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Kanzlerin Merkel allein im Bild. Wer soll ihr nachfolgen im Amt?

© imago images / AAP

Merkel-Nachfolge: Das Zittern erreicht die Union

Die Gesundheit der Bundeskanzlerin steht zur Debatte - umso drängender wird in CDU/CSU die Nachfolgefrage. Und die Antwort ist nicht mehr nur AKK. Eine Analyse.

Das Zittern der Angela Merkel lässt die ganze Union erzittern. Das Thema wird immer größer, drängender. Auch im Ausland wird die Frage nach der Gesundheit der Bundeskanzlerin gestellt. Im Inland ist es sowieso die beherrschende Frage geworden. Sie wird in CDU und CSU nur nicht nicht öffentlich gestellt. Doch befassen sich die Funktionäre mit der Merkel-Nachfolge, zumal die nicht mehr garantiert auf CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hinausläuft.

Kein Wunder, dass sich politische Auguren schon einmal umschauen, wer denn statt AKK nach vorne treten könnte. Und dabei auf Markus Söder kommen, den immer noch ziemlich neuen Ministerpräsidenten in Bayern. Was für ihn spricht, hat das „Handelsblatt“ zusammengetragen: 1. Selbstbewusstsein hat in der CSU Tradition, seit Franz Josef Strauß und Edmund Stoiber. 2. Bei der Europawahl haben viele verloren, nicht die CSU. 3. Wer Kanzler(-kandidat) der Union werden will, kann das nicht ohne die CSU erreichen. 4. Söders Position ist befestigt, nach rechts durch Wirtschaftsflügel, Junge Union und Werte-Union, nach links durch eine Annäherung an grüne Themen über den Klimaschutz hinaus. Beim Volksbegehren zum Schutz der Bienen etwa hat sich Söder an die Spitze der Bewegung gesetzt.

Söder? Nicht verlässlich, monieren viele in der CDU

In der CDU wenden sie dagegen vieles ein, unter anderem das: Söder ist schlicht nicht verlässlich. Der hat schon so viel als Überzeugung verkündet, was dann nur Taktik war. Das funktioniert in Bayern begrenzt, im Bund nicht. Siehe auch das blitzschnelle Ende des Honeymoons von CSU und AKK, nachdem in der Öffentlichkeit von taktischen Manöver in Richtung rechts die Rede war. Zitat: „Spin ohne Sinn ist politisch eben: Sin.“ Sin steht für Sünde.

Hinzu kommt, dass Söder in seiner eigenen Belegschaft immer noch aufräumen müsste. Horst Seehofer ist aus mehrerlei Gründen als Bundesinnenminister untragbar geworden, der letzte Grund war das Maut-Fiasko. Aber auch Alexander Dobrindt als Seehofers Mann mit den Sekundärtugenden ist durch Maut und anderes beschädigt: da hilft ihm das jetzige Amt als CSU-Landesgruppenchef nicht heraus. Und Andreas Scheuer, Dobrindts Nachfolger als CSU-General und dann als Bundesverkehrsminister, steht knapp vor einem Untersuchungsausschuss.

Laschet macht viel richtig - und hat Macht

Soweit zu Söder und der CSU. Aber wenn es Annegret Kramp-Karrenbauer nicht in absehbarer Zeit gelingt, an Merkels Stelle zu treten – wer rückt dann in den Blickpunkt? Armin Laschet, geradezu zwangsläufig als NRW-Ministerpräsident und CDU-Landesvorsitzender dort. Und Laschet macht dafür auch vieles richtig. Er hat sich beispielsweise geduldig und strategisch aller Konkurrenz um jeden seiner Posten, ob vorher Vorsitz der Fraktion oder heute des Landesverbandes und als Regierungschef erwehrt; er hat sich die Koalition mit der Lindner-FDP getraut, die auch geräuscharm funktioniert; und er hat die nationale Kontroverse um Klima und Kohle im Griff. Laschet ist informiert, umgänglich, nicht zu ängstlich, immer noch aufnahmewillig bei Ideen – und kann offenkundig einmal um die Ecke denken.

Nach außen loyal wirkt er außerdem. Zugutegehalten wird ihm, dass Laschet als Vorsitzender des größten Landesverbandes der CDU mit immerhin zwei Kandidaten für den Bundesvorsitz – Friedrich Merz und Jens Spahn – nicht nur das Verfahren offen gestaltet, sondern zugleich AKK ihre Chancen auf den Vorsitz nicht verbaut hat. Und sogar die Schwierigen wie Merz und Wolfgang Bosbach sind eingebunden.

Das größte Kompliment für Laschet aus der CDU aber lautet: Er verbindet konsistente Haltung mit Bereitschaft zum Kompromiss. Sein Problem? Die NRW-CDU will ihn nicht gehen lassen. Er soll ihr die Mehrheit über eine Legislaturperiode hinaus sichern. Und der Bund gilt als unsicher für die Union von CDU und CSU, in der Zeit nach Merkel.

Die Zeit drängt - so viel ist sicher

So kristallisieren sich diese zwei heraus: AKK und Laschet. Beide mit Regierungserfahrung, wenn auch je unterschiedlich, beide mit Zugang zu Menschen in städtischen Milieus wie auf dem Land. Beide nach Merkel-Art keine, die verängstigen, sondern fair erscheinen, offen, in den Themen. Wobei das schon eine starke Währung ist: NRW stellt eine echte Größe dar, politisch, wirtschaftlich, gesellschaftlich. Das ist anders als bei allen Wettbewerbern, übrigens auch von den Grünen, ob aus Schleswig Holstein (Robert Habeck) oder aus Brandenburg (Annalena Baerbock). Für AKK aus dem kleinen Saarland gilt deshalb: Sie muss bald ins Bundeskabinett, als Chefin, mindestens aber als Ministerin, sonst ist ihr Momentum wirklich vorbei. Auf welchen Posten? Wirtschaft statt des Landsmanns Peter Altmaier, oder Inneres statt Seehofer, wenn die CSU dafür das Wirtschaftsressort bekäme. Annegret Kramp-Karrenbauer baute damit ihre Stellung aus, gewänne Autorität – und noch dazu am Herbst Rederecht im Bundestag. Ihre Bühne würde größer.

Die Zeit drängt. Alle Beteiligten sind mächtig gefordert, psychisch wie körperlich. Da muss sich was tun. Bei Angela Merkel angefangen.

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