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Facebook-Gründer Mark Zuckerberg bei der Anhörung im US-Senat

© Win McNamee/Getty Images/AFP

Mark Zuckerberg: Kein Mittel gegen Facebooks Macht

Der Facebook-Gründer stellt sich den Fragen der US-Senatoren - Konsequenzen muss er wohl nicht fürchten. In Europa hofft man auf die kommende Datenschutzgrundverordnung.

Nach knapp fünf Stunden hatte der Facebook-Chef Mark Zuckerberg seine erste Anhörung im US-Senat überstanden. Den sonst obligatorischen Kapuzenpulli hatte er gegen Anzug mit Krawatte getauscht, hinter ihm hatten seine Berater und Anwälte Platz genommen. Gleich mehrfach entschuldigte er sich am Dienstag und Mittwoch für die Fehler, die er und sein Unternehmen in der Vergangenheit gemacht hatten. Anlass für Zuckerbergs Erscheinen vor dem Kongress waren der Datenskandal um Facebook und Cambridge Analytica. Über das Netzwerk waren Daten von bis zu 87 Millionen Nutzern an die britische Firma geflossen. Am Mittwoch sagte der Facebook-Chef, dass auch seine eigenen Daten betroffen waren.

Gab es Antworten?

Zuckerberg betonte mehrfach gegenüber den Senatoren, dass Facebook ein idealistisches Unternehmen sei, das Menschen vernetzen wolle. Dass es missbraucht werden könne, habe er zu lange ignoriert. Zuckerberg informierte außerdem die Senatoren, dass Facebook-Mitarbeiter vom Sonderermittler Robert Mueller befragt wurden, der eine mögliche russische Einflussnahme im US-Präsidentschaftswahlkampf 2016 untersucht. Er selbst sei nicht darunter gewesen.

Ansonsten gab es wenig Konkretes auf die zentralen Fragen. Unklar blieb zum Beispiel, ob Facebook Daten über die Aktivität der Nutzer sammelt, nachdem sie sich von der Plattform ausgeloggt haben. „Mein Team wird sich bei ihnen melden“, vertröstete Zuckerberg die Senatoren.

Einigen von ihnen musste der Facebook-Chef zunächst erläutern, wie das Geschäftsmodell des Netzwerkes funktioniert. Vielen Senatoren fehlte das Verständnis für Facebooks Arbeitsweise. Zuckerberg beteuerte in der Anhörung, dass sämtliche Daten den Nutzern gehörten. Facebook verkaufe sie nicht, sondern gebe den Werbekunden lediglich Zugang dazu. Inwiefern das Unternehmen damit auch verantwortlich ist, die sorgsame Verwendung der Daten zu prüfen, kam nicht zur Sprache.

Muss Zuckerberg Konsequenzen fürchten?

Die immer wieder diskutierten Nutzungsbedingungen, die das Unternehmen oft nur dann anpasste, wenn sich Datenschützer kritisch äußerten, waren ebenfalls Thema. Der Republikaner John Kennedy sagte: „Ihre Nutzungsbedingungen sind Mist.“ Damit wolle Facebook sich rechtlich abzusichern, anstatt die Nutzer über ihre Rechte zu informieren. Er kündigte Regulierungen an, sollte sich an dem Vorgehen Facebooks nichts ändern.

Es scheint unwahrscheinlich, dass das Unternehmen harte Konsequenzen fürchten muss. Ein Argument nannte Zuckerberg in der Anhörung selbst: „Die USA könnte hinter China zurückfallen.“ Das Land ist auf die Internetkonzerne wirtschaftlich angewiesen.

Wie reagiert Europa?

Zuckerberg hatte auf Aufforderungen, vor dem Britischen und dem Europäischen Parlament auszusagen, bisher nicht reagiert. Immerhin reagierte das Unternehmen auf die Aufforderung der EU-Justizkommissarin Vera Jourova, Stellung zu den Vorfällen zu beziehen. Am Donnerstag soll es ein Telefonat zwischen Facebook-Geschäftsführerin Sheryl Sandberg und der Kommissarin geben. In der EU könnten 2,7 Millionen Menschen von dem Datenskandal betroffen sein.

Die scharf kritisierten Nutzungsbedingungen muss das Unternehmen bis zum 25. Mai anpassen, wenn die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) in Kraft tritt. Die verspricht Nutzern innerhalb der EU einfache Formulierungen für besseren Schutz ihrer Daten. Denn sie müssen der Weitergabe ihrer personenbezogenen Daten explizit zustimmen und dürfen nicht nur versteckt in einem Absatz darauf hingewiesen werden. Zuckerberg hatte sich in den vergangenen Tagen schon positiv zu der europäischen Verordnung geäußert und die Möglichkeit angesprochen, sie weltweit gelten zu lassen.

