zum Hauptinhalt
Ungewöhnlich kurz vor der Wahl haben die Bundesministerien neue Beamtenposten besetzt. In Medienberichten wird der Vorwurf der laut, dass sich dabei nicht an die Regeln gehalten wurde.

© imago/imagebroker

Medienbericht über „Operation Abendsonne“: Regierung vergibt viele Stellen – ungewöhnlich kurz vor der Wahl

2500 Stellen haben die Ministerien in ihren Kernbereichen geschaffen, auch viele gut bezahlte Beamtenjobs. Die Opposition vermutet: Es ging oft ums Parteibuch.

Die Mitarbeiterzahl im Kernbereich der Bundesministerien ist in der vergangenen Legislaturperiode stark angewachsen – um 2.500 Stellen. Vor allem zum Ende der Regierungszeit von Union und SPD hat die Stellenbesetzung laut einem Bericht des SWR-Magazins „Report Mainz“ stark zugenommen.

Demnach zeigt eine Auswertung der FDP-Bundestagsfraktion: 2018, ein Jahr nach der vergangenen Bundestagswahl, gab es in den Ministerien und obersten Bundesbehörden 202 Beförderungen auf Beamtenstellen. 2019 und 2020 waren es lediglich rund 80. Im Wahljahr 2021 dann aber bereits 169 Stellen. Der FDP-Haushaltspolitiker Otto Fricke kritisiert den Zeitpunkt der Stellenbesetzungen kurz vor den Wahlen. „Für mich ist das eben über die Jahre so eine Erfahrung, dass das meistens ein, zwei Jahre vor einer Wahl anfängt.“

Laut Grünen Haushaltsexperte Sven-Christian Kindler werden die zusätzlich geschaffenen Stellen auch zur Versorgung von Parteifreunden und Vertrauten genutzt „Die Große Koalition ist sehr großzügig, häufig zu sich selbst. Viele neue Spitzenstellen gehen eben häufig an Bewerberinnen und Bewerber von Union und SPD“, sagte er „Report Mainz“. „Also da spielt das Parteibuch leider eine zu große Rolle bei der Besetzung.“

[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Die Besetzung von Stellen und Verbeamtung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zum Ende einer Legislaturperiode ist unter dem Namen „Operation Abendsonne“ bekannt. Professor Jan Schnellenbach von der TU Brandenburg kritisierte, es gebe keinen Grund, ausgerechnet vor Wahlen massiv neue Stellen zu schaffen. „Aber genau das sieht man. Und wenn man dann Motivforschung betreibt, dann spricht einiges dafür, dass es tatsächlich dieses Versorgungsmotiv und das politisch strategische Motiv sind, die hier dahinterstecken“, sagte der Wirtschaftswissenschaftler dem TV-Magazin.

Aktuell soll es bei Justiz- und Familienministerin Christine Lambrecht (SPD) zahlreiche Beförderungen gegeben haben, so im SWR-Magazin „Report Mainz“.
Aktuell soll es bei Justiz- und Familienministerin Christine Lambrecht (SPD) zahlreiche Beförderungen gegeben haben, so im SWR-Magazin „Report Mainz“.

© imago images/photothek

Laut dem Grundgesetz müssen Beamtenposten streng nach dem Prinzip der Bestenauslese vergeben werden. Parteizugehörigkeit darf keine Rolle spielen. Doch bei vielen der Verbeamtungen geht es für die Angestellten um viel Geld: die sogenannten B-Stellen etwa werden mit einem Gehalt von 8.700 Euro bis 14.800 Euro vergütet.

Ein Mitarbeiter aus dem Bundesjustizministerium berichtete dem SWR von einem besonderen Fall: „Ein Vertrauter der Hausleitung sollte unbedingt ins Beamtenverhältnis befördert werden. Doch sechzehn weitere Bewerber hatten bessere interne Beurteilungen. Um nicht gegen das Beamtenrecht zu verstoßen, wurden einfach alle siebzehn auf einmal übernommen. Jetzt nennen ihn viele im Ministerium hinter vorgehaltener Hand Nummer Siebzehn.“

Auf Nachfrage von „Report Mainz“ weisen die Ministerien die Anschuldigungen zurück. Sie würden sich bei der Personalbesetzung an die Verfassung halten.

Doch Kritik kommt auch vom Bund der Steuerzahler. Verbandschef Reiner Holznagel sagte: „Wir haben nicht nur den größten Bundestag aller Zeiten, sondern eben auch die größte Bundesregierung. Das kostet Geld und ist viel Bürokratie.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false