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Singapur: U.S. Präsident Donald Trump und der Machthaber von Nordkorea Kim Jong Un unterzeichnen eine gemeinsame Vereinbarung.

© dpa/ Kevin Lim

Matthies meint: Weltpolitik im Schaukasten

Nordkorea ist für uns immer noch jenes rätselhafte Land, das die Achse des Bösen kontinuierlich mit Schmierstoff versorgt. Aber stimmt das so überhaupt?

Staatschef Kim Jong Un, amtlich "Vorsitzender des Komitees für Staatsangelegenheiten der DVR Korea", könnte ein mörderischer Schurke von James-Bond-Dimension sein, ein irregeleiteter, sanft paranoider Wahrheitssucher oder auch ein lupenreiner Demokrat vor dem zögernden Coming-Out – wir wissen immer noch sehr wenig über den untersetzten Mann mit der scharfen Undercut-Frisur, die ihn zumindest schon zur Stilikone erhebt, zum Hip-Hopper im Politbüro.

Genau wissen wir aber etwas anderes über die DVR Korea: Der Schaukasten der Botschaft des Landes in Berlin, von anonymen Attachés mit leichter Hand gepflegt, gibt stets aktuelle Auskunft über die Lage der Welt. Noch vor ein paar Jahren verströmte er den Eishauch des ganz, ganz kalten Krieges, heute zeigt er, wo die Weltpolitik wirklich gemacht wird, und wer die Top-Protagonisten sind.

Ganz frisch aber enthält er ein protokollarisches Foto mit Kim Jong Un und Donald Trump, der eine mit gefalteten Händen, der andere mit angedeuteter, nur wenig merkelhafter Raute. Dass Kim Jong Un, wie der Text behauptet, hier den ersten Händedruck tauscht, ist nicht wirklich sichtbar, aber auf solche Details kommt es nicht an im großen Ganzen. Denn das besagt: Trump ist in Rekordtempo im Autokraten-Olymp angekommen, ganz oben, wo nur echte Männer landen, die jeden Widerstand knapp in den Staub treten, statt ihn nach deutscher Art bis zur nächsten Wahl platt zu moderieren. Auch in Afrika, das hier nur am Rande, ist Trump extrem populär, weil er sich nicht immer so hat, aber auch nicht so neokolonial auftrumpft wie die Chinesen. Möglicherweise eine Chance für Nordkorea...?

Egal: Hier geht es nur um einen Schaukasten, aber einen, der die große Politik abbildet wie der Herzmonitor die Lage des Intensivpatienten. Wir müssen auf ihn achten, täglich, in kritischen Lagen auch stündlich. Angela Merkel hat vermutlich keine Chance mehr, dort abgebildet zu werden – aber vielleicht Friedrich Merz? Für ihn käme gegebenenfalls sogar der Titel "Vorsitzender des Komitees für Staatsangelegenheiten der CDU Deutschlands" in Frage, er ist ja auch einer, der keine Gefangenen macht im rhetorischen Wettrüsten. Aber es kann auch sein, dass er und seine Parteifreunde den Nordkoreanern einfach nicht wichtig genug sind.

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