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In den USA sind mehrere Millionen Menschen ohne Strom und Wasser.

© AFP/Montinique Monroe

Millionen Amerikaner ohne Strom und Wasser: Gouverneur von Texas sieht Schuld in erneuerbaren Energien

Die USA versinken im Winterchaos. Vor allem konservative Politiker nutzen die Situation aus, um gegen erneuerbare Energien zu wettern.

Nach dem Wintereinbruch im Südosten der USA sind in Texas Millionen von Menschen weiterhin ohne Strom und fließendes Wasser. Am Donnerstagmorgen waren nach Behördenangaben rund zwei Millionen Haushalte noch immer von der Stromversorgung abgeschnitten. An fast sieben Millionen Haushalte erging die Warnung, wegen Problemen mit der Wasserversorgung ihr Wasser vor dem Trinken abzukochen.

In Houston kam bei hunderttausenden Bewohnern wegen eines Druckverlusts kaum noch Wasser aus dem Hahn, rund 260.000 Bewohner des Bundesstaates hatten gar kein fließendes Wasser mehr.

Der Wetterdienst warnte vor einem neuerlichen Wintersturm in Teilen von Texas, Louisiana, Arkansas und Mississippi mit Glatteis und ergiebigen Schneefällen. Laut Medienberichten kamen infolge des Wintereinbruchs bereits mehr als 30 Menschen ums Leben, viele davon durch Verkehrsunfälle.

Der frühere demokratische Präsidentschaftsbewerber Beto O'Rourke aus Texas sagte dem Fernsehsender MSNBC, die Lage in seinem Bundesstaat sei "noch schlimmer, als was Sie so hören". Viele Leute hätten seit Tagen keinen Strom und damit auch keine Heizung - "sie leiden". Viele dieser Probleme wären vermeidbar gewesen. "Die Energie-Hauptstadt von Nordamerika kann nicht die Energie bereitstellen, um die Leute mit Wärme und Strom zu versorgen. Wir nähern uns der Einstufung als gescheiterter Staat."

Der Energieversorger Austin Energy veröffentlichte eine Liste von "Aufwärm-Zentren" in Schulen der Hauptstadt Austin, in denen die Bewohner Zuflucht finden können. Das Unternehmen erklärte, es sei dabei, die Stromversorgung in einigen betroffenen Stadtteilen wieder herzustellen. Es sei jedoch mit weiteren Blackouts zu rechnen.

Bis Texas wieder komplett an das Stromnetz angeschlossen ist, wird es voraussichtlich noch Wochen dauern.
Bis Texas wieder komplett an das Stromnetz angeschlossen ist, wird es voraussichtlich noch Wochen dauern.

© AFP/Matthew Busch

Texas Gouverneuer Greg Abbott sieht die Schuld für den Kollaps des Stromsystems in den erneuerbaren Energien. In einem Interview mit dem US-Sender Fox News sagte er, das Strom-Debakel zeige, wie wichtig fossile Brennstoffe seien, um sicherzustellen, "dass wir unsere Häuser im Winter heizen und im Sommer kühlen können". Das berichtet die New York Times.

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Der Republikaner Abbott war in den vergangenen Tagen nicht die einzige konservative Stimme, die behauptete, dass grüne Energiequellen wie Wind und Sonne Auslöser für die breiten Stromausfälle seien, wohl aber die prominenteste. Unter dem Titel "Green Energy Failure" berichtete der konservative Sender Fox News über die Stromausfälle, auf Social Media wurden die erneuerbaren Energien als unzuverlässig verlacht.

Auch das Wall Street Journal propagierte in einem Leitartikel die Notwendigkeit fossiler Brennstoffe, ohne sie sei es nicht möglich den mitunter eisigen Temperaturen in den Vereinigten Staaten Herr zu werden. Windenergie steht in den USA seit langem in der Kritik, nicht zuletzt wegen des Abbaus von Arbeitsplätzen in der fossilen Brennstoffindustrie.

Tatsächlich macht die Windkraft zu dieser Jahreszeit nur etwa 7 Prozent der Gesamtkapazität des Staates aus. Nach Einschätzungen von Experten ist ein Großteil des Stromausfalls auf eingefrorene Pipelines zurückzuführen.

Dass eingefrorene Windkraftanlagen nicht die Hauptursache für die Stromknappheit seien, räumte schließlich auch Greg Abbott in einer Pressekonferenz am Mittwochnachmittag ein.

Parteiübergreifend stark in der Kritik steht der staatliche Stromnetzbetreiber Electric Reliability Council of Texas (ERCOT), der eine Kombination von Faktoren für die Situation verantwortlich macht, darunter eingefrorene Windkraftanlagen, begrenzte Gasversorgung, niedrigen Gasdruck. Bis diese Probleme gelöst seien, könne es noch Wochen dauern.

Wie die Washington Post berichtete, forderte Abbott den Rücktritt des ERCOT-Geschäftsführers. Dieser erwiderte, dass die Rechenschaftsfrage erst gestellt werden solle, wenn das ganze Land wieder an das Stromnetz angeschlossen sei.

Zeitgleich zur Politisierung des kalten Wetters hat US-Präsident Joe Biden den Kampf gegen den Klimawandel zu einem zentralen Thema seiner Regierung gemacht. Die Umwandlung des Energiesektors bezeichnete er als „größten Auslöser“ für die Schaffung von Jobs und die internationale Wettbewerbsfähigkeit der USA „im 21. Jahrhundert“.

Eine seiner ersten Amtshandlungen im Januar war es, die Rückkehr zum Pariser Klimaschutzabkommen einzuleiten, zudem kündigte er an, den Klimawandel mit einem Mammutprogramm bekämpfen zu wollen. (tsp/AFP)

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