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Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD).

© Stefan Sauer/dpa

Manuela Schwesig und die Nord-Stream-Stiftung: Wenn einem die Trickkiste auf die Füße fällt

Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschefin und Stiftungsvorstand Sellering könnten mehr Aufklärung leisten. Aber wie es aussieht, wollen sie nicht. Ein Kommentar

Die Ministerpräsidentin Mecklenburg-Vorpommerns Manuela Schwesig (SPD) muss erklären, wie sich ihre Regierung als Außenstelle des russischen Staatskonzerns Gazprom betätigt hat, um unter widrigen politischen Umständen die umstrittene Gaspipeline Nord Stream 2 fertigzustellen. Von der Idee, mittels einer Stiftung US-Sanktionen zu umgehen, wussten alle, dass sie ein Kniff war. Nun, nach dem blutigen Überfall auf die Ukraine und den öffentlichen Eingeständnissen einer verfehlten Russlandpolitik, wird der Kniff zum Skandal.

In so einer Lage hilft nur Transparenz. Auffällig unbürokratisch verteilt die Landesregierung derzeit nach dem Informationsfreiheitsgesetz beantragte Akten der Staatskanzlei, die kritische Fragen an Schwesig aufwerfen. Zudem hat die Organisation „Frag den Staat“ ein Konvolut veröffentlicht, das sie von dort bekam. Das reicht aber nicht. Schließlich geht es nicht nur darum, wie es zur Stiftungsgründung kam, sondern was die Stiftung unternommen hat – und was die Landesregierung im Einzelnen darüber wusste.

Das Gasgeschäft sei nur ein Nebenzweck gewesen, heißt es

Hier kommt Schwesigs Amtsvorgänger Erwin Sellering (SPD) ins Spiel, heute der amtlich berufene Stiftungsvorstand. Er hat jetzt ein Rechtsgutachten veröffentlicht, das die von Schwesig verlangte Auflösung der Stiftung ablehnt. Die von der Landesregierung gegründete und mit 200000 Euro öffentlichen Mitteln sowie 20 Millionen Euro von Gazprom ausgestattete „Stiftung bürgerlichen Rechts“ gehöre nicht dem Stifter, sondern nur sich selbst, heißt es darin. Das Gasgeschäft sei nur ein Nebenzweck gewesen, der Hauptzweck – die Finanzierung von Umweltschutzmaßnahmen – bleibe möglich.

Es sieht nun so aus, als sei Sellering zum Gegenspieler von Schwesig geworden. Doch das muss nicht so sein. Vielmehr dient der Rückzug aufs private Stiftungsrecht zugleich der Transparenzverweigerung: Anders als Behörden dürfen Private grundsätzlich schweigen, wenn Parlamente oder Presse sie befragen.

Und Sellering schweigt. „Frag den Staat“ verklagt ihn gerade. Denn auf seine Weise findet nach der Umgehung der US-Sanktionen mit der Stiftungskonstruktion eine zweite Umgehung statt: Die der öffentlich-rechtlichen Auskunftspflicht.

Schwesig und ihr Amtsvorgänger bilden ein Informationsverhinderungskartell

Solange Schwesig diesen Zustand hinnimmt, bildet sie mit Sellering eine Art Informationsverhinderungskartell. Als Stifterin könnte sie ihn stattdessen auffordern, alles auf den Tisch zu legen, was in der Vergangenheit zugunsten von Nord Stream 2 veranstaltet wurde. Weigert sich der Vorstand, könnte die Ministerpräsidentin erwägen, ihn abzuberufen.

Unterlässt sie dies alles, bleibt der Verdacht, sie sei an Aufklärung nur eingeschränkt interessiert. Gleiches gilt für die SPD, deren Mitglieder beide Protagonisten sind. Sie könnte darauf hinwirken, dass Klarheit herrscht. Sie hat es mitzuverantworten, was passiert, wenn der Staat, wie hier, in die Trickkiste greift.

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