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Der venezolanische Oppositionschef Juan Guaidó spricht in Caracas vor seinen Anhängern.

© dpa

Machtkampf in Venezuela: Europäer stützen Guaidó und setzen auf Neuwahlen

Zahlreiche EU-Staaten erkennen den venezolanischen Oppositionschef Juan Guaidó an - und setzen jetzt auf eine Doppelstrategie.

Die Antwort in Berlin, Paris und weiteren Hauptstädten der EU auf den sozialistischen Präsidenten Venezuelas, Nicolas Maduro, war gut koordiniert. Bis Montag um 0 Uhr hätte Maduro Zeit gehabt, um dem Wunsch der Regierungen in Deutschland, Frankreich und anderer EU-Länder nachzukommen, demnächst Präsidentschaftswahlen abzuhalten.

Da Maduro das Ultimatum aber verstreichen ließ, gab das Außenamt in Berlin am Montag um 11.36 Uhr bekannt, dass Deutschland den bisherigen Oppositionsführer Juan Guaidó als Übergangspräsidenten Venezuelas anerkenne.

Russland ist empört

Eine knappe Stunde zuvor hatte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bereits getwittert, dass sein Land ebenfalls Guaidó anerkenne, damit der 35-jährige Hoffnungsträger Präsidentschaftswahlen abhalten könne.

Seit Montag kann Guaidó also auf die Unterstützung zahlreicher EU-Staaten zählen. Zu den Ländern, die Venezuelas Oppositionsführer im Machtkampf mit Maduro als Interims-Staatschef anerkennen, gehören auch Spanien, Großbritannien, Schweden, Dänemark, Österreich, die Niederlande und Portugal.

Guaidó hatte sich Ende Januar zum Interimsstaatschef erklärt und damit die Macht Maduros offen in Frage gestellt. Während die USA Guaidó unterstützen, sind Russland und China Verbündete Maduros.

Russland sieht denn auch in der Unterstützung vieler EU-Staaten für Guaidó eine Einmischung in die inneren Angelegenheit Venezuelas. Der Agentur Interfax zufolge erklärte der Chef der Lateinamerika-Abteilung des russischen Außenministeriums, Alexander Shchetinin, dass sich die internationale Gemeinschaft der wirtschaftlichen und sozialen Probleme des lateinamerikanischen Landes annehmen solle, anstatt eine „destruktive Einmischung“ von außen zu betreiben.

Trump erwägt weiter Militäroption

Dabei dürfte der russische Außenamts-Vertreter in erster Linie an US-Präsident Donald Trump gedacht haben. Der hatte in einem Interview mit dem Sender CBS gesagt, dass die Entsendung von Militär nach Venezuela eine Option sei.

Die Bundesregierung setzt hingegen auf eine Verhandlungslösung. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte bereits am vergangenen Freitag erklärt, man wolle „einen Beitrag dazu leisten, dass es zu keiner Eskalation kommt“.

Vor allem im Gesundheitsbereich ist die Lage dramatisch

In dieser Lage setzen jene EU-Staaten, die seit Montag in Guaidó ihren Ansprechpartner an der venezolanischen Staatsspitze sehen, auf eine Doppelstrategie: Einerseits wollen die EU-Staaten die humanitäre Lage in Venezuela stabilisieren. Frankreichs Außenminister Jean-Yves Le Drian erklärte, dass Venezuela „ausgeblutet“ sei. Er verwies dabei auf die zahlreichen Flüchtlinge, die Unterdrückung der Opposition und die astronomische Inflation.

Sein deutscher Amtskollege Heiko Maas (SPD) kündigte an, dass die Bundesregierung fünf Millionen Euro für humanitäre Hilfe zur Verfügung stellen werde, sobald die politischen Rahmenbedingungen in Venezuela dies zulassen.

Der spanische Regierungschef Pedro Sánchez erklärte, dass sein Land eine führende Rolle bei der Hilfe der Europäischen Union und der Vereinten Nationen spielen wolle. Besonders im Gesundheitsbereich ist die Situation in Venezuela inzwischen dramatisch.

Auch die Maduro-Anhänger einbinden

Neben der Verbesserung der humanitären Lage geht es den EU-Staaten, die Guaidó unterstützen, zum anderen um möglichst rasche Präsidentschaftswahlen. Dabei sollen alle politischen Kräfte in dem lateinamerikanischen Land eingebunden werden – auch die Unterstützer Maduros.

Dieses Ziel verfolgt eine internationale Kontaktgruppe der EU und lateinamerikanischer Staaten, die sich am kommenden Donnerstag in Uruguays Hauptstadt Montevideo treffen will. Deutschland ist Mitglied der Kontaktgruppe.

Maduro will keine Präsidentschaftswahlen

Auch Maduro hat im Grundsatz nichts gegen den Plan, dass eine Kontaktgruppe eine politische Brücke zur Opposition schlagen soll. Allzu große Zugeständnisse sind von dem Sozialisten allerdings wohl nicht zu erwarten.

Schließlich hatte er noch am Sonntag, kurz vor Ablauf des Ultimatums der EU-Staaten, den Europäern eine harsche Absage erteilt. Dem spanischen Sender „La Sexta“ sagte er, dass er angesichts des „Drucks“ der Europäer keine „Feigheit“ zeigen werde.

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