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Jens Spahn, Bundesgesundheitsminister. Seine privaten Immobiliendeals machen Schlagzeilen.

© imago images/Jürgen Heinrich

Minister forderte Namen und Anfragen von Journalisten: Rüffel für Grundbuchamt wegen Mitteilung an Spahn

Der CDU-Politiker ließ sich Infos über Medien geben, die zu seinen Immobilien recherchieren. Jetzt schaltet sich die Datenschutzbeauftragte ein.

Der Konflikt zwischen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und den Medien rund um seine privaten Immobiliengeschäfte bekommt ein Nachspiel. Wie berichtet, zog der Minister nicht nur wegen seiner Unterlassungsklagen Kritik auf sich. Auch war bekannt geworden, dass er vom Grundbuchamt Berlin-Schöneberg Namen und Anfragen von Journalisten herausverlangt hatte, die zu seinen teils umstrittenen Grundstückskäufen recherchieren. Darunter auch von solchen des Tagesspiegels.

Jetzt gerät verstärkt das Handeln des Amtsgerichts Schöneberg in den Blick, zu dem das Grundbuchamt gehört. War es überhaupt zulässig, Spahns Anliegen Folge zu leisten?

Wie die Berliner Datenschutzbeauftragte Maja Smoltczyk mitteilt, hat sie in einem Schreiben an das Amtsgericht mehr Rücksichtnahme auf Belange der Pressefreiheit angemahnt. Zwar habe Spahn ein Recht zu erfahren, welche Daten über ihn gespeichert seien. Dazu zählten auch auf ihn bezogene Anfragen von Medien, heißt es in dem Schreiben vom 11. März. Durch Auskünfte über sie könnten deren Interessen jedoch „unzumutbar eingeschränkt werden“.

Journalistinnen und Journalisten müssten deshalb zunächst angehört werden, bevor man Informationen an Spahn herausgibt. Wenn Medien in der Anhörung ein „berechtigtes Interesse darlegen, die einen Schutz vor einer Auskunft (…) erfordern, darf diese nicht erteilt werden“. Das Amtsgericht wird hier nicht in seiner Eigenschaft als Justizorgan tätig, sondern als Behörde und damit als Teil der Exekutive. Wie jede andere Behörde ist es an das Datenschutzgesetz gebunden.

Das Amtsgericht widerspricht den Vorwürfen

Zu den berechtigten Interessenlagen der Medien, die einen Schutz vor Auskunft erfordern, zählt Smoltczyk ausdrücklich „Redaktions- und Recherchegeheimnisse“. Sie geht aber noch weiter: So könne die Auskunftserteilung auch in einer „Gefährdung zukünftiger journalistischer Arbeit“ münden, etwa wenn betroffenen Journalistinnen und Journalisten droht, von „Interviews oder Hintergrundgesprächen ausgeschlossen zu werden“.

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Das klingt, als sei es geradezu auf den CDU-Politiker und Gesundheitsminister gemünzt. Von Spahn und seinem Sprecher Hanno Kautz, der lange für die „Bild“ tätig war, ist in Journalistenkreisen bekannt, dass auf Medienanfragen an das Ministerium mitunter recht selektiv geantwortet wird. Auch kann es sein, dass man von der Einladungsliste für vertrauliche Hintergrundgespräche gestrichen wird. Transparenz dazu gibt es keine.

Dass sich das Schöneberger Amtsgericht in der Causa Spahn an Smoltczyks Hinweis hält, erscheint fraglich. Gerichtspräsidentin Rita Amacha hält die Grundbuchordnung für allein maßgeblich. Demnach seien Journalisten-Anfragen zu den jeweiligen Grundakten zu nehmen, da sie nur aus ihnen heraus beantwortet werden könnten. Und ein Eigentümer habe jederzeit das Recht, in diese Akten Einsicht zu nehmen oder Auskunft zu verlangen, wer Einsicht genommen hat. Presserecht oder „allgemeinen Datenschutzregeln“ erfordern nach Amachas Ansicht kein anderes Vorgehen.

Der Deutsche Journalisten-Verband sieht eine dubiose Zusammenarbeit

Der Deutsche Journalisten-Verband protestiert: „Die Zusammenarbeit von Grundbuchamt und Gesundheitsminister ist rechtlich fragwürdig und politisch mindestens dubios“, erklärt der Bundesvorsitzende Frank Überall. Wenn Spahn mit den Informationen des Grundbuchamts Berichterstattung verhindern wollte, habe er gegen die Verfassung verstoßen“. Das sei „viel schlimmer“ als die Verletzung des Datenschutzes.

Wie der Konflikt weitergeht, ist offen. Klar ist, dass er eine zentrale juristische Frage bei zunehmend wichtig werdenden Grundbuch-Recherchen von Medien berührt. Gerichtsurteile gibt es noch keine. Zur Ironie der Affäre zählt, dass Spahn sich seinerseits bei der Datenschutzbeauftragten beschwert: Er meint, das Grundbuchamt hätte den Kaufpreis für seine Villa verschweigen müssen, als der Tagesspiegel fragte

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