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Hier gibt's nichts zu sehen: Am Freitagmorgen ließ das Innenministerium Indymedia abschalten.

© Christoph Dernbach dpa

Linksextremismus in Deutschland: Das Indymedia-Verbot ist richtig - aber reicht nicht

Was tun gegen Linksradikale? Im Wahlkampf eine Website schließen. Das wird jedoch nicht besonders nachhaltig sein. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Frank Jansen

So viel Hass muss man erst mal können. Was da seit Jahren im Internet bei linksunten.indymedia.org zu lesen war, wirkte schon manisch. Dieser Geifer gegen Polizisten, gegen echte oder vermeintliche Gentrifizierer und sowieso gegen alle, die auf der Feindliste der Autonomen stehen. Selbst wenn ein Pamphlet offenkundiger Unsinn war, wie die vermeintliche Bekennung der Antifa zum Anschlag auf den Mannschaftsbus von Borussia Dortmund, galt bei den Machern der Website: Wir hauen es raus.

Der linksextreme Wutbürger konnte sich bei linksunten.indymedia zu Hause fühlen. Das ist nun vorbei. Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat das Infoportal als „Vereinigung“ verboten. Das erscheint konsequent. Erst recht bei einem CDU-Mann, der mit dem Vereinsgesetz auch den Radius von Islamisten und Neonazis empfindlich beschnitten hat.

Über zwei Punkte wird allerdings zu reden sein. Da ist der Vorwurf des Berliner Innensenators Andreas Geisel, der Bund habe sich erst spät zu einem Verbot aufgerafft. Das ist nach jahrelanger Hetze der Autonomen verständlich, aber Sozialdemokrat Geisel sendet auch einen Subtext: Christdemokrat de Maizière könnte gewartet haben, um einen Monat vor der Bundestagswahl die Entschlossenheit der Union im Kampf gegen den Extremismus zu demonstrieren. Ist das plausibel?

De Maizière hat Anerkennung für das Verbot verdient

Auszuschließen ist natürlich nicht, dass der Bundesinnenminister den Wahltermin jetzt häufiger mitdenkt als vor einem Jahr. Aber die SPD muss sich fragen lassen, was sie davon abgehalten hat, mit einer konzertierten, medienwirksamen Strategie in Bundestag und Bundesrat wieder und wieder auf ein Verbot von linksunten.indymedia zu drängen. So wie es Sozialdemokraten jahrelang und moralisch völlig zu Recht taten, als es um die NPD ging. War linksunten.indymedia vielleicht doch weit weniger wichtig?

De Maizière hat jedenfalls Anerkennung für das Verbot verdient. Die versagt ihm der Berliner Innensenator auch nicht, trotz des Nadelstichs. Allerdings kommt es jetzt vermutlich darauf an, Punkt zwei der Geschichte zu bedenken: Wie nachhaltig kann im digitalen Zeitalter das Verbot einer Online-Plattform überhaupt sein?

Dass die Autonomen jetzt traurig die Tastatur aus der Hand geben, ist allenfalls ein komödiantischer Einfall. Die Intelligenz militanter Linksextremisten dürfte kaum zu unterschätzen sein. Auf der Straße, wie sich beim G-20-Gipfel in Hamburg gezeigt hat, wie auch im Internet. Zumal linksunten.indymedia nur der deutsche Ableger des globalen Indymedia-Netzwerks war, das kein Bundesinnenminister je wird verbieten können.

Vermutlich wird in nicht allzu ferner Zeit im Internet ein neues Info-Portal der deutschen Haudrauf-Linken aufploppen. Die Szene ist groß genug und wächst auch kräftig. Das Bundesamt für Verfassungsschutz sprach im kürzlich vorgestellten Jahresbericht 2016 von 8500 gewaltorientierten Linksextremisten, zehn Prozent mehr als im Jahr zuvor. Und der Megakrawall der autonomen Gipfelgegner Anfang Juli in Hamburg könnte der Szene noch weiteren Zulauf bescheren.

Wie wäre solchen Tendenzen entgegenzuwirken? Staat, Politik und Zivilgesellschaft tun sich mit Antworten schwer. Das Verbot von linksunten.indymedia ist immerhin eine. Kommt nicht mehr, bringt sie wenig.

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