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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verlässt das Gebäude, nachdem sie zu den Abgeordneten des Bundestags bei der Regierungsbefragung gesprochen hat. Ein Hauptthema sind die Oster- und Lockdown-Beschlüsse der Bund-Länder-Konferenz zu der Corona-Pandemie.

© Michael Kappeler/dpa

Merkels Rückzieher: Die Kanzlerin entschuldigt sich für das Falsche

Die Entschuldigung der Kanzlerin ist ein durchsichtiges politisches Manöver. Und sie macht gleich den nächsten Fehler. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Anna Sauerbrey

Was für ein Tag für die Kanzlerin. Von der Entschuldigungspressekonferenz und der Rücknahme der „Osterruhe“ ging es für Angela Merkel direkt in den Bundestag. Dort zollten ihr – bei aller Kritik – viele Abgeordnete Respekt dafür, einen Fehler zu korrigieren und öffentlich die Verantwortung zu übernehmen.

Aber ist das wirklich Größe? Oder nicht vielmehr eine souverän und staatsfraulich vorgetragene Verzweiflungstat?

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Angela Merkel entschuldigt sich für den falschen Fehler. Blöd, sich im Dickicht der Verordnungen verlaufen zu haben.

Der eigentliche Fehler aber war, überhaupt wieder nur über das Bremsen zu sprechen. Und zum Beispiel nicht darüber, warum die Tests in den Schulen nicht ankommen. Oder über logistische Ideen, wie der Astrazeneca-Impfstoff, der wegen abgesagter Termine in Impfzentren herumliegt, zu den Hausärzten kommen soll.

Merkel müsste das Ziel solcher Runden definieren – nicht nur sinnlose Lockerungsvorschläge abblocken

Mag sein, dass es das Versagen der Ministerpräsidenten ist, wie Merkel im Bundestag angedeutet hat, aber Ziel solcher Runden müsste doch Erfahrungsaustausch und Entwickeln von Lösungen sein. Das hätte sie organisieren können! Das müsste sie organisieren! Wer sonst? Der eigentliche Fehler ist, überhaupt auf immer neue, wirre Verordnungen zu setzen, statt auf zukunftsorientierte Lösungen.

Die politische Strategie hinter der Entschuldigung ist darüber hinaus ebenso fatal wie durchsichtig: Sie nimmt Druck von den Ministerpräsident:innen und vom Gesundheitsminister - da ist aber nicht weniger, sondern mehr politischer Druck nötig!

Werden die jetzt - auf diese Art politisch entlastet - besser arbeiten? Wohl kaum, die Kanzlerin ist ja jetzt offiziell schuld.

Mit Merkel geht die Schuld. Gut für die Union

Mit der Übernahme der Verantwortung will Merkel nicht die Coronapolitik retten, sondern die Union, der gerade heute das Allensbach-Institut bescheinigt "rapide ins Bodenlose" zu fallen (28,5 Prozent in der Sonntagsfrage - Befragung VOR der Ministerpräsidentenkonferenz). Jetzt können sich CDU/CSU rhetorisch von der Lame-duck-Kanzlerin in der Spätphase abkoppeln. Mit ihr geht die Schuld.

Nein, Merkel entschuldigt sich für den falschen Fehler – und macht gleich den nächsten. Denn wie geht es jetzt weiter? Der Beschluss ist kassiert, das nächste Treffen erst für den 12. April angesetzt. Eine Ewigkeit, mitten in der dritten Welle der Pandemie. Was für ein Chaos. 

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