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Update

Linken-Parteitag in Leipzig: Welche Konflikte auf dem Linken-Parteitag ausgetragen werden

Der Parteitag der Linken in Leipzig könnte zu der Etappe eines fortgesetzten Streits werden. Aber es gibt auch Friedenszeichen zwischen Partei- und Fraktionsspitze.

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Ist die Linke für offene Grenzen oder nicht? Der Konflikt spaltet die Linkspartei seit Monaten, an der Spitze die Parteivorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger, auf der anderen Seite Fraktionschefin Sahra Wagenknecht und ihr Ehemann, der frühere Parteichef Oskar Lafontaine. Auf dem Leipziger Parteitag soll er an diesem Wochenende ausgetragen und, so die Hoffnung der Parteichefs, möglichst endgültig beigelegt werden.

Bis kurz zuvor standen die Aussichten dafür auch nicht schlecht: Gegen die Parteichefs waren weder Kampfkandidaturen  angekündigt noch  Anträge, die ihren Kurs einer offenen Migrationspolitik angriffen. Im Gegenteil: Die Fraktionschefin, den Parteichefs in herzlicher Abneigung verbunden, erklärte am Tag vorm Parteitag gar, der Leitantrag, in dem von eben jenen „offenen Grenzen“ die Rede ist, enthalte keine Positionen, die zu ihren im Widerspruch stünden. Werde er angenommen, sei das für sie keineswegs eine „vernichtende Niederlage“.

Dennoch sah es am Freitag nicht danach aus, als werde die Hoffnung der Parteichefs nach einem Schlussstrich wahr. Leipzig könnte eher zu einer Etappe im fortgesetzten Streit werden: Im einem Essay, den Wagenknecht und der Dramaturg Bernd Stegemann zum Auftakt des Parteitags veröffentlichten, wiederholte die Fraktionschefin am Freitag ihre Vorwürfe an die Parteispitze.

Das Ja zu einer offenen Migrationspolitik sei „Doppelmoral“; man pflege Willkommenskultur und verbanne die „Verteilungskämpfe“ zwischen Neuen und Alteingesessenen „in ein Milieu …, das sich weit weg vom eigenen Leben befindet.“ Gleichzeitig ist aus dem Umfeld von Sahra Wagenknecht zu hören, dass ihr Bekenntnis zu offenen Grenzen interpretationsoffen sei: „Dass wir offene Grenzen für Menschen in Not haben müssen, ist doch sowieso selbstverständlich“, heißt es dort.

Flüchtlingsthema könnte alte Strömungslogiken durcheinanderwirbeln

Der Streit um das Flüchtlingsthema entzweit nicht nur die Linkspartei als Ganzes, er könnte auch alte Strömungslogiken durcheinanderwirbeln: Auch innerhalb der reformorientierten Strömung „Forum Demokratischer Sozialismus“ (fds) sorgen die migrationspolitischen Positionen Sahra Wagenknechts für Streit. Das ist ungewöhnlich: Wäre doch zu erwarten, dass sich die fds-Mitglieder geschlossen gegen den Wagenknecht-Flügel aufstellen. Das fds ist eigentlich eine Art Gegenentwurf zum „Team Sahra“. Die Mitglieder gelten als Reformer, als Freunde von Rot-Rot-Grün, als regierungswillig – und damit als Wagenknecht-Gegner.

Die Parteichefs der Linken, Katja Kipping und Bernd Riexinger.
Die Parteichefs der Linken, Katja Kipping und Bernd Riexinger.

© imago/Christian Grube

Doch auch in diesem Lager scheint die Kritik an der Flüchtlingspolitik Anhänger zu haben. Zumindest schreiben das prominente Linke wie die Brandenburger Landesvorsitzende Anja Mayer oder Udo Wolf, Chef der Linksfraktion in Berlin. Sie haben kurz vor dem Parteitag eine Art Abschiedsbrief verfasst, mit dem sie ihren Austritt aus dem Reformer-Lager erklären. Zu viele der eigenen Weggefährten hätten Wagenknechts „wiederholt vorgetragene politische Zumutungen“ relativiert oder  verteidigt. „Es geht ein tiefer Riss durch das fds“, heißt es in dem Schreiben – ein Riss zwischen Freunden und Gegnern Wagenknechts. Es ist eine Beschreibung, die bei den Linken offenbar sowohl im Kleinen als auch im Großen gilt.

Der Flüchtlingskonflikt überlagert bisher die eigentlich geplanten Themen: Die Linke will mit zwei sozialpolitischen Kampagnen – gegen den Pflegenotstand und gegen hohe Mieten – in die Offensive kommen. Parteichef Riexinger betonte zum Auftakt in Leipzig: „Wir sind nicht nur für uns selbst da.“ Spannend könnte am Samstag noch eine Personalentscheidung werden. Um den Posten des Bundesgeschäftsführers konkurriert neben Jörg Schindler, dem Favoriten von Riexinger und Kipping, auch Frank Tempel, den Wagenknecht und Ko-Fraktionschef Dietmar Bartsch unterstützen.

Streitende Spitzen bringen gemeinsamen Antrag ein

Am Abend, noch vor der Rede von Bernd Riexinger, bekamen die Delegierten überraschend einen Dringlichkeitsantrag zur Erhaltung des Atomabkommens mit dem Iran auf die Tische. Eingereicht, tatsächlich, von Riexinger, Kipping, Wagenknecht und Bartsch soll er offenbar nicht nur ein außenpolitisches Zeichen für Frieden setzen. "Die Linke fordert die Bundesregierung auf, an dem Atomabkommen mit dem Iran festzuhalten", heißt es darin. Sie müsse gemeinsam mit Europa, Russland und China Druck auf den US-Präsidenten ausüben, sich wieder an den Vertrag zu halten. "Europa sollte sich geschlossen hinter das Atomakommen mit dem Iran stellen und endlich eine Friedenspolitik machen, die ihren Namen auch verdient", heißt es in dem Antrag.

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