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Zugriff im Plattenbau: Ein Polizist am Dienstagmorgen in Schwerin.

© Fabian Bimmer/Reuters

Update

Mecklenburg-Vorpommern: Syrer in Schwerin wegen Terrorverdachts festgenommen

Innenminister Thomas de Maizière sagte, dass durch die Festnahme ein "schwerer Terroranschlag in Deutschland" verhindert worden sei.

Von Frank Jansen

Wegen mutmaßlicher Anschlagspläne ist in Schwerin ein 19-jähriger Syrer festgenommen worden. Yamen A. sei "dringend verdächtig", einen "islamistisch motivierten Anschlag mit hochexplosivem Sprengstoff in Deutschland geplant und bereits konkret vorbereitet zu haben", teilte die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe am Dienstag mit. Durchsuchungen gab es auch in Hamburg.

Nach den Worten von Bundesinnenminister Thomas de Maizière verhinderten die Behörden durch die Festnahme einen „schweren Terroranschlag in Deutschland“. „Nach allem was wir wissen, erfolgte der Zugriff zum richtigen Zeitpunkt: spät genug, um Beweise zu sichern und gleichzeitig früh genug, um die Gefahr zuverlässig zu bannen“, sagte der CDU-Politiker.

Die GSG 9 und Spezialkräfte der Landespolizei griffen am Morgen in einem Plattenbau im Schweriner Stadtteil Neu Zippendorf zu. Dort seien insgesamt drei nahe beieinander gelegene Wohnungen durchsucht worden, in denen sich mehrere Personen aufhielten. Weitere Menschen seien aber nicht festgenommen worden, sagte ein Polizeisprecher. Es bestehe auch keine akute Bedrohung für die Bevölkerung.

Yamen A. hat sich offenbar über das Internet radikalisiert. Er habe alleine in seiner Wohnung gelebt und sich in religiösen Hass hineingesteigert, erfuhr der Tagesspiegel aus Sicherheitskreisen. Wie eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft am Nachmittag erklärte, bekam der Verfassungsschutz die Aktivitäten des Flüchtlings im Netz mit. Der 19-Jährige habe nach Anleitungen zum Bombenbau gesucht und sich mit Dschihadisten ausgetauscht. Offenbar stand er auch mit einem Vertreter des "Islamischen Staats" in Kontakt, ohne dass man bereits von einer Mitgliedschaft sprechen könnte, erklärte die Sprecherin.

TATP wurde auch bei verheerendem Anschlag in Paris eingesetzt

Nach den bisherigen Erkenntnissen der Bundesanwaltschaft fasste Yamen A. "spätestens im Juli 2017" den Entschluss, in Deutschland einen Sprengsatz zu zünden, "um eine möglichst große Anzahl von Personen zu töten und zu verletzen". Zu dieser Zeit begann er damit, Komponenten für die Herstellung von Sprengstoff zu beschaffen, wie die Sprecherin berichtete. Er bestellte Chemikalien und Utensilien, um den Sprengstoff TATP (Triacetontriperoxid) zu produzieren. Wo A. zuschlagen wollte, ist bislang jedoch unklar.

Einige der Komponenten von TATP, darunter Haushaltsreiniger, sind nach Auskunft von Sicherheitskreisen einfach zu beschaffen. Die Herstellung des Sprengstoffs gilt aber als extrem riskant. Eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft sagte, das TATP habe nur als "Treibladung" dienen sollen. Das lasse auf einen Sprengstoff "mit einer hohen Wirkladung" schließen. A. habe zudem zwei Funkgeräte, Batterien und einen Akku für ein Handy erworben. Das spreche für eine ferngesteuerte Zündauslösung per Funk oder Handy.

TATP hatten IS-Terroristen bei dem verheerenden Anschlag im November 2015 in Paris angesetzt. Auch der syrische Terrorverdächtige Jaber Albakr, der sich im Oktober 2016 im Gefängnis in Leipzig selbst tötete, hatte in einer Wohnung in Chemnitz TATP hergestellt.

Behörden gehen von Einzeltäter aus

Sicherheitsexperten beschreiben den Syrer als Einzeltäter. „Er wurde wahrscheinlich nicht gezielt nach Deutschland geschickt, vielmehr hat er sich hier radikalisiert“, hieß es. Offen sei, ob Yamen A. über Kontakte in Hamburg beeinflusst wurde. Eine Verbindung zu dem islamistischen Messerstecher, der am 28. Juli in Hamburg einen Menschen erstach und sechs weitere verletzte, sei nicht zu erkennen.

Die Sicherheitsbehörden wurden im Sommer auf Yamen A. aufmerksam und begannen, ihn zu überwachen. Entscheidend für die Festnahme sei die Frage gewesen, wann der Syrer die Komponenten zur Herstellung von Sprengstoff hatte. Gleichzeitig sei darauf geachtet worden, dass Yamen A. noch nicht in der Lage war, mit seiner Bastelei die Nachbarn im Plattenbau zu gefährden. Der Generalbundesanwalt habe mit der Festnahme am Dienstagmorgen „den richtigen Zeitpunkt gewählt“, betonten Sicherheitskreise.

In Deutschland gab es in der Vergangenheit wiederholt Festnahmen von Verdächtigen, die aus islamistischen Motiven einen Anschlag vorbereitet haben sollen. So zuletzt am Mittwoch vergangener Woche in Berlin ein 40-Jähriger, den die Ermittlungsbehörden der Islamistenszene zurechnen. Im Juli 2016 sprengte sich im bayerischen Ansbach ein 27-Jähriger syrischer Flüchtling auf einem Platz vor einem Musikfestival in die Luft, 15 Menschen wurden verletzt. (mit AFP, dpa)

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