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Auch im Roten Rathaus müssten die neuen Quoten bedacht werden.

© Sebastian Gollnow / dpa

Migrantenquote im öffentlichen Dienst: Warum ein Deutschen-Deckel mehr schaden als nutzen kann

Berlins Verwaltung soll vielfältiger werden. Das ist überfällig. Aber nicht jede richtige politische Idee ergibt ein gutes Gesetz. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Jost Müller-Neuhof

In Berlin kündigt sich nach dem Mietendeckel eine weitere politische Innovation an, die gezielte Förderung von Migrantinnen und Migranten im öffentlichen Dienst. Sicherstellen soll dies die Neuauflage des schlapp gebliebenen Integrationsgesetzes, das nun als Partizipationsgesetz stärker wirken soll. 

Kerngedanke: Wer als Nichtdeutscher geboren wurde oder einen nichtdeutschen Elternteil hat, soll – bei gleicher Eignung – bevorzugt einen Job bekommen. So lange, bis anteilig so viele von ihnen in der Verwaltung arbeiten, wie in der Stadt leben. Wer will, kann das Quote nennen.

Die dahinter stehenden guten Absichten sind uneingeschränkt zu begrüßen. Migranten haben es aus vielerlei Gründen schwerer in den Bewerbermühlen, nicht nur im öffentlichen Dienst, dessen Personal zudem recht alt ist und sehr weiß. Das Vorhaben wird, auch dies ein positiver Effekt, das geltende Kopftuchverbot weiter in Frage stellen, das so ziemlich das Gegenteil von Migrantenförderung ist.

Es könnte ein Förder-Olympia werden

Es gibt aber auch Nachteile. Absehbar wird das Gesetz den Aufwand für die Stellenbesetzung erhöhen. Die Verwaltungen sollen Daten erheben, Pläne aufstellen und im Auswahlverfahren jedem Einzelfall gerecht werden. Das wird schwieriger, denn sie sollen ja auch der Förderung von Frauen und Behinderten gerecht werden. 

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Weil das Ganze juristisch wasserdicht sein muss und im Zweifel auch gerichtlich überprüft wird, werden die Verfahren damit noch komplizierter als ohnehin schon. Das widerspricht dem Ziel, gutes Personal in großer Zahl zu gewinnen, was aber künftig wichtiger wird; statt Bestenauslese könnte es eine Art Förder-Olympia geben.

Man darf deshalb zweifeln, ob das Projekt den guten Absichten, die es es propagiert, wirklich zu dienen geeignet ist. Möglich auch, dass sich damit Widerstände festigen oder bilden, die ohne ein solches Gesetz leichter zu überwinden wären. So wird es dann wohl nicht lange dauern, bis in gewissen Kreisen aus Berlin, der Stadt des Mietendeckels, Berlin, die Stadt des Deutschen-Deckels wird.

Gute Gesinnung lebt man vor, man muss aber nicht zwingend Gesetze aus ihr machen. Anders als bei Frauen enthält das Grundgesetz auch keinen entsprechenden Gestaltungsauftrag, der hier Quoten gut rechtfertigen kann. Mit dem neuen Förderprogramm werden zudem weitere Förderwünsche wach. Erfolg hat damit eine politische Idee; ob sie für die Wirklichkeit taugt, ist offen.

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