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Hermann Josef Abs (Mitte) bei der Unterzeichnung des Londoner Schuldenabkommens am 27. Februar 1953

© dpa

Londoner Abkommen: Als Deutschland 1953 Schulden erlassen wurden

Etliche deutsche Politiker stemmen sich vehement gegen einen Schuldenschnitt für die Griechen. Dabei wird oft vergessen: Auch Deutschland wurden einst viele Milliarden erlassen.

Die Schulden waren immens: Mit 30 Milliarden Mark stand Deutschland Anfang der 1950er Jahre im Ausland in der Kreide. Das Land litt zum einen unter den Folgen des Zweiten Weltkriegs, den es angezettelt und verloren hatte. Zum anderen ging etwa die Hälfte der Schulden noch zurück auf Kredite, die Deutschland aufgenommen hatte, um Reparationen aus dem Versailler Vertrag nach dem Ersten Weltkrieg zu zahlen.

Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) und seiner Regierung fehlten die finanziellen Mittel, um die Wirtschaft in Gang zu bringen und den Wiederaufbau des vielfach zerstörten Landes zu schaffen. Ohne zumindest einen Teilerlass der Schulden, so war Adenauer und seinen Wirtschafts- und Finanzexperten klar, würde Deutschland nicht auf die Beine kommen. Die Lösung: Deutschland suchte gemeinsam mit den Gläubigern - neben den Westallierten USA, Großbritannien und Frankreich unter anderem die Schweiz, Schweden, Belgien, die Niederlande, Italien sowie Österreich - nach einer Regelung, die beide Seiten zufriedenstellte.

Entgegenkommen der Gläubiger

Das Ergebnis war nach einigen Vorverhandlungen am 27. Februar 1953 die Unterzeichnung einer Vereinbarung bei der Londoner Schuldenkonferenz. Der Banker Hermann Josef Abs, der spätere Chef der Deutschen Bank, unterschrieb als Leiter der deutschen Delegation ein Dokument, mit dem die ausländischen Gläubiger Deutschland etwa die Hälfte der Schulden erließen und zudem weitere Zugeständnisse bei Zinsen, Laufzeiten von Krediten oder Tilgungsraten machten.

Zwar sind bis heute Fragen und Probleme bei der Tilgung deutscher Schulden aus dem Zweiten Weltkrieg nicht endgültig geklärt, vor allem auch bei Reparationen an Griechenland nicht. Doch hat der Schuldenerlass von London Deutschland den Schub gegeben, den das Land für den Wiederaufbau und das "Wirtschaftswunder" dringend benötigte. Und vor allem bekam Deutschland durch den Schuldenerlass wieder Zugang zu den internationalen Finanzmärkten und wurde wieder kreditwürdig.

Kritiker und internationale Medien wie die "New York Times" werfen Deutschland vor, die eigene historische Erfahrung im Schuldenstreit mit Griechenland zu vergessen. Denn auf das Vorbild des Londoner Schuldenabkommens verweisen viele Entwicklungsländer, die bei internationlen Geldgebern um Schuldenschnitte kämpfen, und im Falle Griechenlands auch all die Experten und Politiker, die die Sparpolitik der Gläubiger für zu streng halten.

Nicht rein finanzielle Erwägungen

Im Falle Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg war das Entgegenkommen der Gläubiger allerdings auch der besonderen historischen Situation geschuldet, der geopolitischen Lage mit der zunehmenden Konfrontation zwischen West und Ost. "Das beiderseitige Interesse vor allem der Bundesrepublik Deutschland und der Besatzungsmächte USA, Großbritannien und Frankreich daran, den westdeutschen Staat in die internationale, explizit in die westliche Gemeinschaft zu integrieren, ermöglichte die damit nicht mehr rein finanzielle Regelung", schreibt die Wissenschaftlerin Kornelia Kühmen in einer Abhandlung der Konrad-Adenauer-Stiftung über den Londoner Schuldenerlass.

Bei einem Austritt Griechenlands aus dem Euro steht nach Ansicht von Kommentatoren aber auch viel mehr auf dem Spiel als die gemeinsame Währung. "Der Einsatz Athens sind die Nato-Treue und der erhebliche griechische militärische Beitrag zur Sicherung des Mittelmeers", schreibt etwa Gerd Appenzeller im Tagesspiegel. Griechenland erpresse die Europäische Union mit einer Annäherung an Russland und Wladimir Putin.

Was in beiden Fällen, Deutschland Anfang der 1950er Jahre und Griechenland aktuell, auf jeden Fall gleich ist: Ein Abkommen braucht Zeit. Denn auch bei der Londoner Konferenz kamen die Deutschen mit ihren Vorstellungen zunächst nicht durch - die Gläubiger monierten den ersten Vorschlag der deutschen Seite über die Höhe eines Schuldenschnitts.

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