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Kanzlerin Angela Merkel.

© AFP

Merkel nach der Berlin-Wahl: Ein schwerer Gang

Der CDU-Bundesparteitag im Dezember könnte für Angela Merkel eine ziemlich unangenehme Veranstaltung werden. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Gerd Appenzeller

Dies war die letzte Wahl in einem Bundesland vor dem Bundesparteitag der CDU im Dezember. Vor jenem Parteitag, bei dem Angela Merkel nicht nur als Vorsitzende wiedergewählt werden will, sondern bei dem sie eigentlich auch die Frage nach ihrer Kanzlerkandidatur hätte beantworten sollen. Wenn, ja wenn die CSU nicht schon seit Wochen ihre Zustimmung zu diesem Schritt schlicht verweigern würde. Und dass die von der Bayern-Union angeheizte Stimmung auch im politischen CDU-Milieu Wirkung zeigen würde, war lange erkennbar.

Ost-Schwäche der CDU

Und so wird das Berliner Wahlergebnis zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung. Verluste der CDU und ein Erstarken der AfD werden in jedem Fall der Flüchtlingspolitik der Bundeskanzlerin angelastet, völlig unabhängig davon, dass die Lage in der Stadt im Vergleich zum letzten Herbst relativ entspannt ist.
Tatsächlich dürfte die Ost-Schwäche der CDU und die korrespondierende Stärke der AfD stark mit der Angst vor dem Fremden, dem Ausländischen allgemein in diesem Teil der Stadt zusammenhängen. Beides ist dort deutlich stärker ausgeprägt sind als im seit langen Zeiten an Multikulturalität gewöhnten Westteil der Stadt. Im Osten wie im Westen haben aber darüber hinaus gefühlte und tatsächliche Bedrohungen des eigenen bescheidenen sozialen Standards eine wichtige Rolle gespielt. Frank Henkel, der sich konservativ und als Hardliner in Fragen der inneren Sicherheit gab, hatte für solche Ängste keine Antenne. In klassischen CDU- Hochburgen im Westen und Südwesten der Stadt war seine Positionierung durchaus erfolgreich. Dem Einbruch im Osten und vor allem bei den Wählern mittleren Alters konnte er so aber nicht begegnen.

Dass es auch in Berlin ähnliches Unbehagen gibt, möchte man nicht sehen

Dieser Teil der Analyse des Wahlergebnisses wird jene Merkel-Kritiker nicht interessieren, die sich in einem inoffiziellen Merkel-muss-weg-Zweckbündnis gefunden haben. Dass die AfD nun in Berlin so stark wurde, ähnlich wie in Mecklenburg-Vorpommern, ist Wasser auf ihre Mühlen. Im nördlichsten Bundesland Mecklenburg-Vorpommern konnte man für die Gewinne der politischen Rechtsausleger ja immer noch die prekäre Lage in den Großstadt-fernen Randregionen Vorpommerns als ursächlich analysieren. Dass es auch in Berlin ähnliches Unbehagen gibt, möchte man nicht sehen. Solche Ängste sind etablierten CDU-Funktionären aus dem Südwesten und dem Westen der Bundesrepublik ohnedies ziemlich fremd. Aber Wahlen gewinnen wollen sie natürlich auch dort, und wenn sich einmal die Vorstellung festgefressen hat, dass dies mit der als Flüchtlingsfreundin abgestempelten Kanzlerkandidatin Angela Merkel nicht möglich ist – dann wird der Bundesparteitag in Essen für Angela Merkel eine ziemlich unangenehme Veranstaltung werden, es sei denn, sie schaffte schon vorher Klarheit über ihre Zukunft.

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