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Dieses Bild von Alexander Lukaschenko in Uniform wurde am Samstag im Staatsfernsehen verbreitet.

© imago images/Russian Look

Update

Lukaschenko landet mit Hubschrauber auf seinem Palast: Machthaber bewaffnet sich und trägt schusssichere Weste

"Uchodi!" - Hau' ab!, das ist die Botschaft der Menschen an Lukaschenko. Die Nato weist dessen Vorwürfe zurück, Truppen an Belarus' Grenze zu stationieren.

Nach den Massenprotesten in Minsk gegen Staatschef Alexander Lukaschenko ist ein Hubschrauber an seinem Präsidentenpalast gelandet. Das war auf mehreren Videos im Nachrichtenkanal Telegram am Sonntagabend zu sehen. Das Staatsfernsehen zeigte dort, wie Lukaschenko mit einer Kalaschnikow-Maschinenpistole in der Hand mit schusssicherer Weste den Hubschrauber verließ und zum Palast ging.

Oppositionsnahe Quellen im Nachrichtenkanal Telegram hoben hervor, dass in der Waffe kein Magazin gewesen sei.

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Ein weiteres Video zeigt Lukaschenko in kugelsicherer Weste in einem Hubschrauber, der über Minsk fliegt. Er schaut aus dem Fenster, auf die leeren Straßen, auf denen keine Demonstrierenden zu sehen sind. „Davongelaufen wie die Ratten“, kommentiert er. Das Video soll von einem regierungstreuen Telegram Kanal in Umlauf gebracht worden sein. „Wo sind die?“, fragt jemand. „Alle abgehauen“, antwortet Lukaschenko und lacht.

Der Palast der Unabhängigkeit, wie er offiziell heißt, glich einer Festung. An den Zufahrten waren gepanzerte Fahrzeuge zu sehen und Einheiten mit Sicherheitskräften. Sie sollten verhindern, dass die wütende Menge den Palast stürmt. Dort hatten sich auch Menschen versammelt.

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Martialisch sollte dieser Auftritt von Lukaschenko wohl sein: Er inszenierte sich als starker Mann, der sein Land vor dem Zerfall rettet, den die Demonstranten mit ihren wochenlang andauernden Protesten provozieren würden. Schon im Vorfeld hatte er die Demonstranten als aus dem Ausland gesteuerte Drogenabhängige oder Provokateure diffamiert.

Und so fügen sich die Bilder, die wohl von einem regierungstreuen Telegram Kanal stammen, in diese Erzählung ein: Lukaschenko fliegt im Helikopter über Minsk, die Straßen sind leer. Als habe es die Massendemonstrationen nicht gegeben.

Zuvor war in sozialen Netzwerken spekuliert worden, ob er sich in Sicherheit bringen lassen wolle wegen der Proteste. Starke Sicherheitskräfte schützten die Zufahrtsstraßen zum Palast mit Militärfahrzeugen. Zwei Wochen nach der umstrittenen Präsidentenwahl haben nach Schätzungen bis zu 200.000 Menschen an diesem Sonntag gegen Staatschef Alexander Lukaschenko demonstriert. Auf dem Unabhängigkeitsplatz in Minsk kamen am Nachmittag Bürger aller Schichten aus allen Teilen der Hauptstadt zusammen - trotz massiver Drohungen des Machtapparats. Sie riefen: „Uchodi!“ - zu Deutsch: Hau ab!

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Viele Bürger in Belarus betonen seit Wochen, dass sie keine Angst mehr hätten vor „Europas letztem Diktator“. In lokalen Online-Medien wurden Videos veröffentlicht, die Polizisten in Kampfmontur und mit Wasserkanonen zeigten. Diese rückten offensichtlich Richtung Unabhängigkeitsplatz vor. In Telegramkanälen war außerdem die Rede davon, dass Soldaten mit Kalaschnikow-Sturmgewehren bewaffnet seien, was noch nie zuvor bei Kundgebungen der Opposition der Fall gewesen sei. Eine unabhängige Überprüfung ist derzeit nicht möglich.

Soldaten mit Sturmgewehren.
Soldaten mit Sturmgewehren.

© Telegram TUT.BY

Weil die Sicherheitskräfte viele Metrostationen sperrten, machten sich große Menschengruppen zu Fuß auf den Weg. Die Polizei warnte in Lautsprecherdurchsagen vor der Teilnahme an der ungenehmigten Kundgebung. Es handelt sich um friedliche Proteste. Im Anschluss war auch ein Marsch der Freiheit für ein neues Belarus geplant. Bei einer Großdemonstration mit einem Protestzug am vergangenen Sonntag waren Hunderttausende zusammengekommen.

