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E-Tretroller stehen vor dem Brandenburger Tor am Rand der Straße des 17. Juni. In vielen Städten sorgen die E-Tretroller gerade für ziemliches Kopfzerbrechen.

© Christoph Soeder/dpa

Marktstart eines neuen Sharing-Anbieters: Warum Berlin neue E-Roller braucht

Die Gesellschaft braucht Alternativen zum Auto. Deshalb ist der Marktstart eines neuen E-Roller-Verleihers eine gute Nachricht. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Jana Kugoth

Die E-Roller-Welle rollt wieder: Wer gehofft hatte, die Corona-Pandemie würde den Hype um die kleinen Flitzer mit E-Motor beenden, wird enttäuscht. Nach der Zwangspause während des Lockdowns sind die Anbieter zurück. Seit Dienstag ist es sogar noch bunter auf den Straßen: Das estnische Start-up Bolt expandiert nach Deutschland und stellt seine mintgrünen Roller in Berlin auf. Mit Kampfpreisen von fünf Cent pro Minute will sich der Anbieter gegen die Konkurrenz durchsetzen.

Kritiker befürchten das Schlimmste: Noch mehr Fahrzeuge, die uns den Platz auf den Rad- und Gehwegen streitig machen! Noch mehr Elektroschrott! Schlimme Unfälle! Anarchie!

Die Vorbehalte gegen das nicht mehr ganz so neue Fortbewegungsmittel sind teilweise berechtigt. Als die E-Roller-Welle 2019 hierzulande los rollte, haben sich die mit dem neuen Verkehrsmittel verbundenen Hoffnungen nicht erfüllt: Kaum jemand hat für die Fahrt ins Büro den E-Roller genutzt und dafür den eigenen Pkw stehen lassen. Stattdessen waren die Geräte vor allem bei Tourist:innen beliebt. Die haben sich selten darum gekümmert, die Fahrzeuge richtig abzustellen. Trotz Verbot sind viele Tretroller-Fans über den Bürgersteig gerollt, schlimmstenfalls alkoholisiert. Es gab tragische Unfälle, wenn auch insgesamt weniger als von vielen prophezeit.

Hinzu kam, dass einige Anbieter zu Beginn den Markt mit Billig-Geräten aus China geflutet haben, die oft nur wenige Monate hielten. Elektroschrott statt Klimaschutz, das Image der noch jungen Branche war ramponiert.

Die Anbieter haben umgesteuert

2021 ist die Situation allerdings eine andere. Nicht nur gibt es seit der Pandemie mehr Radwege, von denen auch die Rollerfahrer profitieren, das Platzproblem in den Städten hat sich dadurch ein klein wenig entspannt.

Auch haben die Anbieter umgesteuert. Deren neue Roller-Generation ist sicherer und stabiler, die Akkus lassen sich bei vielen Modellen zum Laden austauschen. In Summe verbessert das die CO2-Bilanz der Geräte. Fahrsicherheitstrainings, GPS-Tracking und Helme schulen die Nutzer:innen im Umgang mit den Geräten. Roller-Rowdys lassen sich davon wohl nicht beeindrucken, aber es ist ein Anfang.

Auch den Vorwurf, wegen des schnellen Geldes nur die dicht besiedelten Innenstädte im Fokus zu haben, versuchen die Verleiher zu entkräften. Immer mehr bieten ihren Service auch in Randbezirken und Kleinstädten an. Auch, weil sie wissen: Wenn ihr Angebot nicht überzeugt, drohen Verbote, wie sie zum Beispiel die kanadische Stadt Toronto erlassen hat. Im Zweifel sitzt der Regulierer am längeren Hebel.

Das Chaos ordnet sich

Der hat ebenfalls dazu gelernt. Nicht alle greifen so rigoros durch wie Toronto. Aber viele Städte nehmen die Verleiher an die Leine. Immer mehr Städte richten extra Parkzonen ein. London, Paris und New York gehen noch weiter. Dort ist die Anzahl der Anbieter und Fahrzeuge gedeckelt. Wer dort operieren will, muss eine Ausschreibung gewinnen, bestimmte Qualitätsstandards erfüllen. Alle andere bleiben außen vor.

Berlin erwägt ebenfalls, strengere Regeln für die Anbieter zu erlassen. Die zeigen sich teilweise einsichtig und haben eine freiwillige Selbstverpflichtung vorgelegt, in der sie sich zum Beispiel verpflichten, falsch abgestellte Roller innerhalb eines Tages zu entfernen.

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Damit sind noch lange nicht alle Probleme gelöst, die das neue Verkehrsmittel mit sich gebracht hat. Doch die Richtung stimmt. Das Chaos ordnet sich. Und eins ist klar: Wenn die Gesellschaft eine bessere Luft in den Städten will und wieder mehr Platz auf den Straßen, braucht sie Alternativen zum Auto. Gut reguliert, können E-Roller eine davon sein. 

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