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Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU)

© dpa/Pool/Wolfgang Kumm

Mehr als 1400 Verdachtsfälle: Seehofer sieht kein strukturelles Rechtsextremismus-Problem in Sicherheitsbehörden

Der Verfassungsschutz präsentiert Daten zu rechtsextremen Verdachtsfällen bei Bundeswehr, Polizei und weiteren Behörden. Die Zahlen seien gering, sagt Seehofer.

Von Frank Jansen

Bei Bundeswehr, Polizei und weiteren Sicherheitsbehörden haben sich von Anfang 2017 bis zum ersten Quartal 2020 mehr als 1400 Verdachtsfälle auf Rechtsextremismus angesammelt. Die meisten Vorgänge, insgesamt 1064 bei Soldaten und Offizieren, meldete das für die Bundeswehr zuständige Bundesamt für den Militärischen Abschirmdienst (BAMAD). In den Bundesländern gab es bei Polizei und anderen Sicherheitsbehörden 319 Verdachtsfälle, im Bund waren es 58.

Diese Zahlen stehen im ersten Lagebericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) zu „Rechtsextremisten in Sicherheitsbehörden“, den BfV-Präsident Thomas Haldenwang am Dienstag gemeinsam mit Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) in Berlin vorstellte. Das Bundesamt hatte im vergangenen Jahr angesichts alarmierender Vorfälle eine „Zentralstelle Rechtsextremisten im Öffentlichen Dienst“ eingerichtet.

Die Zahlen zeigten, dass in den Sicherheitsbehörden „die ganz, ganz überwiegende Mehrheit, über 99 Prozent fest auf dem Boden des Grundgesetzes steht“, sagte Seehofer. Es gebe kein strukturelles Problem mit Rechtsextremismus in den Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern.

Der Minister betonte jedoch, jeder erwiesene Fall sei „eine Schande für die Sicherheitsbehörden“ und ziehe dort alle Beschäftigten in Mitleidenschaft. Es gelte der Grundsatz, „dass hier keinerlei Toleranz angezeigt ist“.

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In den Ländern ist Hessen mit 59 Verdachtsfällen am stärksten betroffen. Dort hatte im August die Serie von Drohungen eines Absenders namens NSU 2.0 begonnen, die mutmaßlich aus der Polizei kommen und sich gegen die Anwältin Seda Basay-Yildiz und weitere Nazi-Gegner richten. Auf Hessen folgt Berlin mit 53 Fällen.

Der kürzlich bekannt gewordene Fall einer rassistischen Chatgruppe bei der Berliner Polizei ist im Lagebericht nicht enthalten. Die Länder leiteten zu den 319 Verdachtsfällen insgesamt 303 interne Verfahren sowie 261 strafrechtliche Verfahren ein. Häufig geht es um rechtsextreme und rassistische Inhalte in Chatgruppen.

Seehofer für Untersuchung zu Rassismus in der gesamten Gesellschaft

Bei den Bundesbehörden führten die 58 Verdachtsfälle zu 62 internen Verfahren sowie etwa 30 strafrechtliche Ermittlungen. Die meisten Verdachtsfälle, insgesamt 44, gab es bei der Bundespolizei. Beim Bundeskriminalamt waren es sechs, bei der Zollverwaltung vier, beim Bundesnachrichtendienst zwei und beim BfV sowie der Polizei des Bundestages je einer.

Seehofer kündigte an, der Lagebericht werde erweitert „auf den gesamten Öffentlichen Dienst“. Der Minister will zudem eine wissenschaftliche begleitete Untersuchung zu Rassismus „in der ganzen Gesellschaft“.

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