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Stefan Engel, MLPD-Spitzenkandidat in Thüringen.

© Georg Ismar / Tsp

Mit Überzeugung und Millionenspenden: Wie die Kommunisten der MLPD in Thüringen um Stimmen kämpfen

Die MLPD ist eine vom Verfassungsschutz beobachtete Kleinstpartei. Trotzdem hofft sie in Thüringen auf einen Erfolg bei der Landtagswahl.

Vor dem Hauptbahnhof in Eisenach wird vor dem „Rechtsruck der Regierung“ gewarnt. Ein anderes Wahlplakat stellt fest: „Links blinken - rechts abbiegen: Landesregierung gescheitert.“

Man fragt sich: Was ist nur mit Bodo Ramelow passiert? In Thüringen regiert doch seit 2014 ein linker Ministerpräsident.

Einigen ist er aber nicht links genug. In der Innenstadt wird für das „Recht auf Flucht“ geworben und: „Revolution ist kein Verbrechen - Weg mit §129 a/b“. Den Gewerkschaften wird geraten: „Kampf statt Co-Management.“

Alles Plakate der Marxistisch-Leninistischen Partei (MLPD) Deutschlands, 1982 gegründet und plötzlich wieder präsent wie lange nicht mehr. Die Partei mit Sitz in Gelsenkirchen sagt sich, wenn hier die Linke bei der Landtagswahl am 27. Oktober erneut stärkste Partei werden kann, dann muss es für noch linkere, vom Verfassungsschutz beobachtete eingefleischte Marxisten auch etwas zu holen geben. Und es geht ihnen um den Kampf gegen die AfD, die hinter der Linken laut Umfragen auf Platz 2 landen könnte.

Zumindest von den Plakaten her ist die MLPD in einigen Regionen die präsenteste Partei.

Basisarbeit im früheren Kali-Bergbaugebiet

„Thüringen ist wichtig, es ist das schwächste Glied in der Kette der bürgerlichen Parteien“, sagt Stefan Engel (65), früher MLPD-Chef und einer der drei Spitzenkandidaten. „Die Unzufriedenheit ist groß. Wir wollen direkt ran an die Konfrontation mit den Faschisten, wie Björn Höcke. Die Linkspartei versagt da im antifaschistischen Kampf.“ 400, 500 Leute engagierten sich für die MLPD, es gibt rund 30 Direktkandidaten.

In Thüringen, wo die Linke seit 2014 den Ministerpräsidenten stellt, meinen die Marxisten von der MLPD, auch etwas holen zu können.
In Thüringen, wo die Linke seit 2014 den Ministerpräsidenten stellt, meinen die Marxisten von der MLPD, auch etwas holen zu können.

© Georg Ismar / Tsp

„Mein Schwerpunkt ist die Basisarbeit im früheren Kali-Bergbaugebiet“, sagt Engel. Und das Wahlziel? „Wir wollen in den Prozentbereich. Fünf Prozent ist natürlich ohne Medien, Fernsehen, Radio und die großen Zeitungen schwer.“ Aber mehr als ein Prozent wäre schon nicht schlecht, meint er. „Dann wird man als relevante Partei wahrgenommen.“

Aber Hauptziel sei erst mal der Aufbau der Partei in Thüringen, mehr Mitglieder, „den antifaschistischen Kampf stärken“. Das ist auch dem Verfassungsschutz bereits aufgefallen, der den Aufbau des neuen MLPD-Landesverbands in Thüringen zu den Landtagswahlen genau beobachtet.

Millionenspenden für den kommunistischen Umsturz

„Die streng maoistisch-stalinistisch ausgerichtete MLPD tritt dafür ein, die kapitalistische Ausbeutung und Unterdrückung abzuschaffen, um eine sozialistische Gesellschaft als Übergangsform einer klassenlosen kommunistischen Gesellschaft zu etablieren“, heißt es im aktuellen Bericht des Verfassungsschutzes. Die finanzielle Lage der MLPD sei auffallend gut. „Die Partei verfügt über ein unverhältnismäßig hohes Spendenaufkommen, welches nach eigenen Angaben im hohen sechsstelligen Bereich lag.“

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Die Mitgliedszahl wird auf 2800 geschätzt, die MLPD selbst gibt keine Zahlen dazu raus. Für den MLPD-Aufbau in Thüringen wurden bereits rund 220.000 Euro eingesammelt.

