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Armin Laschet, Bundesvorsitzender der CDU

© dpa/Peter Kneffel

Merkel wird noch immer zuerst genannt: So blickt die internationale Presse auf die Bundestagswahl

Lange galt der Bundestagswahlkampf im Ausland als langweilig. Nun machen sich Europas Medien sorgen um lange Verhandlungen.

Lange spottete das Ausland über den spröden Bundestagswahlkampf. Noch vor wenigen Wochen schrieb die „New York Times“, dass die „Deutschen langweilig lieben“. Mit Olaf Scholz würde ein „Merkel-Klon“ ins Kanzleramt einziehen, prognostizierte die Zeitung. Nun lieferten die deutschen Wähler den amerikanischen Medien mit ihrem Urnengang und einem knappen Endergebnis schließlich doch noch ein kleines Spektakel.

Bereits im Vorfeld hatte die Wahl in der Bundesrepublik für ungewöhnlich viel Aufsehen in ausländischen Medien gesorgt. Das lag vor allem auch an dem Ende der langen Ära Merkel. Wie keine andere Politikerin hat die Kanzlerin das Bild der Bundesrepublik in den vergangenen Jahren geprägt. Die „New York Times“ beschrieb das Post-Merkelsche-Deutschland kurz vor der Wahl als „wohlhabend, ängstlich und fast normal“.

Tatsächlich bestimmte an diesem Wahlabend auch im Ausland vor allem Ratlosigkeit die Medienlandschaft. Sowohl in Europa als auch in Amerika verfolgten die Medien die Wahlen mit Livetickern. Am frühesten legte sich dabei die spanische Tageszeitung ABC über einen Wahlsieg der Sozialdemokraten fest, die nach der Veröffentlichung der ersten Hochrechnungen einen SPD-Vorsprung von zwei Prozent meldeten. Auch der amerikanische Sender CNN sieht im historisch schlechten Abschneiden der Union eine politische Verschiebung.

Laut Dominic Thomas, politischer Kommentator bei CNN, macht die Wahl ungeachtet des endgültigen Ergebnisses deutlich, dass „nach 16 Jahren an der Macht mehr als dreiviertel der Deutschen nicht für Merkels Partei gestimmt haben“. Damit rückten nun ein starker Sozialstaat und Klimapolitik in den Fokus. Das werde auch Auswirkungen darauf haben, wie sich Deutschland in Zukunft gegenüber seinen Partnern in der Welt verhält. Die „Marke Merkel“ sei beendet.

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Trotzdem wird die CDU am Wahlabend im Ausland noch immer überwiegend als Merkels Partei wahrgenommen. Nicht nur bei CNN wird zuerst der Name der Kanzlerin genannt, dann erst der von Armin Laschet. Der muss sich darüber hinaus auch Spott für seinen Fauxpas bei seiner Stimmabgabe in Aachen am Morgen des Wahltages gefallen lassen. Der CDU-Kanzlerkandidat hatte seinen Wahlzettel falsch herum gefaltet in die Wahlurne geworfen.

Laut der französischen Tageszeitung „Le Monde“ sei der Wahltag gar von diesem Fehler geprägt gewesen. Auch der konservative britische Telegraph berichtete über den Zwischenfall und bezeichnete ihn als „frische Kontroverse“ in einer Reihe von Fehltritten des Kanzleranwärters.

Gleichzeitig fürchtet das Blatt wie die französischen Kollegen mit Blick auf die kommenden Koalitionsgespräche nun lange und zähe Verhandlungen. Es bestehe die Gefahr, „dass es bis zum ersten Quartal 2022 zu einer europäischen Lähmung kommt“. Auch die BBC eröffnet das Hütchenspiel um mögliche künftige Koalitionen und bezeichnet die Wahl als „großes Drama“. Die verschiedenen Möglichkeiten von Jamaika bis Ampel erklärt sie ihren Zuschauern allerdings vergleichsweise humorvoll und typisch britisch im Pub anhand verschiedenfarbiger Bierdeckel.

David Renke

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