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Polizeibeamte entfernen eine ukrainische Flagge von einem Panzer am Sowjetischen Ehrenmal (am 30. März 2022)

© dpa/Kay Nietfeld

Update

Melnyk empört über „skandalöse Entscheidung“: Berliner Senat hält trotz Kritik an Auflagen für Gedenkorte fest

Beim Gedenken an das Kriegsende gelten in Berlin Sonntag und Montag strenge Auflagen für 15 Orte. Unter anderem dem ukrainischen Botschafter passt das nicht.

Nach Kritik an Auflagen für verschiedene Berliner Gedenkorte am 77. Jahrestag des Zweiten Weltkriegs hat der Berliner Senat die Maßnahmen am Samstag verteidigt. „Der zentrale Gedanke ist, dass das Gedenken an den 8. und 9. Mai 1945 und damit an die Befreiung Deutschlands vom Nationalsozialismus klar zu trennen ist von der Situation im Mai 2022“, teilte die Senatsverwaltung für Inneres mit. Es gelte, an den Gedenkorten, die sowohl an russische als auch an ukrainische Gefallene erinnerten, „jede Konfrontation zu verhindern“.

Die Polizei hatte am Freitag verordnet, dass an 15 Gedenkorten in Berlin am Sonntag und am Montag das Tragen etwa von ukrainischen oder russischen Flaggen verboten ist. Auch militärische Symbole sind dort nicht erlaubt. Diese Verbote gelten demnach nicht für Diplomatinnen und Diplomaten sowie für Veteranen des Weltkriegs. In Berlin sind am 8. und 9. Mai zahlreiche Demonstrationen und Gedenkveranstaltungen geplant.

An allen anderen öffentlichen Orten sei das Tragen ukrainischer Flaggen an diesen beiden Tagen weiterhin „grundsätzlich erlaubt“, betonte die Polizei am Samstag. So hatte es die Behörde bereits am Freitag verordnet. Durch manche Darstellung habe aber der Eindruck entstehen können, dass das Tragen etwa von ukrainischen Flaggen in Berlin generell verboten sei. Das sei nicht der Fall, hieß es.

Zu den Polizei-Auflagen für die Gedenkorte gehört außerdem, dass Uniformen oder Uniformteile - auch in abgewandelten Formen - sowie Marsch- oder Militärlieder verboten sind. Untersagt ist außerdem das Z-Symbol. Der Buchstabe wird von Befürwortern des Krieges genutzt und steht für „za pobedu“ („Für den Sieg“).

Unter anderem der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk hatte die Berliner Polizei zuvor aufgefordert, Auflagen für Demonstrationen und Gedenkveranstaltungen an diesen beiden Tagen rückgängig zu machen.

[Lesen Sie auch: Er nannte Scholz „beleidigte Leberwurst“ – überzieht Melnyk mit seinen Beschimpfungen? Pro und Contra (T+)]

Melnyk twitterte am Freitagabend: „Liebe Regierende Bürgermeisterin @FranziskaGiffey, diese skandalöse Entscheidung der @polizeiberlin muss WIDERRUFEN werden“. Diese sei eine Ohrfeige für die Ukraine und ein Schlag ins Gesicht des ukrainischen Volkes.

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Giffey betonte am Samstag im RBB, dass es kein generelles Flaggenverbot in Berlin gebe. „Ich habe heute Morgen Herrn Melnyk auch nochmal darüber informiert.“

Auch die Opposition im Berliner Abgeordnetenhaus hatte die Vorgaben kritisiert. „Die ukrainische Flagge steht für den Kampf um #Freiheit - wie kann man ausgerechnet in Berlin so instinktlos sein, sie zu verbieten?“, teilte CDU-Landeschef Kai Wegner auf Twitter mit. Dass die Flagge laut Polizei nicht grundsätzlich verboten sei, sondern nur an den festgelegten Gedenkorten, erwähnte er dabei nicht.

Mit einem Großaufgebot will die Berliner Polizei die geplanten Demonstrationen und Gedenkveranstaltungen begleiten. Insgesamt sollen dafür nach Angaben eines Sprechers rund 3400 Polizistinnen und Polizisten an diesem Sonntag und Montag im Stadtgebiet unterwegs sein.

[Lesen Sie auch: Risiken, Propaganda, Auflagen – was Sie über die Aktionen am 8. und 9. Mai wissen müssen (T+)]

Angesichts des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine wird eine „sehr sensible Gefährdungslage“ erwartet. Es gelte, ein würdevolles Gedenken an Gedenkstätten sowie Mahnmalen zu schützen - und zugleich eine „Instrumentalisierung des Gedenkens“ zu verhindern, teilte Polizeipräsidentin Barbara Slowik am Freitag mit.

„Ideales Datum, um für russische Propaganda ausgenutzt zu werden“

Der Verfassungsschutz erwartet am Montag bundesweit pro-russische Aktionen. Am 9. Mai erinnert Russland traditionell an den Sieg der sowjetischen Armee über Hitler-Deutschland - dies sei „ein ideales Datum, um für russische Propaganda ausgenutzt zu werden“, sagte der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, der „Welt am Sonntag“. „An diesem Tag ist bundesweit mit pro-russischen Aktivitäten wie Auto-Korsos und Demonstrationen zu rechnen, bei denen möglicherweise auch das Z-Symbol der russischen Invasionsarmee in der Ukraine gezeigt wird“, sagte Haldenwang.

Auch die Sicherheitsbehörden in den Bundesländern stellen sich auf pro-russische Demonstrationen und Aktivitäten ein, wie eine Umfrage der Zeitungen der Funke-Mediengruppe bei den Innenministerien ergab. Schwerpunkte könnten demnach in Berlin und Nordrhein-Westfalen liegen. Hinweise auf eine erhöhte Gewaltbereitschaft pro-russischer Demonstranten gibt es den Informationen aus den Ländern zufolge bisher nicht. Das nordrhein-westfälische Innenministerium habe jedoch unter anderem auf die „emotionsgeladene Thematik“ verwiesen, weswegen Auseinandersetzungen nicht ausgeschlossen seien.

„Mit der verbrecherischen Herrschaft von Wladimir Putin sollte sich niemand solidarisch erklären“, sagte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Er finde es „erschütternd“, dass während eines russischen Krieges in Europa Sympathisanten des russischen Präsidenten den Jahrestag der Kapitulation des Nazi-Regimes missbrauchten. (dpa)

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