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Proteste in Quetta in Pakistan gegen Macron wegen seines unnachgiebigen Kurses in Sachen Meinungsfreiheit

© Banaras KHAN/AFP

Mehr Solidarität mit Frankreich: Macron nimmt den Kampf mit den geistigen Brandstiftern auf

Deutschland debattiert, ob Kritik an Islam-Auslegungen rassistisch ist. Frankreich verteidigt derzeit die Freiheit westlicher Gesellschaften. Eine Kolumne.

Eine Kolumne von Andrea Nüsse

Es sind frustrierende Déjà-vu-Erlebnisse. Gerade hatte der SPD-Politiker Kevin Kühnert wieder einmal die Debatte angestoßen, ob die politische Linke in Deutschland im Umgang mit problematischen Islam-Auslegungen vor lauter Identitätspolitik und Anti-Rassismus-Anliegen ein Auge zu viel zudrückt. Eine Debatte, die eigentlich schon wieder versandet ist.

Da stehen französische Produkte schon wieder im Visier von Boykottaufrufen aus Staaten mit mehrheitlich muslimischer Bevölkerung – wegen der klaren Ansagen von Präsident Emmanuel Macron zum Thema Freiheit und Islam; Pakistan beruft den französischen Botschafter ein, Türkeis Präsident beleidigt Macron.

Das erinnert an die weltweiten Spannungen 2005/2006 nach der Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen in der dänischen Tageszeitung „Jyllands Posten“. Frustriert muss man feststellen, dass sich in der arabisch-islamischen Welt offensichtlich in den vergangenen 15 Jahren wenig getan hat, wenn Teile der Bevölkerung damit immer noch zu mobilisieren sind.

Aber es ist auch frustrierend, wie schweigsam Deutschland mit den Angriffen auf Macron und die „Sanktionen“ umgeht.

Macron hat keinen Zweifel daran gelassen, dass die Meinungsfreiheit in Frankreich auch die Mohammed-Karikaturen umfasst. Vereine wurden verboten, Moscheen geschlossen. Die Botschaft: Null-Toleranz gegenüber radikalem islamistischem Gedankengut. Der französische Staat will genau hinschauen. Das ist richtig und mutig.

Seine Kompetenzen überschritten hat Macron sicher mit seiner Einschätzung von Anfang des Monats, wonach „der Islam von heute ein Problem hat“. Das ist essentialistisch und kontraproduktiv. Aber dass radikale Tendenzen im Islam in Frankreich – und anderswo – ein Problem sind, das muss man sagen können.

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Denn die These vom verwirrten Einzeltäter gilt schon lange nicht mehr: Der Mord an Samuel Paty hat noch einmal fast lehrbuchartig vor Augen geführt, dass es ohne ein breites ideologisches Umfeld solche Taten nicht geben kann: Ein Vater, der mit Unterstützung eines landesweit bekannten Islamisten in der Schule seiner Tochter die Strafversetzung eines Lehrers fordert und im Internet gegen ihn hetzt – obwohl die Tochter in besagter Geschichtsstunde gar nicht anwesend war.

Ein islamistischer Prediger, der in der Großen Moschee von Pantin walten darf, auf deren Facebook-Seite das Hetzvideo des Vaters gegen den Lehrer verbreitet wird. Ein Video, das den Täter erst auf den Lehrer aufmerksam macht. Bis hin zu einer Studentin, die in den sozialen Medien die Tötung Patys gutheißt. Sie wurde zu drei Monaten Gefängnis auf Bewährung verurteilt. Ja, das mag symbolisch sein; ja, nur mit Verboten lässt sich dem Problem nicht beikommen, das seine Wurzeln auch darin hat, dass viele junge Leute mit Migrationshintergrund in Frankreich sozial abgeschlagen sind.

Ja, auch die Laizität nimmt manchmal fetischhafte Züge an. All das ist politischen Streit wert. Aber es ist auch richtig, mit aller Härte, die die Gesetze hergeben, gegen derart vergiftendes Gedankengut vorzugehen. Und es ist mutig angesichts der vorhersehbaren virulenten Reaktionen – und der politischen Instrumentalisierung à la Erdogan. „Wir sind Paty“ reicht als Solidaritätsadresse nicht mehr aus. „Wir sind Macron“, müsste es heißen. Er verteidigt mit seinen klaren Ansagen auch die Freiheit in anderen westlichen Ländern, in denen man sich lieber wegduckt.

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