung der Covid-Pandemie will sie in der neuen Legislaturperiode, am liebsten bis Herbst 2023, das zweite Referendum über die Unabhängigkeit auf den Weg bringen.

Wichtige Rolle bei Planung des Referendums

Bei der strategischen Planung und der Durchführung des Vorhabens dürfte Robertson eine wichtige Rolle spielen. Schon vor der ersten Volksabstimmung 2014 diente er seiner Partei als Kampagnenchef, war also mitverantwortlich dafür, dass das Ergebnis knapper ausfiel als viele vorhergesagt hatten. Freilich behielten die Befürworter der mittlerweile 314 Jahre alten Union mit England klar mit 55:45 Prozent die Oberhand.

Der Drang nach einer neuen Abstimmung ist dem Brexit geschuldet, schließlich wurden die Schotten (62:38 Prozent für den Verbleib) gegen ihren Willen aus der EU gerissen. „Damit sind neue Verhältnisse eingetreten“, argumentiert Sturgeon. London sieht das ganz anders: Premier Boris Johnson lehnt eine neue Volksbefragung rundheraus ab, hält sogar die Diskussion darüber mitten in der Pandemie für „verantwortungslos“.

Dem Konflikt mit London sieht der robuste Politiker Robertson mit Gelassenheit entgegen, in Sturgeons neuem Kabinett wird er für die Schlüsselrolle des Ministers für die Verfassung und für Europa gehandelt.

Erholung von der Politik findet er im Zusammensein mit seiner 23 Monate alten Tochter Saoirse; in wenigen Wochen erwartet seine Frau Jennifer das zweite gemeinsame Kind. Mal sehen, ob die Mädchen vom Papa gut Wienerisch lernen.

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