Wie kann man der Datenmacht gegenübertreten?

Zur Sprache kam auch die Monopolstellung der Plattform. Zuckerberg verwies aber auf andere Apps. Er fühle sich nicht in einer Monopolposition. Dennoch ist die Diskussion um die Datenmacht von Facebook und anderen Internetkonzernen neu entbrannt.  Zuckerberg deutete die Möglichkeit an, eine Bezahlversion einführen zu wollen. In der Branche wurde schon öfter darüber diskutiert, was ein kostenpflichtiges Netzwerk bringen könnte. Das könnte etwa werbefrei sein, womit das Unternehmen weniger Druck, Daten zu sammeln.

Der ehemalige SPD-Abgeordnete Christopher Lauer hatte vorgeschlagen, Facebook zu verstaatlichen, um das Unternehmen und seine Daten unter demokratische Kontrolle zu stellen. Andere Experten fordern, Facebook müsse die Daten entsprechend anonymisiert allen zur Verfügung stellen.

Was kann die Politik tun?

Um gegen die Datenmacht des Unternehmens vorzugehen, muss die Politik eingreifen, findet der Datenschützer und EU-Abgeordnete Jan Philipp Albrecht (Grüne). Die neue Verordnung sorge für Sicherheit. Doch viele Menschen seien bei Facebook, weil auch alle Freunde dort angemeldet seien oder es wenig Alternativen gebe. Hier müsse man bessere Rahmenbedingungen für andere Angebote schaffen. Diskutiert würden auch mögliche Entflechtungen der Unternehmen und Neutralitätsverpflichtungen, um eine Gleichbehandlung sicherzustellen. Für Nutzer müsse es möglich sein, zwischen Diensten zu wechseln, wie bei Telefonanbietern, die auch gegenseitig angerufen werden könnten – Interkonnektivität sei das Stichwort.

Um Monopolisierung zu verhindern, müssten die Unternehmen nicht-personenbezogene Daten über Schnittstellen teilen, sagt Albrecht. Was personenbezogene Daten angeht, gilt nach der DSGVO eine neue Regelung, die die Datenportabilität aufgreift. Nutzer können Unternehmen auffordern, alle über sie gespeicherten Daten einer anderen Firma zugänglich zu machen. So könnten Facebook- Nutzer alle Daten einer neuen, datensichereren Alternativplattform weitergeben. Sollte das nicht geschehen oder sollten sie andere Verstöße bemerken, können sie bei den allen Landesdatenschutzbehörden Beschwerde einlegen.

Hätte die DSGVO am Cambridge Analytics-Skandal etwas geändert?

Wäre die europäische Verordnung früher zur Anwendung gekommen, so hätte sie vermutlich kaum etwas geändert. Denn die Datenweitergabe an die App war durch die Nutzungsbedingungen abgedeckt. Möglich wäre nach den neuen Regelungen dann nur, zu prüfen, ob die Schnittstelle mehr Daten übermittelt hat als in den Verträgen vorgesehen. Diese müssen entsprechend der DSGVO genau regeln, was gemacht werden darf. Doch inwieweit das Unternehmen die Pflicht hat, dieses zu überprüfen, ist nicht klar geregelt. Das müsste vor Gericht geklärt werden. Schmerzlich für die Unternehmen werden die neuen Bußgelder. Die betragen bis zu 20 Millionen Euro oder bis zu vier Prozent des gesamten weltweit erzielten Jahresumsatzes des Unternehmens im vorangegangenen Geschäftsjahr. Bei künftigen Verstößen ab dem 25. Mai könnte Facebook – mit einem Jahresumsatz von knapp 41 Milliarden US-Dollar (33 Milliarden Euro) im Jahr 2017 – bis zu 1,64 Milliarden US-Dollar (1,3 Milliarden Euro) Strafe zahlen müssen.

Welche Konsequenzen hat Facebook gezogen?

Das Unternehmen hat weitere Dienste suspendiert. Der kanadische Datenanalyse-Anbieter AggregateIQ soll Verbindungen zu Cambridge Analytica haben und könnte eine Rolle im Brexit-Votum gespielt haben. Das US-Unternehmen CubeYou behauptete, Nutzerinformationen für wissenschaftliche Zwecke zu nutzen, gab sie aber an Werbeträger weiter. Seit Montag werden Nutzer informiert, die vom Cambridge Analytica-Fall betroffen waren. In Zukunft sollen Anwendungen, die sich über das Netzwerk Daten ziehen, besser kontrolliert werden. Den Zugriff auf die Schnittstellen, den APIs, hat Facebook bereits beschränkt. Darüber konnten die eigenen Nutzerprofile sowie die der Freunde gezogen werden. Ebenfalls abgeschaltet ist die Funktion, Nutzerprofile über angegeben E-Mail-Adressen oder Handynummern zu finden.

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