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Emmanuel Macron bei seiner Rede vor den Champs Elysees

© REUTERS/Ludovic Marin

Update

Macron bei Gedenkfeier in Paris: „Patriotismus ist genau das Gegenteil von Nationalismus“

Der französische Präsident richtet am 100. Jahrestag des Waffenstillstands im Ersten Weltkrieg einen eindringlichen Aufruf an die Staats- und Regierungschefs.

Am Pariser Triumphbogen fanden heute die Feierlichkeiten zum 100. Jahrestag des Waffenstillstands im Ersten Weltkrieg statt. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron traf dort am Samstag bei strömendem Regen an der Seite von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ein. Zusammen mit den Vertretern von rund 70 Staaten sowie internationalen Organisationen begaben sie sich auf eine Tribüne am Triumphbogen.

Auch US-Präsident Donald Trump traf dort ein. Er schüttelte Merkel und Macron die Hand, bevor er sich rechts von Merkel auf die Tribüne stellte. Neben Trump stand seine Frau Melania. Beim Eintreffen des US-Konvois hatten zwei mutmaßliche Femen-Aktivistinnen mit nackten Brüsten versucht, Trumps Ankunft zu stören. Sie wurden von Sicherheitskräften in Gewahrsam genommen.

Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron hat beim Pariser Weltkriegsgedenken vor Bedrohungen für den Frieden gewarnt. „Die alten Dämonen steigen wieder auf - bereit, ihr Werk von Chaos und Tod zu vollenden“, sagte Macron am Sonntag bei der Feier zum 100. Jahrestag des Waffenstillstands im Ersten Weltkrieg. Macron rief die versammelten Staats- und Regierungschefs eindringlich auf, für Frieden und eine bessere Welt zu kämpfen.

Macron: „In diesen vier Jahren hat sich Europa fast umgebracht“

Als konkrete Bedrohungen nannte er die Klimaerwärmung, Armut, Hunger und Ungleichheiten. Rückzug auf sich selbst, Gewalt und Beherrschung seien keine Lösung. „Patriotismus ist genau das Gegenteil von Nationalismus“, sagte der 40 Jahre alte Staatschef.

Macron blickte auch länger auf den blutigen Konflikt zurück, der von 1914 bis 1918 dauerte und Millionen Todesopfer forderte. „In diesen vier Jahren hat sich Europa fast umgebracht“, sagte er mit Blick auf den Ersten Weltkrieg.

Manchmal scheint es, als nehme die Geschichte wieder ihren tragischen Verlauf hin zu einer Bedrohung des Friedens, sagte Macron. „Neue Ideologien“ würden Religionen beeinflussen.

Macron bekannte sich ausdrücklich zur deutsch-französischen Freundschaft, zur Europäischen Union und den Vereinten Nationen. An der Feier mit mehr als 60 Staats- und Regierungschefs nahmen auch Kanzlerin Angela Merkel und die Präsidenten Russlands und der USA, Wladimir Putin und Donald Trump, teil.

Gerade das Treffen mit US-Präsident Trump hatte für Macron jedoch nicht gut begonnen: Der französische Präsident hatte vorgeschlagen, eine eigene europäische Armee zu gründen - was Trump als "sehr beleidigend" kritisiert hatte. In Paris waren beide um Entspannung bemüht.

Das Verhältnis zwischen Trump und Macron ist nicht mehr so herzlich

Der Elysée-Palast räumte am Samstag ein, dass Macrons Äußerungen Verwirrung ausgelöst haben könnten. Er habe aber nie gesagt, dass eine europäische Armee gegen die USA nötig sei. Macron hatte in dem Interview unter anderem auf Cyberbedrohungen verwiesen.

Bei dem Treffen mit Trump sagte Macron zu, sich für höhere Verteidigungsausgaben der europäischen Nato-Länder einzusetzen. Europa könne "einen größeren Teil der gemeinsamen Lasten in der Nato tragen". Trump sagte, er schätze Macrons Einsatz für eine bessere Lastenteilung in der Nato. "Wir wollen ein starkes Europa", fügte Trump mit ernstem Gesicht hinzu. Trump wirft Nato-Staaten wie Deutschland immer wieder vor, nicht genug zur Finanzierung der Allianz beizutragen.

Einen so herzlichen Eindruck wie bei früheren Begegnungen machten Macron und Trump nicht. Streitthemen wie das Iran-Abkommen oder der Klimaschutz hatten das Verhältnis zuletzt deutlich abgekühlt. Beide bemühten sich bei dem Vier-Augen-Gespräch aber um freundschaftliche Gesten: Bei der Begrüßung am Elysée-Palast zeigten beide Präsidenten mit dem Daumen nach oben, Macron legte bei dem Gespräch seine Hand auf Trumps Knie. Trump sagte, Macron und er seien "sehr gute Freunde".

In einem Interview im US-Fernsehsender CNN wiederholte Macron am Sonntag seine Haltung zur Nato. Die Europäer sollten mit höheren Verteidigungsausgaben aber keine "amerikanischen Waffen kaufen", sagte er. Es müsse stattdessen darum gehen, "unsere Autonomie zu stärken". Zu Trumps Tweet wollte sich Macron nicht äußern. Er ziehe "direkte Gespräche" immer einer "Diplomatie über Tweets" vor.

Macron gedenkt am Grabmal des unbekannten Soldaten

Im Gedenken an die Soldaten, die im Ersten Weltkrieg für Frankreich gefallen sind, fachte Macron die Ewige Flamme unter dem Pariser Triumphbogen symbolisch neu an. Das Feuer war 1923 zum ersten Mal entzündet worden und gehört zu einem Grabmal, in dem 1921 der Leichnam eines nicht identifizierten Gefallenen bestattet wurde. Das sogenannte Grabmal des unbekannten Soldaten soll an die rund 1,4 Millionen französischen Soldaten erinnern, die im Ersten Weltkrieg getötet wurden oder verschollen sind.

Unter den Gästen waren auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und der kanadische Regierungschef Justin Trudeau. Als einer der letzten traf der russische Staatschef Wladimir Putin ein. Er schüttelte Merkel, Macron und Trump die Hand.

Zu Beginn der Zeremonie läuteten ab 11 Uhr die Glocken der Kathedrale Notre Dame, wie auch die von Kirchen in ganz Frankreich - wie auch am 11. November 1918, als damit der Waffenstillstand im ganzen Land verkündet wurde. Rund 10.000 Polizisten sichern die Gedenkfeierlichkeiten ab. (AFP, dpa)

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