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Kämpfer der Taliban.

© AFP

Machtkampf bei den Taliban: Das Erbe von Mullah Omar

Die Taliban haben einen neuen Führer gekürt. Vom ihrem internen Machtkampf könnte jetzt der "Islamische Staat" profitieren.

Angeblich ist er ein gewiefter Verhandler und Befürworter von Friedensgesprächen mit Kabul. Die Rede ist von Mullah Akhtar Mohammed Mansur, der nur einen Tag nach Berichten über den Tod von Anführer Mullah Omar zum Anführer der Taliban ernannt worden ist. Wie ein führender Taliban aus der südafghanischen Stadt Kandahar sagte, wurde der bisherige Vize vom Rat der afghanischen Taliban zum Nachfolger von Omar ernannt. Zudem bestätigten die Taliban dessen Tod. „Mullah Omar starb vor einiger Zeit an einer Krankheit“, hieß es in einer offiziellen Erklärung.

Seit geraumer Zeit fungiert Mansur schon länger als De-facto- Chef. Unklar ist aber, ob er die Loyalität aller Taliban-Gruppen genießt. Auch Mullah Omars Sohn, der 26-jährige Mullah Yakoub, soll sich um den Topjob beworben haben. Mansur, der während des Taliban-Regimes Minister für zivile Luftfahrt war, soll Gespräche mit der afghanischen Regierung befürworten, was andere Taliban-Führer ablehnen. Zu seinem Stellvertreter wurde Sirajuddin Haqqani vom gefürchteten Haqqani-Netzwerk gewählt. Mit der Bestätigung von Omars Tod gaben die Taliban zumindest indirekt zu, ihre Kämpfer über Jahre angelogen und den Tod des „Führers aller Gläubigen“, wie sich Mullah Omar titulierte, geheim gehalten zu haben. Zuvor hatten die USA die Informationen der afghanischen Regierung als „glaubwürdig“ bestätigt, dass Omar schon seit zwei, drei Jahren tot ist.

Überlaufen zum IS

Wirklich überraschend war die Nachricht nicht – das letzte echte Lebenszeichen von Omar, eine Audiobotschaft, stammt aus dem Jahr 2007. Doch Omars „offizieller“ Tod könnte weitreichende Folgen haben – und die Taliban in eine Krise stürzen. Der große Gewinner könnte der „Islamische Staat“ (IS) sein, der in Afghanistan Fuß zu fassen sucht. Enttäuscht über den Betrug ihrer Spitze könnten Militante vermehrt zum IS überlaufen. Bereits zuletzt liefen Taliban- Kommandeure zu Daesh, wie der IS am Hindukusch genannt wird, über. Ein Erstarken des IS würde die Chancen mindern, den seit über einem Jahrzehnt währenden Krieg am Hindukusch endlich am Verhandlungstisch zu beenden.

Unklar war zunächst, wie es mit den am 7. Juli begonnenen Gesprächen zwischen Taliban und afghanischer Regierung weitergeht. Eine für Freitag geplante zweite Runde der Gespräche sei auf Wunsch der Taliban-Führung vertagt worden, hieß es aus dem pakistanischen Außenministerium. Ein neuer Termin wurde nicht genannt. Die Zeitung „Express Tribune“ berichtete allerdings, mehrere Taliban-Vertreter seien am Donnerstag in Islamabad eingetroffen, um an Gesprächen teilzunehmen.

Die widersprüchlichen Angaben deuten auf Zerwürfnisse innerhalb der Militanten hin. Ohnehin dürfte der Machtkampf längst noch nicht ausgestanden sein. Mullah Omar war eine fast übermenschliche Führungsfigur, die die Militanten hinter sich einte. Es ist mehr als fraglich, ob der neue Führer Mansur eine ähnliche Autorität und eine ähnliche Ausstrahlung haben wird. Experten spekulieren vielmehr, dass die Taliban zersplittern könnten.

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