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Theresa May am Mittwochabend bei ihrer Fernsehansprache in ihrem Amtssitzung Downing Street No. 10.

© Jonathan Brady/REUTERS

May ans britische Volk: „Ich bin auf Ihrer Seite“

Brexit aufschieben oder nicht? Theresa May wendet sich übers Fernsehen an die Bevölkerung. Alles andere als eine Verlängerung bis zum 30. Juni lehnt sie ab.

Formal sind es nur noch neun Tage bis zum Ausscheiden Großbritanniens aus der Europäischen Union. Die Uhr tickt, die Spannung steigt – und die Nervosität nimmt zu. Wird die EU den Briten einen Aufschub gewähren? Stimmt das Parlament in London in letzter Minute noch dem Abkommen mit der Union zu? Oder kommt es am 29. März doch zu einer chaotischen Trennung?

Am Mittwoch ging es hin und her: Zuerst bat die britische Premierministerin Theresa May den EU-Ratschef Donald Tusk per Brief um eine Fristverlängerung bis zum 30. Juni. Die EU sträubte sich zunächst gegen diese Bitte – doch Tusk ließ später erkennen, dass er sie unter einer Bedingung unterstützen könnte: wenn das Unterhaus vorher das Abkommen annehmen sollte.

May wandte sich am Abend in einer Ansprache aus ihrem Amtssitz in der Londoner Downing Street an die britische Bevölkerung – und machte Druck auf die Abgeordneten. Sie könne sich keine Verlängerung vorstellen, die über den 30. Juni hinausgehe, sagte die Regierungschefin. "Es ist höchste Zeit, dass wir uns entscheiden."

Trotz aller Debatten und Abstimmungen habe das Parlament bis heute nicht gesagt, was es will, sondern immer nur das, was es nicht will, beklagte die Premierministerin. Sie bedauere sehr, dass die Abgeordneten bisher "unfähig" gewesen sein, sich auf die Umsetzung des Brexits zu einigen. May schloss ein zweites Referendum allerdings erneut aus. "Wir haben Ihnen die Frage schon gestellt", sagte sie an die Bevölkerung gerichtet. "Und Sie haben uns geantwortet."

Zugleich zeigte die Regierungschefin Verständnis für Verärgerung und Frust in der Bevölkerung angesichts der endlosen Debatten. "Ich bin auf Ihrer Seite", sagte May den Bürgerinnen und Bürgern, die sich politische Lösungen für die Sorgen und Probleme ihres Alltags wünschten statt der nicht endenden Debatten über den EU-Austritt. "Sie, die Öffentlichkeit, haben genug", erkannte May an, alle seien vom Brexit "ermüdet".

Am Donnerstag werden die Debatten jedoch weitergehen. Dann kommen die Regierungschefs der EU in Brüssel zum Gipfel zusammen, um über das weitere Vorgehen beim Brexit zu beraten. Noch unklar ist, ob May in der kommenden Woche den Deal mit der EU erneut ins Unterhaus einbringen wird. Nach ihrer zweiten Abstimmungsniederlage hatte Parlamentspräsident John Bercow das am Montag ausgeschlossen, solange es keine substanziellen Änderungen an der Vorlage gebe. Bercow berief sich dabei auf eine Regel aus dem frühen 17. Jahrhundert. May machte am Mittwoch jedenfalls deutlich, dass sie nicht daran denkt, jetzt aufzugeben. Sie werde "Tag und Nacht" für einen geordneten Brexit kämpfen, so wie sie es bei Amtsantritt versprochen habe.

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