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Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD)

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Update

Berliner Bürgermeister zum Sozialsystem: DGB begrüßt Müllers Vorstoß, Hartz IV abzuschaffen

Berlins Regierender Bürgermeister Müller will einen Systemwechsel in der Sozialpolitik und fordert ein solidarisches Grundeinkommen. Unterstützung kommt vom Gewerkschaftsbund.

Schon zu seinem Antritt als Bundesratspräsident vor einigen Monaten hatte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) die Einführung eines solidarischen Grundeinkommens gefordert. Er sei davon überzeugt, dass Arbeit der Schlüssel für soziale Teilhabe ist, schrieb Müller im Oktober 2017 in einem Gastbeitrag für den Tagesspiegel. Statt für ein bedingungsloses spricht er sich daher für ein solidarisches Grundeinkommen aus. „Wieso finanzieren wir den Ausschluss aus der Gesellschaft, anstatt uns um die Teilhabe zu bemühen? Wieso machen wir mit dem vielen in Sozialetats veranschlagten Geld aus den verwaltenden Arbeitsagenturen nicht endlich „Arbeit-für-alle-Agenturen“?“. Ein solidarisches Grundeinkommen könnte Arbeit für die Gemeinschaft fair bezahlen.

Am Wochenende legte Müller im Gespräch mit der "Berliner Morgenpost" nach und forderte die Abschaffung von Hartz IV und einen Systemwechsel in der Sozialpolitik durch kommunale Jobangebote. Man müsse zur Kenntnis nehmen, dass es auch 15 Jahre nach Einführung der arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Agenda 2010 durch die damalige rot-grüne Bundesregierung „keine gesellschaftliche Akzeptanz für Hartz IV“ gebe, sagte der Berliner SPD-Landesvorsitzende. Diese sei aber nötig in Zeiten des Umbruchs, in denen die Digitalisierung viele Jobs auch in Sektoren kosten werde, „von denen wir das noch kaum ahnen“

Gewerkschaftsbund erfreut über Müllers Vorschlag

DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach begrüßte den Vorschlag: „Für viele bedeutet Hartz IV nicht nur ein Leben in Armut, sondern ist auch eine Sackgasse statt ein Weg in den Arbeitsmarkt. Der Vorschlag zeigt diesen Menschen eine Perspektive auf, weil er Wege in Arbeit eröffnet“, sagte Buntenbach dem Tagesspiegel.

Wichtig sei, so Buntenbach weiter, "dass es sich um gute Arbeit handelt: sozialversicherungspflichtig und tariflich bezahlt. Dabei muss die Autonomie der Menschen gestärkt werden, sie entscheiden selbst, wie es weitergeht." Wenn Müllers Vorschlag so umgesetzt werde, könnte der Teufelskreis von Entmutigung und Langzeitarbeitslosigkeit für viele durchbrochen werden, so die DGB-Vorständin.

Arbeitsminister Heil fordert gemeinnützige Arbeit für Langzeitarbeitslose

Bürgermeister Müller sagte in dem Interview weiter, dass es angesichts der sich rasant verändernden Arbeitswelt Zeit sei, „Schluss zu machen mit dem bisherigen System, und es zu ergänzen durch ein neues Recht auf Arbeit“. Das Recht auf Arbeit möchte er mit seinem Modell eines „solidarischen Grundeinkommens“ verwirklichen. Jeder Arbeitslose solle nach einem Jahr, ehe er aus dem Arbeitslosengeld I in Hartz IV rutscht, ein Angebot für einen sozialversicherungspflichtigen kommunalen Job bekommen.

Die Bezahlung solle sich am Mindestlohn orientieren, so Müller. Netto gäbe es also pro Monat rund 1.200 Euro, hinzu käme das Kindergeld. Wer das Angebot nicht annehmen möchte, bliebe im bisherigen System, Zwang solle es nicht geben. „Der Staat ist solidarisch, weil er Menschen unterstützt und ihnen Arbeit gibt, die sie brauchen. Und umgekehrt bringen diese ihre Arbeitskraft ein in Bereichen, die unserer Gemeinschaft zugute kommen“, erklärte Müller seinen Vorschlag.

Auch der neue Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will Langzeitarbeitslose mit Hilfe eines Milliardenprogramms in gemeinnützige Arbeit bringen. "Wir wollen Langzeitarbeitslose nicht von einer kurzfristigen Maßnahme zur nächsten schubsen, sondern vier Milliarden Euro bereitstellen, um Menschen eine langfristige Perspektive auf einem sozialen Arbeitsmarkt anzubieten", sagte Heil den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Auch aus der Opposition gibt es Kritik an Hartz IV, allerdings nicht von den Linken, die seit Jahren gegen Hartz IV argumentieren, sondern von den Grünen, die in weiten Teilen das System unterstützten. Jetzt gibt es auch hier Kritik. „Die Zeit ist über Hartz IV hinweggegangen“, sagt der Grünen-Chef Robert Habeck. (AFP, epd, Tsp)

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