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Einheit geboten. China klatscht sich beim Volkskongress aus der Krise.

© Imago/Xinhua

Milliardenausgaben auf Volkskongress angekündigt: Wie China sich aus der Coronavirus-Krise retten will

China leidet wirtschaftlich schwer unter der Coronavirus-Pandemie. Auf dem Volkskongress präsentiert Regierungschef Li Keqiang den Plan zur Rettung.

Mit zusätzlichen Milliardenausgaben und neuen Schulden will China gegen die wirtschaftlichen Folgen der Coronavirus-Pandemie ankämpfen. Das kündigte Premierminister Li Keqiang am Freitag zum Auftakt des Pekinger Volkskongresses an. Vorgesehen ist demnach die zusätzliche Ausgabe von Staatsanleihen im Wert von einer Billion Yuan (rund 128 Mrd Euro), mit denen die Wirtschaft neuen Schwung erhalten soll.

Zur Finanzierung neuer Infrastruktur soll zusätzlich der Umfang regionaler ausgegebener Anleihen von 2,15 auf 3,75 Billionen Yuan im Vergleich zum Vorjahr erhöht werden.

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Im ersten Quartal war die Wirtschaft um 6,8 Prozent eingebrochen, nachdem sie im Vorjahr mit 6,1 Prozent – also innerhalb der Vorgabe der Regierung von sechs bis 6,5 Prozent – gewachsen war. Wegen der rückläufigen Einnahmen und der steigenden Ausgaben wird die Staatsverschuldung über die kritische Schwelle von drei Prozent der Wirtschaftsleistung auf 3,6 Prozent ansteigen.

Geplant ist neben neuen Anleihen eine weitere Senkung von Steuern und Abgaben. Aufgrund des schwierigen Umfeld infolge der Coronavirus-Pandemie wird die chinesische Regierung deshalb erstmals seit 1990 kein Wachstumsziel für die Wirtschaft ausgeben. Regierungschef Keqiang verwies auf die „großen Unsicherheiten“. China sehe sich Faktoren gegenüber, „die schwer vorherzusagen sind“.

„Dies sind außergewöhnliche Maßnahmen für ungewöhnliche Zeiten“, rechtfertigte Li Keqiang die zusätzlichen Ausgaben. Laut Regierungsbericht müsse auch sichergestellt werden, dass kleine und mittelgroße Firmen einen signifikant besseren Zugang zu Krediten erhalten und die Finanzierungskosten sinken.

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Die Arbeitslosigkeit dürfte dennoch steigen. Nach einem Ziel für die städtische Arbeitslosenquote von 5,5 Prozent im vergangenen Jahr wurde nun ein Ziel von sechs Prozent ausgegeben. Statt elf Millionen sollen nur noch neun Millionen Jobs geschaffen werden.

„Gegenwärtig und in der näheren Zukunft wird China vor Herausforderungen stehen wie nie zuvor“, schwor Premier Li die Delegierten am Freitag ein. China verfüge jedoch über eine „starke wirtschaftliche Grundlage“, ein „enormes Marktpotenzial und Hunderte Millionen intelligenter und fleißiger Menschen“. Auch dank der starken Wachstumsimpulse werde China die Herausforderungen zweifellos bewältigen können.

Trotz der wirtschaftlich schwierigen Lage wird China seine Militärausgaben in diesem Jahr kräftig um 6,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr steigern. Schon früher war der Verteidigungshaushalt höher als das Wirtschaftswachstum ausgefallen.

Li Keqiang verteidigt Chinas Umgang mit Coronavirus

Die Steigerung geht allerdings im Vergleich zum Vorjahr zurück, als der Militäretat noch um 7,5 Prozent angehoben wurde. Vor dem Hintergrund der Spannungen mit den USA und Pekings Drohungen gegenüber dem demokratischen Taiwan wird der Ausbau des chinesischen Militärs mit Sorge beobachtet. 

Wegen der Ausbreitung des Coronavirus hatte die Jahrestagung im März zum ersten Mal in der jüngeren Geschichte der Volksrepublik verschoben werden müssen. Indem das Treffen jetzt nachgeholt wird, demonstriert China als Ursprungsland der Pandemie, dass es im Kampf gegen das Virus weit vorangekommen ist.