Engel betont mit Blick auf die gute Finanzlage, die MLPD finanziere sich nur aus Beiträgen und Spenden. „Wenn die Leute ne Erbschaft machen, geben sie uns einen Teil ab. Ein Bergmann aus Moers hat uns 2,5 Millionen Euro gespendet.“

Dessen Vater war großer Immobilienmakler, der Sohn erbte und wollte das Geld einer aus seiner Sicht guten und gerechten politischen Sache zuführen. „Wir haben auch schon mal in einem Jahr 4,9 Millionen Euro gekriegt“, berichtet Engel.

Die MLPD sieht eine „Diktatur der Monopole“

Es ist ein Zirkel politischer Überzeugungstäter, streng organisiert. „Aber wir leben eigentlich einen demokratischen Zentralismus“, betont Engel, angesprochen auf die Beobachtung durch den Verfassungsschutz. Der urteilt übrigens über die Partei: „In der linksextremistischen Szene ist die MLPD nach wie vor isoliert.“

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„Die demokratischen Rechte und Freiheiten des Grundgesetzes verteidigen wir, aber unsere grundsätzliche Kritik daran ist, dass das Eigentum geschützt wird, das Monopole geschaffen werden, die eine Herrschaft ausüben, das sieht man doch am VW-Skandal“, kritisiert MLPD- Spitzenkandidat Engel. „Wenn ich ein Kaugummi-Papier aus dem Fenster schmeiße, muss ich 40 Euro zahlen. Wer 20 Millionen manipulierte Autos verkauft, wird noch nicht einmal zur Rechenschaft gezogen. Für uns ist das eine Diktatur der Monopole.“

Auch das Asylrecht werde immer mehr ausgehöhlt. Ja, man sei für das Recht auf Flucht - gerade in Thüringen kämen solche Botschaften überraschend. „Wir können die Leute doch nicht im Meer ersaufen lassen. Das ist unvereinbar mit dem Anspruch der EU“, sagt Engel. Es gehe um ein Asylrecht auf antifaschistischer Grundlage. „Wir sind dagegen, dass Leute hier Unterschlupf bekommen, die Faschisten sind, wie die IS-Kämpfer.“

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Engel ist ein klassischer Vertreter der MLPD. „Ich komme aus einer alten kommunistischen Familie, seit 1890 kann man sagen.“ Die Urgroßmutter in der SPD, später beim Spartakusbund. Die Großeltern haben im Untergrund gegen die Nazis gekämpft und viele Juden gerettet. Er selbst wurde 1968 aktiv, machte eine Lehre als Betriebsschlosser und wurde 1979 Vorsitzender des kommunistischen Arbeiterbunds Deutschlands, bevor er begann, sich in der darin aufgehenden MLPD zu engagieren.

Mit Marx und Lenin gegen den Klimawandel

„Wir haben bis heute noch 75 Prozent Arbeiter bei den Mitgliedern“, betont er. Aktuell ist ein Schwerpunkt der Protest an der Seite von Kurden gegen die türkische Militäroffensive in Nordsyrien - die Kurdistansolidarität ist eine Konstante. Engel berichtet, es gebe eine Vernetzung mit 58 revolutionären Organisationen auf fünf Kontinenten.

Er selbst konzentriere sich heute verstärkt auf die theoretische Arbeit. „Wir übertragen Marx und Lenin in die heutige Zeit - wir müssen zum Beispiel auch dagegen kämpfen, die Einheit von Mensch und Natur zu zerstören.“ Folgerichtig lautet ein Wahlkampfslogan auch: „Rettet den Thüringer Wald.“

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