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Bundeskanzlerin Angela Merkel und der Berliner CDU-Spitzenkandidat und Innensenator Frank Henkel

© dpa/Wolfgang Kumm

Merkel und Henkel, Gabriel und Müller: Gemischte Doppel im Berliner Wahlkampf

Angela Merkel und Sigmar Gabriel werben in Berlin für die Spitzenkandidaten von CDU und SPD. Allerdings wirkt sich ihre Unterstützung unterschiedlich aus.

Von
  • Antje Sirleschtov
  • Hans Monath

Für die einen Rückenwind, für die anderen ein heftiger Sturm von vorn – so unterschiedlich wirkt sich die Landtagswahl von Mecklenburg-Vorpommern auf SPD und CDU in Berlin in der wichtigen letzten Wahlkampfphase vor der Abgeordnetenhauswahl am 18. September aus. Am Dienstag erhielten die Spitzenkandidaten Michael Müller (SPD) und Frank Henkel (CDU) Schützenhilfe von ihren Bundesvorsitzenden.

Sigmar Gabriel besichtigte mit dem Regierenden Bürgermeister das Software-Unternehmen Projektron in Berlin-Mitte und verkündete anschließend, in der Hauptstadt werde der Erfolg von Erwin Sellering wiederholt. Dessen SPD war am Sonntag mit Abstand stärkste Kraft im Nordosten geworden. Und die CDU-Vorsitzende Angela Merkel, die wegen ihrer Flüchtlingspolitik und dem schlechten Abschneiden ihrer Partei im Nordosten massiv unter Druck steht, öffnete ihre Parteizentrale am Tiergarten, das Konrad-Adenauer-Haus, für Henkel und einen „Wirtschaftstag“ der Berliner CDU.

Eineinhalb Stunden sprachen Gabriel und Müller mit Führungskräften und Mitarbeitern der Software-Firma, die für ihre Familienfreundlichkeit mehrfach ausgezeichnet worden war. Bei der anschließenden Pressebegegnung wurde deutlich, dass Bundes- und Landes-SPD die schwierige Lage der CDU mit Genugtuung verfolgen, der SPD-Chef selbst aber Merkel nicht persönlich hart angreifen will. Zumindest machte sich Gabriel die Aussage von SPD-Vize Ralf Stegner nicht zu eigen, wonach die Kanzlerin ihren Zenit überschritten habe. „Mein Vorschlag wäre, das fragen Sie Herrn Stegner, ich bin ja nicht sein Kommentator“, antwortete er auf eine Frage dazu.

Gabriel: Die Bilanz der SPD in Berlin ist ähnlich gut wie in Schwerin

Zum Hauptstadt-Wahlkampf sagte Gabriel, die Bilanz der SPD sei dort ähnlich gut wie die in Schwerin. Sellering habe die Arbeitslosigkeit zurückgefahren, Schulden reduziert, die Kinderbetreuung ausgebaut sowie neue Arbeitsplätze geschaffen. „Das alles ist hier auch gelungen“, meinte Gabriel und fügte hinzu: „Wenn sich Leistung auch in der Politik lohnen soll, dann gibt es Gründe, dass Michael Müller Regierender bleibt.“

Der so Gelobte erwartet wegen der Gewinne der AfD in Mecklenburg-Vorpommern eine starke Mobilisierung bei der Berliner Wahl. Er glaube, dass die AfD-Erfolge „hier noch einmal eine deutliche Gegenbewegung auslösen“, meinte Müller. Viele Berlinerinnen und Berliner würden sagen: „Das wollen wir in unserer Stadt nicht, das lassen wir uns nicht bieten.“ Auf die Frage, ob er wegen der Schwäche der CDU in der Flüchtlingsdebatte fürchte, seinen Koalitionspartner zu verlieren, sagte der SPD-Politiker. „Das ist nun nicht meine größte Sorge, wie es der Berliner CDU geht.“ Er arbeite daran, führende Kraft in Berlin zu bleiben und den Vorsprung auszubauen.

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (rechts) erhielt Unterstützung von SPD-Parteichef Sigmar Gabriel.
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (rechts) erhielt Unterstützung von SPD-Parteichef Sigmar Gabriel.

© dpa

Für Frank Henkel dürften gemeinsame Auftritte mit seiner Parteivorsitzenden in diesen Tagen nicht ganz einfach sein. Beim Treffen mit Berliner Unternehmern jedoch spielte die Kanzlerin ihre Kompetenz als große Kümmerin aus. Für die Entwicklung der Unternehmen, sagte sie vor den rund 80 Angereisten, sei eine starke CDU wichtig, „weil dann wenigstens einer ans Geldverdienen denkt.“ Über die ungeliebte Flüchtlingskrise wollten zwar weder Henkel noch Merkel sprechen. Die Mittelständler jedoch trugen nicht nur Beschwerden über fehlende Bauamts-Mitarbeiter und die langen Wartezeiten in den Bürgerämtern vor. Sie klagten auch darüber, dass ihre Hoffnungen, unter den Flüchtlingen dringend benötigte Arbeitskräfte zu finden, allzu oft an bürokratischen Hürden scheiterten. Ein ums andere Mal bot Merkel ihnen persönliche Unterstützung und Hilfe an. „Darum kümmere ich mich“, versprach sie dem einen, „ich ruf’ noch mal wo an“, dem anderen.

Die Berliner Unternehmer schien das Treffen mit Merkel zufriedengestellt zu haben

Zufrieden nickten viele Anwesenden auch, als Merkel zusagte, im kommenden Frühjahr seien alle offenen Asylanträge bearbeitet. Sie versprach auch Lösung für ein sehr praktisches Problem, das offenbar nicht selten zwischen arbeitssuchendem Flüchtling und den Unternehmen steht: Der Führerschein. Diesen in ein deutsches Dokument umzuschreiben, wusste Merkel, koste oft 500 Euro, ein Lkw-Führerschein sei noch teurer. Und weil sie ein Interesse daran habe, dass viele Flüchtlinge Arbeit finden, denke sie nun über ein Darlehensprogramm speziell für solche Fälle nach. Henkels Chancen auf den Wahlsieg in zwei Wochen wird das wohl kaum erhöhen. Die Berliner Unternehmer jedoch schien das Treffen mit der CDU-Chefin zufriedengestellt zu haben. Zahlreich ließen sie sich mit ihr auf einem Gruppenbild ablichten.

Eine Woche vor der Berliner Abgeordnetenhauswahl kommen am Sonntag die Vorsitzenden der drei Koalitionsparteien im Kanzleramt zusammen – ein Termin, den zumindest Sigmar Gabriel eher lakonisch kommentierte. Gefragt, wie er reagieren werde, wenn CSU-Chef Horst Seehofer bei dieser Gelegenheit Merkel mit neuen Forderungen zur Flüchtlingsfrage attackieren werde, meinte der SPD-Vorsitzende: „Oh Gott, ich bin ja manches gewohnt. Ich werde auch den Sonntag überstehen.“

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