Trotzdem gab es strenge Sicherheitsvorkehrungen, um Infektionen unter den Angereisten zu vermeiden. Delegierte mussten sich zwei Corona-Tests unterziehen. Das Treffen wurde von sonst knapp zwei auf nur eine Woche verkürzt. Die rund 2900 Abgeordneten saßen alle mit Mundschutz in der Großen Halle des Volkes, während die kommunistische Führung auf dem Podium auf Gesichtsmasken verzichtete.

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Der Ministerpräsident verteidigte den Umgang Chinas mit dem Virus. Es habe eine „offene, transparente und verantwortliche Haltung“ in der internationalen Kooperation eingenommen und „rechtzeitig“ Informationen zur Verfügung gestellt. Er reagierte damit auf Vorwürfe besonders von US-Präsident Donald Trump, den Ausbruch anfangs vertuscht, nicht ausreichend kooperiert und damit zur starken Ausbreitung des Virus weltweit beigetragen zu haben.

Trotz der schwierigen wirtschaftlichen und bilateralen Lage sagte Li zu, dass China das Handelsabkommen mit den USA einhalten wolle. „Wir werden mit den USA zusammenarbeiten, um das Phase-Eins-Abkommen umzusetzen“, so der Premier. China werde weiterhin Wirtschafts- und Handelskooperationen mit anderen Staaten vorantreiben.

Erst Mitte Januar hatten die USA und China nach einer zähen und erbitterten Auseinandersetzung ihr vorläufiges Handelsabkommen unterzeichnet. Es sieht vor, dass sich beide Seiten nicht mehr mit zusätzlichen Strafzöllen überziehen. China hat sich zudem verpflichtet, seine Einfuhren aus den USA deutlich zu erhöhen.

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Regierungschef Li Keqiang warb auch für die kontroversen Pläne der kommunistischen Führung, ein eigenes Sicherheitsgesetz für Hongkong zu erlassen. Die prodemokratische Opposition in der chinesischen Sonderverwaltungsregion fürchtet, zum Ziel dieses Gesetzes zu werden.

Es wird sich voraussichtlich gegen Aktivitäten richten, die Peking als subversiv empfindet oder die auf eine Unabhängigkeit abzielen könnten. Kritiker sehen einen Angriff auf den Grundsatz „ein Land, zwei Systeme“, nach dem die frühere britische Kronkolonie seit der Rückgabe 1997 an China autonom verwaltet wird.

Der Volkskongress soll über das Gesetz beraten und seinem Ständigen Ausschuss am Ende der Tagung am 28. Mai einen Auftrag zur Verabschiedung geben. Das Vorgehen ist besonders umstritten, weil Peking damit das Parlament Hongkongs umgehen würde, das sich bisher nicht auf ein solches Gesetz einigen konnte.

Honkong verteidigt das chinesische Sicherheitsgesetz

Die Regierung von Hongkong hat das von China geplante neue Sicherheitsgesetz für die Sonderverwaltungszone verteidigt. Das Gesetz werde die Unabhängigkeit der Justiz in Hongkong nicht beeinträchtigen, erklärte Regierungschefin Carrie Lam am Freitag.

Die Regierung in Peking wolle damit vielmehr illegale Aktivitäten bekämpfen, die der nationalen Sicherheit schaden. Bürgerrechtler in Hongkong haben zu einem Protestmarsch gegen das neue Gesetz aufgerufen, der mittags in der Nähe des Finanzdistrikts in der Innenstadt beginnen und zum Pekinger Verbindungsbüro in Hongkong führen sollte.

Die Demonstration wurde von den Behörden nicht genehmigt. 2003 war der Versuch Pekings, ein ähnliches Gesetz zu verabschieden, auf starken Protest gestoßen und schließlich nicht umgesetzt worden. Hongkong war früher britische Kronkolonie und wurde 1997 an die Volksrepublik zurückgegeben.

Für die Sonderverwaltungszone gelten seitdem besondere Freiheiten. Viele Menschen in Hongkong fürchten, dass mit dem geplanten neuen Gesetz diese Rechte ausgehöhlt werden. (Tsp, dpa, Reuters)

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