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US-Justizminister William Barr.

© Clodagh Kilcoyne/Reuters

Lügen-Vorwürfe gegen Barr: Ein Justizminister, der sich als Trumps Anwalt versteht

Barrs Umgang mit dem Mueller-Bericht empört die Opposition. Eigentlich galt der Justizminister nicht als Trump-Jünger. Inzwischen hat sich das geändert.

Da steht der Stuhl, ganz alleine, mit Blick auf die etwas erhöhte Reihe der Abgeordneten. Alle Kameras sind auf diesen Platz gerichtet, an dem das Schild mit der Aufschrift „The Honorable William P. Barr“ steht. „Ehrenwert“ ist ein amerikanischer Ehrentitel für Richter oder hohe Regierungsmitglieder. Doch der Stuhl bleibt an diesem Donnerstag leer. Und jenen, der sich geweigert hat, darauf Platz zu nehmen, halten viele nach dieser Woche auch nicht mehr für einen ehrenwerten Mann.

William Barr, seit dem 14. Februar Justizminister im Kabinett von US-Präsident Donald Trump, war vom Justizausschuss des Repräsentantenhauses vorgeladen worden, um zu dem Bericht des Sonderermittlers Robert Mueller Stellung zu nehmen, der die mögliche russische Einflussnahme auf die Präsidentschaftswahl 2016 untersucht hat.

Barr sagte seine Teilnahme kurzfristig ab, ihm gefiel der geplante Ablauf der Anhörung nicht. Am Tag vorher hatte er mehr als vier Stunden im Justizausschuss des Senats ausgesagt, der zweiten Kongresskammer. Und dieser Auftritt, bei dem er den Präsidenten klar in Schutz nahm, empörte die oppositionellen Demokraten so sehr, dass mehrere Senatoren anschließend seinen Rücktritt forderten.

Einen Tag später eskalierte die ranghöchste Demokratin, die Vorsitzende des Repräsentantenhauses Nancy Pelosi, weiter, indem sie Barr vorwarf, den Kongress belogen zu haben. Das sei ein Verbrechen. „Niemand steht über dem Gesetz, weder der Präsident der Vereinigten Staaten noch der Justizminister.“

Pelosi steht unter Druck

Die Blockadestrategie der Regierung setzt Pelosi unter Druck. Anders als manche Parteikollegen, die ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump fordern, scheut sie bisher davor zurück. Dieses könnte, sollte es nicht erfolgreich sein, den Demokraten bei der Wahl 2020 schaden, ist sie überzeugt. Dass sie ihre Meinung ändern und ein Impeachment doch in Erwägung ziehen könnte, legen Äußerungen nahe, in denen sie Trump Justizbehinderung vorwirft, der angekündigt hat, gegen alle Vorladungen und Auskunftswünsche des Parlaments vorzugehen.

Dass Barr dem Präsidenten dabei so willig zur Seite steht, verwundert. Denn eigentlich galt er nicht als Trump-Jünger. Aber inzwischen, sagen Kritiker, verhalte er sich wie dessen persönlicher Anwalt. Barr hatte den Mueller-Bericht im März erhalten und dem Kongress zwei Tage später eine vierseitige Zusammenfassung übermittelt, mit der er die öffentliche Wahrnehmung der Ergebnisse prägte.

Der Sonderermittler hatte in seiner Untersuchung zwar keine hinreichenden Beweise für eine Verschwörung des Trump-Teams mit Russland während des Wahlkampfs gefunden. Vom Verdacht der Justizbehinderung aber entlastete er den Präsidenten ausdrücklich nicht. Barr schlussfolgerte dennoch, dass es keine ausreichenden Belege für eine strafbare Justizbehinderung gebe. Die Demokraten werfen Barr nun vor, den 448-seitigen Bericht falsch zugunsten Trumps auszulegen.

Demokraten sehen Gewaltenteilung in Gefahr

Der Vorwurf der Lüge bezieht sich auf eine Senatsanhörung am 10. April. Da fragte der demokratische Senator Chris Van Hollen den Justizminister, ob Mueller seine Schlussfolgerungen teile. Barr sagte unter Eid, er wisse das nicht. Der Sonderermittler hatte sich bei ihm aber schon in einem jetzt bekannt gewordenen Brief vom 27. März über dessen Darstellung seiner Ermittlungsergebnisse beklagt.

Dass Barr sich am Donnerstag der Anhörung im Repräsentantenhaus entzog, das nach der Verfassung die Aufgabe hat, die Regierung zu kontrollieren, wollten ihm die Demokraten, die dort die Mehrheit stellen, nicht durchgehen lassen. Die Sitzung fand ohne ihn statt.

Und der Ausschussvorsitzende Jerry Nadler warf dem Minister vor, als Helfershelfer von Trump bei einem Angriff auf die Rechte des Kongresses und damit auf die Gewaltenteilung mitzumachen. Trump wolle „verzweifelt verhindern“, dass der Kongress „irgendeine Kontrolle selbst über seine verwegensten Entscheidungen ausübt“, er wolle das Parlament lahmlegen. Das US-Verfassungssystem, das die Entwicklung eines Präsidenten zum „Diktator“ verhindern solle, stehe auf dem Spiel.

Trump wiederum, der Muellers Ermittlungen mehrfach als „Hexenjagd“ bezeichnete, dürfte das Agieren seines Justizministers gefallen. Der hat nämlich auch angekündigt, ein mutmaßliches „Ausspionieren“ von Trumps Wahlkampfteam durch die Bundespolizei FBI untersuchen zu lassen.

Neue Munition für diese Strategie liefert möglicherweise ein Bericht der „New York Times“, dem zufolge eine verdeckte FBI-Ermittlerin das Wahlkampfteam von Trump zu möglichen Russland-Kontakten ausgehorcht haben soll. Die als wissenschaftliche Mitarbeiterin getarnte Ermittlerin habe sich im September 2016 mit Trump-Berater George Papadopoulos in einer Londoner Bar getroffen. Das Gespräch zwei Monate vor der Wahl, die Trump gewann, habe jedoch keine „fruchtbaren Informationen“ ergeben.

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