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Astrid Hamker, Präsidentin des Wirtschaftsrats der CDU (Archivbild von 2019)

© Imago/Jens Schicke

„Lobby Control“ wirft Partei Rechtsbruch vor: Ein Gast zu viel im CDU-Vorstand?

Astrid Hamker, Präsidentin des „Wirtschaftsrats der CDU“, darf als Dauergast im CDU-Vorstand mitreden. Transparenzwächter halten das für rechtswidrig.

Von Robert Birnbaum

Astrid Hamker hält mit ihren Meinungen nicht hinter dem Berg. Das war ja auch ein Grund dafür, dass der „Wirtschaftsrat der CDU e.V.“ die Unternehmerin aus der Osnabrücker Gebäudereiniger-Dynastie Piepenbrock 2019 zu seiner Präsidentin wählte.

Hamker vertritt seither die marktliberalen Positionen des Verbands – in der Öffentlichkeit, aber auch als ständiger Gast im CDU-Vorstand.

Den organisierten Transparenzwächtern von „Lobby Control“ ist das schon länger ein Dorn im Auge. Jetzt haben sie ein Gutachten vorgelegt, das zeigen soll: Hamkers Sitz in der Parteispitze ist sogar rechtswidrig.

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Dazu muss man wissen, dass der Wirtschaftsrat – seinem Namen zum Trotz – gar kein Verband der CDU ist. Der 1963 gegründete Verein firmiert als politisch unabhängiger „unternehmerischer Berufsverband“. Er legt gesteigerten Wert darauf, dass er von der CDU auch finanziell komplett getrennt ist. Mitglied kann jeder werden, selbst ohne Parteibuch.

Trotzdem dürfen seine Präsidenten seit jeher im CDU-Vorstand mitdiskutieren, als kooptierter Gast ohne Stimmrecht. Der CDU-Vorstand fasst dafür direkt nach seiner Neuwahl alle zwei Jahre extra einen Beschluss.

Das wirkt juristisch sauber, ist es aber nach Ansicht des Hamburger Anwalts André Horenberg nicht, der am Mittwoch ein Gutachten für„ Lobby Control“ vorstellt.

Als Argumentationshilfe dient ihm unter anderem ein Spruch des CDU-Bundesschiedsgerichts aus dem Jahr 2002. Ein Ortsverband wollte seinen Ehrenvorsitzenden als „ständigen Gast“ einstufen.

Das oberste Parteigericht lehnte ab, wenn auch mit ausdrücklichem Bedauern: Leider fehle es für die Einladung des verdienten Parteimitglieds an einer Grundlage in der dafür relevanten Satzung.

Von Gästen steht nichts im CDU-Statut

Die sieht Anwalt Horenberg im Fall der Bundespartei genauso wenig. Im Statut der CDU wird einzeln aufgezählt, wer voll stimmberechtigt oder lediglich beratend zum Vorstand gehört – von Ehrenvorsitzenden bis zu den Chefs offiziell anerkannter Unterverbände. Wessen Amt dort nicht erwähnt ist, darf folglich nicht rein. Von Gästen ist keine Rede.

Zwar erlaube das Parteienrecht jeder Partei, sich hier und da auch mal sachverständige Gäste einzuladen, sagt dazu der Jurist Horenberg. Aber zulässig sei das nur zur eigenen Information und nur zu konkreten, einzelnen Sachfragen.

Ein Dauergast hingegen habe Einfluss auf die allgemeine Meinungsbildung und sei damit von einem beratenden Mitglied nicht zu unterscheiden. Diese Sichtweise teilt übrigens auch das CDU-Bundesschiedsgericht in dem erwähnten Spruch.

„Rechts- und satzungswidrig zusammengesetzt“

„Lobby Control“-Sprecherin Christina Deckwirth schlussfolgert aus alledem, der neue Parteichef Friedrich Merz müsse dafür sorgen, dass der nächste CDU-Vorstand nicht wieder „rechts- und satzungswidrig zusammengesetzt“ sei. „Es braucht die klare Trennung zwischen Lobbyinteressen und Parteiarbeit.“

Dass Merz sein Amt als Vizepräsident des Wirtschaftsrats beendet hat, bevor er ins jüngste Vorsitzrennen ging, lobt Deckwirth als ersten richtigen Schritt.

Dass Merz einen zweiten geht, darf man freilich bezweifeln. Die alten Freunde und Helfer würden es ihm garantiert übelnehmen, würde er als eine der ersten Amtshandlungen ihre Chefin ausschließen.

Die Parteizentrale äußert sich zu den Vorwürfen denn auch gar nicht erst. Juristisch muss Merz schließlich so wenig fürchten wie alle seine Vorgänger.

Zwar hat das Konrad-Adenauer-Haus nach einem ersten kritischen Vorstoß von „Lobby Control“ vorsichtshalber Hamker samt Bild und Lebenslauf aus der Internet-Vorstellung des Parteivorstands gelöscht. Aber gegen das Dauergast-Privileg vor Gericht ziehen dürften allenfalls Parteimitglieder.

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