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Luftangriff: Untersuchungsausschuss befasst sich mit Kundus-Affäre

Was wusste der Verteidigungsminister wann über die Bombardierung in Kundus? Ab heute befasst sich ein Untersuchungsausschuss mit der Affäre.

Noch vor Beginn des Untersuchungsausschusses zu dem Bombardement zweier Tanklastzüge in Kundus wächst der Erklärungsdruck auf Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU). Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung verteidigte zu Guttenberg den Angriff zu einem Zeitpunkt, als ihm schon Berichte vorlagen, die das Bombardement rügten.

Ein jetzt bekannt gewordenes Papier des Einsatz-Führungsstabes des Verteidigungsministeriums unterstreicht dem Bericht zufolge die von der Nato festgestellten Fehler des deutschen Kommandeurs, der den Luftschlag vom 4. September angeordnet hatte. Bei diesem wurden nach Nato-Angaben bis zu 142 Menschen getötet. Dieses Papier, in dem der geheime Nato-Untersuchungsbericht vom Einsatzführungsstab analysiert werde, trage das Datum vom 3. November. Am 6. November hatte zu Guttenberg den Anschlag vor der Presse gleichwohl als "militärisch angemessen" und sogar zwingend bezeichnet.

Später revidierte zu Guttenberg seine Einschätzung. Mit der Begründung, ihm seien Informationen vorenthalten worden, entließ er jedoch Staatssekretär Peter Wichert und Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhahn.

Zwar wird auch in dem Papier der Einsatz mehrfach als "militärisch angemessen" bezeichnet. Dennoch bleibe es unverständlich, was zu Guttenberg angesichts der dort ebenfalls angeführten Fehler veranlasste, den Einsatz als unvermeidlich darzustellen, schreibt die Zeitung.

So gehe aus dem Papier eindeutig hervor, dass der Luftschlag keineswegs nur die Zerstörung von zwei Tanklastern zum Ziel gehabt habe, sondern dass der verantwortliche deutsche Oberst auch die Taliban habe treffen wollen. Deutlich werde auch, dass Oberst Georg Klein die US-Kampfpiloten, die den Anschlag ausführten, falsch informiert habe, um das Bombardement zu erzwingen.

Zu all diesen Fragen wird der Verteidigungsminister nun im Untersuchungsausschuss Stellung nehmen müssen. In den ersten drei Sitzungswochen sollen allerdings zunächst die Details zu dem Luftangriff untersucht werden, und erst danach die politische Kommunikation. Darauf hatten sich Union und SPD am Mittwochabend verständigt. Zu Guttenberg wird nach Medieninformationen deshalb frühestens Anfang März im Untersuchungsausschuss aussagen.

"Wir haben uns nach einer mühsamen Prozedur auf ein Verfahren geeinigt", bestätigte der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Arnold, der Mitteldeutschen Zeitung aus Halle. Vor dem Ausschuss aussagen soll unter anderem auch der frühere Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU).

Die SPD hatte zuvor die frühzeitige Vernehmung hochrangiger Zeugen gefordert und angekündigt, dies notfalls per Gericht durchsetzen zu wollen. Union und FDP wollten dagegen zunächst niedrigrangigere Zeugen vernehmen.

Aus Sicht der Union zeichnet sich schon jetzt ab, dass die Arbeit des Ausschusses mühsam werden dürfte. "Es ist bereits in den interfraktionellen Gremien klar geworden, dass die Opposition nicht an einer sachlichen Aufklärung interessiert ist, sondern an politischem Klamauk", sagte der verteidigungspolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Ernst-Reinhard Beck, der dpa.

Beck kritisierte, dass die Opposition betone, die Fakten seien klar, alles Wesentliche stehe in dem Nato-Untersuchungsbericht zu dem Luftschlag. "Ihr geht es nur um die Promis wie Guttenberg und Bundeskanzlerin Angela Merkel." Wenn man schon vor dem Start das Urteil fälle, die Regierung habe gelogen, sei das äußerst fragwürdig, sagte Beck und betonte: "Die Ausgangspositionen für den Ausschuss sind denkbar ungünstig." Die Union drängt ihrerseits darauf, dass auch der frühere Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) vor dem Ausschuss aussagen muss.

Dem Ausschuss liegen 100 Beweisanträge vor, 40 Zeugen aus Politik und Bundeswehr sollen geladen werden. Seine Arbeit wird mindestens ein Jahr dauern.

Quelle: ZEIT ONLINE, dpa, Reuters, AFP

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