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Carola Rackete bei ihrer Festnahme in Lampedusa

© Guglielmo Mangiapane/REUTERS

Maas kritisiert Festnahme deutscher Kapitänin: „Seenotrettung darf nicht kriminalisiert werden“

Deutschlands Außenminister hat sich auf die Seite der „Sea-Watch“-Kapitänin gestellt. Die italienischen Behörden dürften sie nicht kriminalisieren.

Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) hat die Festnahme der deutschen Kapitänin des Flüchtlings-Rettungsschiffs „Sea-Watch 3“, Carola Rackete, in Italien kritisiert. „Seenotrettung darf nicht kriminalisiert werden“, twitterte Maas am Samstag. Vor dem Hintergrund, dass Menschenleben zu retten eine „humanitäre Verpflichtung“ sei, müsse die italienische Justiz die Vorwürfe nun schnell klären.

Rackete wurde am Samstag festgenommen und unter Hausarrest gestellt, nachdem sie die „Sea-Watch 3“ entgegen des ausdrücklichen Verbots der Behörden in den Hafen der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa gesteuert hatte. Ihr werden unter anderem Beihilfe zur illegalen Einwanderung sowie die Verletzung italienischer Hoheitsgewässer vorgeworfen. Italienischen Medienberichten zufolge drohen ihr bis zu zehn Jahre Haft.

Die "Sea-Watch 3" hatte am 12. Juni 53 Menschen vor der Küste Libyens gerettet. 13 von ihnen waren zwischenzeitlich an Land gebracht worden, die übrigen verließen am Samstagmorgen das Schiff und wurden in das Aufnahmelager auf Lampedusa gebracht.

Fünf europäische Länder, darunter Deutschland, hatten bereits am Freitag zugesagt, Flüchtlinge von Bord des Schiffes aufzunehmen. Dennoch hatte die italienische Regierung weiterhin keine Genehmigung zum Anlegen erteilt und erklärt, auf "gesicherte Garantien" zu warten.

Salvini spricht von „Kriminellen“

Für Innenminister Salvini ist die Aktion der Beweis, dass es sich bei den Seenotrettern um „Kriminelle“ handelt. „Sie haben die Maske abgelegt: Das sind Verbrecher“, sagte Salvini - und ging so weit, den Seenotrettern vorzuwerfen, den Tod der italienischen Ordnungskräfte riskiert zu haben. „Es ist schön, dass sie sagen, wir retten Leben, (dabei) haben sie fast Menschen getötet, die ihre Arbeit gemacht haben.“

Auch die Grünen kritisierten Italien. Es sei eine „Sprachverdrehung orwell'schen Ausmaßes“, wenn Italiens Innenminister Rackete „Unterstützung von Menschenhändlern“ und Piraterie vorwerfe, sagte Grünen-Chef Robert Habeck dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Sonntag). „Der eigentliche Skandal ist das Ertrinken im Mittelmeer, sind die fehlenden legalen Fluchtwege und ein fehlender Verteilmechanismus in Europa.“

Die Europaabgeordnete der Linken, Özlem Demirel, erklärte: „Carola Rackete gehört nicht hinter Gitter, sondern verdient einen Orden für ihre Courage und Menschlichkeit.“ Der Parteivorstand der Linken forderte die Bundesregierung auf, die Geretteten in Deutschland aufzunehmen. „Es darf keine Rückführungen nach Libyen geben“, erklärte die Partei.

„Schande für Europa“

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, nannte Racketes Festnahme „eine Schande für Europa“. „Eine junge Frau wird in einem europäischen Land verhaftet, weil sie Menschenleben gerettet hat und die geretteten Menschen sicher an Land bringen will“, erklärte der Landesbischof. Dies mache ihn traurig und zornig.

Wie es langfristig für Sea-Watch weitergeht, ist unklar. Vorerst wird die Organisation ihr Rettungsschiff verlieren - nicht das erste Mal. Am Samstag wurde es aus dem Hafen von Lampedusa gefahren und sollte Salvini zufolge in einen anderen Hafen gebracht werden. Gegen die Kapitänin, die nun Star und Feindbild zugleich ist, wird wegen Beihilfe zur illegalen Einwanderung und Verletzung des Seerechts ermittelt.

Die Staatsanwaltschaft in Agrigent wirft ihr der Nachrichtenagentur Ansa zufolge auch Widerstand gegen die Staatsgewalt vor. Das könnte mit mehreren Jahren Haft bestraft werden. Für die 31-Jährige sei Hausarrest angeordnet worden, berichtete Ansa. (AFP/dpa)

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