zum Hauptinhalt
Björn Höcke beim Wahlkampf in Cottbus.

© REUTERS / Hannibal Hanschke

Machtkampf bei den Rechtspopulisten: Höcke hat seinen Gegnern in der AfD einen Gefallen getan

Höcke hat den vergleichsweise gemäßigten AfD-Funktionären einen Anlass zum Angriff geliefert. Grund zur Freude gibt es für sie trotzdem nicht. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Maria Fiedler

Eigentlich hatten sie in der AfD geglaubt, nach dem Austritt von Ex-Chefin Frauke Petry die Zeiten öffentlicher Schlammschlachten hinter sich gelassen zu haben. Doch jetzt wird in der Partei so heftig wie schon lange nicht mehr darüber gestritten, welche Rolle der vom Verfassungsschutz beobachtete „Flügel“ um Björn Höcke spielen soll.

Vergleichsweise gemäßigte Vertreter der Partei sind natürlich schon ewig genervt von dem Rechtsaußen. Sie glauben, dass er mit seinen Tabubrüchen Stimmen kostet und als Argument gegen die AfD dient. Doch gemeinsam und öffentlichkeitswirksam aufbegehrt haben sie gegen Höcke und seinen „Flügel“ nicht. Besonders im Jahr der Landtagswahlen im Osten meinte man, ihn nicht ohne konkreten Anlass angreifen zu können.

Der „Flügel“ als Mehrheitsbeschaffer auf Parteitagen

Beim Kyffhäuser-Treffen des „Flügels“ gab es nun aber einen befremdlichen Personenkult um Höcke. Zudem attackierte er seine parteiinternen Gegner scharf. Damit lieferte er den Gemäßigten den Grund für den Angriff. Mehr als 100 von ihnen wiesen Höcke in die Schranken. Der Rechtsaußen hat seinen Gegnern, zu denen der Berliner Landeschef Georg Pazderski zählt, quasi einen Gefallen getan.

Für die AfD ist das auf den ersten Blick praktisch. Indem man Höcke anprangert, kann sich der gesamte Rest der Partei als bürgerlich-konservativ darstellen. Aber zur Wahrheit gehört auch: Der „Appell der 100“ enthält keinen Angriff auf Höckes völkisch-nationalistische Positionen – sondern nur auf sein Verhalten. Und die Fraktionsvorsitzende Alice Weidel unterschrieb genauso wenig wie Parteichefs Jörg Meuthen und Alexander Gauland. Das zeigt schon das Problem der AfD-Führung. Der radikale „Flügel“ stellt zwar nicht mehr als 20 bis 30 Prozent der Mitglieder, ist aber straff organisiert – und deshalb ein wichtiger Mehrheitsbeschaffer auf Parteitagen. Auch Meuthen, Gauland und Weidel haben vom „Flügel“ profitiert.

Meuthen von eigenem Ortsverband abgestraft

Lange, womöglich zu lange, haben sie ihn ungehindert machen lassen. Laut „Spiegel“ gab es sogar einen Nichtangriffspakt zwischen Höcke und Weidel – was letztere bestreitet. Der „Flügel“ gibt mittlerweile nicht mehr nur im Osten, sondern auch in mehreren West-Bundesländern den Ton an.

Höcke mag in die Defensive geraten sein. Sein „Flügel“ ist aber alles andere als marginalisiert. Parteichef Meuthen, der Höcke für seinen Auftritt beim Kyffhäuser-Treffen zumindest kritisierte, bekam das schon zu spüren. Der Parteichef wurde laut ARD-Hauptstadtstudio von seinem eigenen Ortsverband nicht zum Delegierten für den nächsten Bundesparteitag gewählt – dafür mehrere „Flügel“-Anhänger. Wenn sich jetzt also die selbst ernannten „Bürgerlich-Konservativen“ in der AfD über ihren gelungenen Angriff auf Höcke freuen, ist das womöglich naiv.

Zur Startseite