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„Die Durchführung von Massenveranstaltungen ist illegal, für die Teilnahme ist vorgesehen, Sie zur Verantwortung zu ziehen“, teilte das Innenministerium mit. Generalmajor Iwan Kubrakow von der städtischen Miliz, wie die Polizei in Belarus genannt wird, warnte in einer Videobotschaft, es bestehe die Gefahr einer Provokation. Die Menschen sollten sich fernhalten von dem Platz. Staatschef Lukaschenko hatte mit „hartem Durchgreifen“ gedroht, um die Ex-Sowjetrepublik wieder zur Ruhe zu bringen.

Das Verteidigungsministerium warnte in einer Mitteilung: „Falls es Störungen der Ordnung oder Unruhen auf diesen Plätzen geben sollte, werden Sie es schon nicht mehr mit der Miliz zu tun bekommen, sondern mit der Armee“. Lukaschenko hatte immer wieder damit gedroht, notfalls auch die Armee zur Sicherung seiner Macht einzusetzen. Bei dem Besuch einer Militärbasis in Grodno am Samstag setzte er die Armee in Alarmbereitschaft.

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Dabei erneuerte er seinen Vorwurf, dass die Proteste gegen ihn „von außen gesteuert seien“. „Ich erteile dem Verteidigungsministerium die Anweisung, die striktesten Maßnahmen zu ergreifen, um die territoriale Integrität unseres Landes zu verteidigen“, erklärte der Staatschef nach Angaben seines Büros. Nato-Truppen in Polen und Litauen seien entlang der Grenze zu Belarus "ernsthaft in Bewegung“, sagte Lukaschenko weiter.

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Diese Angaben wurden von der Nato als „haltlos“ zurückgewiesen. „Wie wir bereits klargemacht haben, stellt die Nato keine Bedrohung für Belarus oder irgendein anderes Land dar“, erklärte Nato-Sprecherin Oana Lungescu am Samstagabend in Brüssel. Eine „militärische Verstärkung in der Region" finde nicht statt. Die Regierung in Minsk rief die Nato-Sprecherin - offenbar mit Blick auf die seit der umstrittenen Präsidentenwahl vor zwei Wochen anhaltenden Demonstrationen - zur „uneingeschränkten Achtung“ der Grundrechte auf.

Als Zeichen der Solidarität soll es am Abend in Litauen eine Menschenkette von der Hauptstadt Vilnius bis zur belarussischen Grenze geben. Die Veranstalter erwarten bis zu 50.000 Menschen. Kleinere Menschenketten sind auch in Lettland, Estland und Tschechien geplant.

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In Litauen hält sich auch die Oppositionskandidatin Swetlana Tichanowskaja auf, die ihre Landsleute aufrief, in ihren Protesten nicht nachzulassen. Sie sei „stolz auf die Belarussen, weil diese jetzt nach 26 Jahren der Angst bereit sind, ihre Rechte zu verteidigen“, sagte sie der Nachrichtenagentur AFP. „Wir sind das Volk von Belarus und wir sind eine Mehrheit und werden nicht zurückweichen. Wir haben keine Angst mehr vor ihnen.“

Oppositionskandidatin Swetlana Tichanowskaja richtet sich aus dem Exil an die Demonstrierenden

Erneut sprach sich die 37-Jährige für einen Dialog zwischen Lukaschenko und seinen Gegnern aus: „Ich denke, er hat keine Wahl.“ Der Dialog müsse so bald wie möglich beginnen, um die Krise nicht noch zu verschärfen. Zu Lukaschenkos Äußerungen über eine Bedrohung von außen sagte Tichanowskaja, damit solle nur von den inneren Problemen des Landes abgelenkt werden.

Ähnlich äußerten sich Polen und Litauen: Die Regierung in Warschau nannte Lukaschenkos Aussagen „Regime-Propaganda“. Litauens Präsident Gitanas Nauseda sprach von „völlig haltlosen Aussagen über imaginäre äußere Bedrohungen“. „Das Regime in Minsk versucht um jeden Preis, die Aufmerksamkeit von den inneren Problemen des Landes abzulenken“, erklärte der Staatschef gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Das litauische Außenministerium kündigte zugleich für die kommende Woche einen Besuch von US-Außenstaatssekretär Stephen Biegun in Litauen und Russland an, um über die Situation in Belarus zu sprechen. (Tsp,AFP,dpa)

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