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Der CSU-Politiker Georg Nüßlein

© Kay Nietfeld/dpa

Masken-Affäre von Löbel und Nüßlein: Transparency fordert Lobbyismus-Daumenschrauben

Die Geschäfte von Nikolas Löbel und Georg Nüßlein könnten nicht nur Einzelfälle sein. Nun mehren sich Forderungen nach grundsätzlichen Folgen für die Politik.

Nach Privatgeschäften von Unionsabgeordneten mit Corona-Masken sind Rufe nach umfassenden Konsequenzen laut geworden. Der Deutschlandchef von Transparency International, Hartmut Bäumer, forderte den Bundestag auf, die Geschäftsordnung zu ergänzen, um bestimmte Formen von Lobbyismus zu sanktionieren.

Die Fraktionen sollten ähnliche interne Regelungen aufstellen, „mit einem abgestuften Sanktionsmechanismus von der Abmahnung bis zum Fraktionsausschluss“, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Direkte Nebenverdienste wie von Bundestagsabgeordneten als Lobbyisten für ein bestimmtes Produkt, das von Ministerien gekauft werde, sollten seiner Meinung nach ganz unterbunden werden.

Kurz vor den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz am 14. März stehen zwei Unionspolitiker auch intern massiv in der Kritik: Die Firma des CDU-Politikers Nikolas Löbel soll Provisionen von rund 250.000 Euro kassiert haben, weil sie Kaufverträge über Corona-Masken zwischen einem Lieferanten und zwei Privatunternehmen vermittelt hat. Nach heftiger Kritik trat Löbel am Montag aus der CDU aus und zog sich umgehend aus dem Parlament zurück.

Der CSU-Abgeordnete Georg Nüßlein soll ebenfalls eine sechsstellige Euro-Summe für die Vermittlung von Lieferverträgen für FFP2-Masken an den Bund und die bayerische Staatsregierung kassiert haben. Gegen ihn ermittelt die Generalstaatsanwaltschaft München wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit im Zusammenhang mit dem Kauf von Masken.

Er hatte zunächst sein Amt als Vize-Fraktionschef der Unionsfraktion im Bundestag niedergelegt und angekündigt, nicht noch einmal für den Bundestag kandidieren zu wollen. Am Wochenende trat er ganz aus der Fraktion aus. Zudem verließ er nach Angaben von CSU-Generalsekretär Markus Blume vom Montag auch die Partei.

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FDP-Chef Christian Lindner forderte die Einrichtung eines Sonderermittlers, um die Affäre um Provisionen von Bundestagsabgeordneten bei der Beschaffung von Corona-Schutzmasken aufzuklären. Dem „Mannheimer Morgen“ sagte er: „Zum Beispiel ein ehemaliges Mitglied des Verfassungsgerichts könnte mit Akteneinsicht aufklären, ob bei den Beschaffungsvorhaben seit Beginn der Pandemie alles mit rechten Dingen zugegangen ist.“

Ein entsprechender Bericht könnte nach Lindners Worten noch vor der Bundestagswahl im September alle Zweifel ausräumen. Ähnlich äußerte sich Lindner in der „Heilbronner Stimme“.

Norbert Walter-Borjans, Bundesvorsitzender der SPD
Norbert Walter-Borjans, Bundesvorsitzender der SPD

© John Macdougall/AFP/POOL/dpa

Unterdessen forderte SPD-Chef Norbert Walter-Borjans eine Verschärfung des von Union und SPD vereinbarten Lobbyregisters. „Allen Demokraten muss daran gelegen sein, dass Raffgier und Vetternwirtschaft in unseren Parlamenten keine Chance haben“, sagte Walter-Borjans den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Er rief die Parteichefs von CDU und CSU, Armin Laschet und Markus Söder, dazu auf, gemeinsam mit der SPD „für wirksame Transparenz- und Sanktionsregeln“ einzutreten. Vor einer Woche hatten sich die Regierungsfraktionen im Bundestag auf die Ausgestaltung des neuen Registers geeinigt. Kritikern gehen die Pläne nicht weit genug.

Der Staatsrechtler Joachim Wieland sagte dem „Mannheimer Morgen“, das Abgeordnetengesetz sei bislang eher zahnlos. „Die Annahme von Zuwendungen ist nur dann verboten, wenn sie ohne Gegenleistung erfolgt oder diese sich konkret auf das Abstimmungsverhalten auswirkt.“ Löbel sei auf Firmen zugegangen und habe mit seinen Kontakten als Politiker geprahlt. „Das verstößt aber gegenwärtig nicht gegen Gesetze.“

Auf die Frage, ob man Nebentätigkeiten von Politikern verbieten sollte, meinte er: „Das Verfassungsrecht setzt da enge Grenzen. Ein generelles Verbot wäre grundgesetzwidrig.“ Er fordere, dass Politiker die genaue Höhe ihrer Bezüge aus Nebentätigkeiten offenlegen müssten. (dpa)

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