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„Winter is coming“: Vom CSU-Parteitag sandte Markus Söder Botschaften ans ganze Land.

© CSU

Markus Söder und sein Auftritt: Gelungene Inszenierung

Markus Söder schwört auf einen harten Winter ein – den Kandidatenkampf der CDU befeuert er nicht. Eine Betrachtung.

Von Robert Birnbaum

Ein Missverständnis will Markus Söder am Samstag gleich mal aus der Welt schaffen. Diesen Mittwoch kommt der CSU-Chef nämlich nach Berlin, um eine Biografie über Armin Laschet vorzustellen. Das hat an der politischen Spekulantenbörse gleich für Aufsehen gesorgt.

Schließlich wird der Bayer dort allen eigenen Dementis zum Trotz immer noch hoch gehandelt als jemand, der dem nächsten CDU-Vorsitzenden die Kanzlerkandidatur streitig macht. Und selbst wenn er wirklich nicht will: Ist die Laudatio auf das Buch dann ein Fingerzeig auf einen Favoriten?

Ist es, versichert Söder, nicht: „Wenn die anderen beiden ein Buch machen, komm’ ich auch gerne hinzu.“ Die Klarstellung ist ihm so wichtig, dass er sie am Samstag in seine Rede an den virtuellen CSU-Parteitag einpflegt. Als bayerischer Ministerpräsident hat er sich mit dem Kollegen aus Düsseldorf lange ein Fernduell um die beste Corona-Strategie geliefert.

Doch je näher der CDU-Parteitag rückt, der am 4. Dezember zwischen Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen entscheiden soll, umso mehr bemüht sich Söder, den Eindruck zu vermeiden, dass er als Umfrageliebling und Schattenkandidat die große Schwester dominiert.

Das hat, nur auf den ersten Blick unlogisch, mit dem Außenseiter des Trios zu tun. Röttgen hatte vor einiger Zeit ganz offen versucht, die Beliebtheit des Bayern für die eigenen Wahlkampfmühlen zu nutzen: Er habe kein Problem damit, verkündete der CDU-Abgeordnete, nur als CDU-Chef ins Konrad-Adenauer-Haus einzuziehen und die Kanzlerkandidatur einem anderen zu überlassen.

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Der Norbert verschafft uns den Markus

Inzwischen hat Röttgen zwar versichert, er traue sich das Kanzleramt zu und wolle da auch hin. Aber für jene CDU-Delegierten, die die drei eigenen Bewerber allesamt für etwas zu leichtgewichtig für die Angela-Merkel-Nachfolge halten, reicht die erste Botschaft: Der Norbert verschafft uns den Markus.

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An einen Sieg des Außenpolitikers glaubt zwar in der Partei niemand. Aber wenn er genug Stimmen der 1001 Delegierten bekommt, zwingt das Laschet und Merz in die Stichwahl. Am Ende, fürchten viele, stünde die CDU vor der gleichen schwierigen Situation wie nach dem Duell zwischen Merz und Annegret Kramp-Karrenbauer: gespalten in zwei Lager, nur jetzt nicht drei lange Jahre, sondern direkt vor der Bundestagswahl.

Auch Volker Bouffier teilt die Sorge. Der Hesse fordert eine Festlegung aller Beteiligten noch vor dem CDU-Parteitag. „Egal wer kandidiert, muss wissen, ob er auch Kanzlerkandidat werden wird oder nicht“, verlangte der Doyen unter den CDU-Vizevorsitzenden am Wochenende in der „Fuldaer Zeitung“.

Armin Laschet (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein Westfalen, gibt nach Schließung der Wahllokale ein Statement ab. Die CDU bleibt stärkste Kommunalpartei in Nordrhein-Westfalen. Die SPD verteidigt bei den Kommunalwahlen trotz deutlicher Verluste Platz zwei. Die Grünen legen landesweit kräftig zu.
Armin Laschet (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein Westfalen, gibt nach Schließung der Wahllokale ein Statement ab. Die CDU bleibt stärkste Kommunalpartei in Nordrhein-Westfalen. Die SPD verteidigt bei den Kommunalwahlen trotz deutlicher Verluste Platz zwei. Die Grünen legen landesweit kräftig zu.

© Federico Gambarini/dpa

Da weder Laschet noch Merz daran Zweifel gelassen haben, bleibt nur Röttgen als Adressat. Zumal Bouffier auch von Söder verlangt, mit offenen Karten zu spielen: „Zugleich müssen sich Markus Söder und die CSU entscheiden, wie sie die Dinge sehen.“

Dass das so kommt, ist allerdings wenig wahrscheinlich. Söder lobte beim Parteitag alle drei CDU-Bewerber als „exzellente Kandidaten“, versprach jedem im Fall des Falles gute Zusammenarbeit und pries die Kanzlerin in höchsten Tönen: „Ja, ich habe da viel gelernt.“ Das sei „Weiterentwicklung“, nicht Kumpanei.

Aber er erinnerte alle daran, dass die CSU einen CDU-Kandidaten schon aus Selbstachtung nicht bloß abnicken kann: „Am Ende müssen wir einig sein.“ Ohne die Stimmen aus Bayern werde kein Unionskandidat Kanzler, zumal er am Wahltag ein „Wimpernschlagfinish“ erwarte.

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Söder legt auch Wert auf die Feststellung, dass sich Merkels hohes Ansehen in der Coronakrise nicht einfach vererbe: „Es muss immer neu erarbeitet werden.“ Bis vor Kurzem wäre der Satz noch als Sottise gegen Laschet gewertet worden. Inzwischen gilt er genauso für den Bayern selbst. Seine virtuelle Parteitagsansprache war denn auch eine Art epidemiologisches Volkshochschulseminar, mit dem er seinen Corona-Kurs verteidigte.

"Winter is coming"

Die Essenz des Vortrags passte auf eine Tasse, gut sichtbar auf dem Schreibtisch platziert: „Winter is coming!“ In der Kultserie „Game of Thrones“ warnt der Satz vor Geisterkriegern aus dem Eis. Im Franz-Josef-Strauß-Haus warnt Söder vor dem Virus in der kalten Jahreszeit.

Nur die Frage, wer in einem Jahr im Kabinettssaal thronen wird, bleibt auch im Unionspiel bis zur letzten Staffel offen. Söder belässt es bei der zweideutigen Eindeutigkeit: „Mein Platz, ganz klar, der ist immer bei euch“, sagt er seinen Delegierten. Weil das aber ausdeutbar wäre im Sinne von „jedenfalls im Herzen“, fügt er rasch noch ein klärendes „... also in Bayern!“ hinzu.

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Die drei CDU-Recken aber müssen sich am Montag erst einmal miteinander und mit der scheidenden Chefin verständigen, wie es mit ihrem Wahlkampf in den nächsten zwei Monaten weitergeht. Faktisch lässt das Gespräch im Konrad-Adenauer-Haus wenig Aufregendes erwarten. Das Trio hatte schon im Frühjahr der Idee zugestimmt, zwei von der Parteizentrale organisierte Online-Formate zu veranstalten, bei denen Parteimitglieder Fragen an jeden stellen können.

Dabei dürfte es bleiben. Auf einen TV-Dreikampf, wie ihn Röttgen fordert, wollen sich die anderen nicht einlassen. Kramp-Karrenbauer hält davon ebenfalls nichts. Wohl auch eingedenk des eigenen Schicksals warnte sie jüngst erst, aus einer Auswahl guter Kandidaten dürfe kein „ruinöser Wettbewerb“ werden.

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