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Olaf Scholz und Angela Merkel am 11. November 2021 im Bundestag

© Imago/Future Image/F. Kern

Merkel entrückt, Scholz noch nicht da: Der Missmut im Lande darf nicht weiter wachsen

Die Coronalage ist bedrückend, die Stimmung der Bürger mies – und klar regiert wird gerade nicht. Das Vertrauen in die Parteien schwindet. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Wie konnte es mit der Stimmung im Land nur so weit kommen? Stimmt, es gibt da die amtierende Bundesregierung - aber wer sieht die noch wirklich als solche an? Immer weniger. Denn es gibt ja auch die neue noch nicht, nicht einmal in Umrissen.

Und so wächst währenddessen die Zahl der Missmutbürger, die mit der gegenwärtigen Situation unzufrieden sind. Diese Zahl kann gefährlich schnell wachsen. Das sagen Umfragen; doch dafür brauchte es die nicht einmal.

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Nehmen wir beispielsweise Noch-Kanzlerin Angela Merkel. Sie wirkt schon wie in den Olymp der Ehemaligen entrückt und sorgt sich um die Ausstattung ihres zukünftigen Büros im Bundestag. Üppig soll’s werden, hört man. Unmut ist da absehbar.

Im Zentrum des Interesses der Bundesbürger steht die Entwicklung der Coronalage in Deutschland, und die ist besorgniserregend. Findet Merkel auch, doch ist sie im Amt längst nur noch eingeschränkt handlungsfähig. Das Nebeneinander mit einem virtuellen Bundeskanzler Olaf Scholz macht planvolles Regieren schwer.

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Was könnte Merkel so gesehen an der Behandlung der vierten Coronawelle ändern? Wo sie doch gerade überall verliert, an Autorität als Person und im Amt, und dazu an Zustimmung im (alten) Bundestag.

Die Gesetze müssen noch da durchgebracht werden. Nur hat die SPD die große Koalition gefühlt schon verlassen. Der krachenden Fehlstart der künftigen Koalitionäre ist auch darauf zurückzuführen - den sie allerdings selbst zu verantworten haben.

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Vor diesem Hintergrund sagen denn auch die Menschen zu 58 Prozent, sie trauten derzeit keiner Partei zu, die Corona-Pandemie eindämmen zu können. Dass die SPD dazu in der Lage ist, glauben 13 Prozent. Von der FDP glauben das fünf, von den Grünen nur drei Prozent. Zusammen glaubt also gerade mal ein Fünftel aller Bundesbürger laut „Forsa“, dass die Ampel-Parteien die richtige Corona-Politik betreiben. (Der Union - und Merkel - trauen das mehr als der SPD zu. Nicht viel, zwei Prozent, aber immerhin.)

Wie es dazu gekommen ist? Die Neufassung des Infektionsschutzgesetzes erarbeiten zu wollen wie die Koalitionspapiere - hinter geschlossenen Türen, intransparent, ohne korrigierenden Sachverstand von außen -, führt zu einem grassierenden Eindruck von Überheblichkeit. Und von Überforderung. Offenkundig fehlende Regierungspragmatik bei Grünen und Freidemokraten bei gleichzeitigem Fremdeln mit dem deutschen Föderalismus hat ein Übriges getan. So gerade noch zum Beispiel der Fehler geheilt, bei Aufhebung der „nationalen Tragweite“ gleichzeitig die Notkompetenz der Länderparlamente heranzunehmen.

Die Realität hat allem Hin und Her der Ampel ein spektakuläres Ende gemacht. Mit bis dahin von den Amplern undenkbaren Verschärfungen in der Sache. Das ist für die Gegenwehr gegen Corona gut, für die Haltung, durchs Überzeugen zu prägen, womöglich zu spät.

Es verwundert dann wenig, dass das Interesse an der Bildung der neuen Bundesregierung weiter zurück geht. Nicht einmal 43 Prozent halten die Verhandlungen zwischen SPD, Grünen und FDP noch für ein wichtiges Thema.

Und Scholz, der virtuelle Kanzler? Der schweigt fein stille. So weit kommt’s noch, dass damit alles gesagt wäre.

Im Gegenteil, es verbreitet sich der Eindruck, dass hier die Einigung auf eine Koalition mit seiner Kanzlerschaft zu Nikolaus nicht gefährdet werden soll. Trotzdem darf sich die Stimmung im Land nicht noch weiter zuziehen. Wer will schon damit starten, gegen Missmut anzuregieren?

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