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Edward Snowden

© Reuters

Linke will Bundesregierung zwingen: Streit um Asyl für Snowden in Deutschland

Linke und Grüne fänden gut, wenn der Whistleblower Edward Snowden nach Deutschland kommt. Das scheitert womöglich an der Union, aber auch an Zurückhaltung in der SPD.

Von Matthias Meisner

Ein mögliches Asylangebot Deutschlands an Edward Snowden wird kontrovers diskutiert - und trifft vor allem bei der Union auf erhebliche Skepsis. Im neuen "Spiegel" hatten sich mehr als 50 Prominente aus Kultur, Politik und Gesellschaft für den Whistleblower eingesetzt. Neben Oppositionspolitikern wie dem Linken-Fraktionschef Gregor Gysi bekam Snowden auch Unterstützung vom früheren CDU-Generalsekretär Heiner Geißler, der dem ehemaligen US-Geheimdienstmitarbeiter "unbedingt" Asyl geben möchte. "Snowden hat der westlichen Welt einen großen Dienst erwiesen. Jetzt ist es an uns, ihm zu helfen", erklärte Geißler dem Magazin.

Linke-Politiker Jan Korte: Asyl für Edward Snowden rechtlich möglich

Der stellvertretende Linken-Fraktionsvorsitzende Jan Korte sagte dem Tagesspiegel, rechtlich wäre es durchaus möglich, einem Asylantrag von Snowden in Deutschland stattzugeben. Er zweifelte aber, dass die sich abzeichnende große Koalition das zulassen werde. Der Whistleblower könne eine "Schlüsselfigur" sein bei der Aufklärung der NSA-Affäre. Korte fügte hinzu, er habe allerdings erhebliche Zweifel, ob die neue Bundesregierung wirklich zu einer Zeitenwende in der Innen- und Rechtspolitik bereit sei. Bisher hätten sich nicht nur Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr Amtschef Ronald Pofalla geweigert, alle Informationen über den Datenaustausch mit den USA offen zu legen, sondern auch der früher an Entscheidungen beteiligte heutige SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier.

Im "Spiegel" hatten sich SPD-Politiker vorsichtig zum Thema geäußert. "Snowden ist ein Held, kein Verräter", sagte Axel Schäfer, Vizechef der SPD-Bundestagsfraktion. Man müsse genau prüfen, "ob es nicht doch einen Weg gibt, Snowden in Deutschland Asyl anzubieten". Ähnlich sieht es der Außen- und Verteidigungspolitiker Lars Klingbeil. "Deutschland muss prüfen, ob es möglich ist, Edward Snowden Asyl zu gewähren." Der schleswig-holsteinische SPD-Chef Ralf Stegner verlangte eine "europäische Lösung".

Die neue Grünen-Chefin Simone Peter forderte im ARD-"Morgenmagazin", Snowden nach Deutschland zu holen. Angesichts der „Totalüberwachung“ durch US-Geheimdienste in den vergangenen Jahren könne Kanzlerin Merkel nicht weiter zaudern, sagte sie. "Wir müssen Snowden das Signal geben, wir respektieren, dass er nicht in Russland aussagen will, sondern hierher kommt.". Die Bundesregierung müsse "jetzt endlich handeln".

CSU-Politiker Hans-Peter Uhl: Beziehungen zu den USA nicht unbegrenzt belastbar

Hans-Peter Uhl, der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, warnte in der "Passauer Neuen Presse" davor, "übers Ziel hinauszuschießen". Er fügte hinzu: "Um Licht ins Dunkel der amerikanischen Spionage zu bringen, ist es nicht zwingend notwendig, Edward Snowden nach Deutschland zu holen." Die Beziehungen zu den USA seien "nicht unbegrenzt belastbar". Eine Aufnahme Snowdens in Deutschland würde nach Uhls Ansicht "eine dauerhafte, schwere Belastung" für das transatlantische Verhältnis bedeuten. Allerdings ist Uhl wie auch andere Vertreter der CDU und CSU dafür, Snowden im Rahmen eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses in Moskau zu vernehmen. "Wenn wir mit voller Absicht hinters Licht geführt worden sind, bleibt uns nichts anderes übrig, als Snowden zu befragen", sagte Uhl. Es biete sich an, dass Vertreter der Bundesanwaltschaft den US-Amerikaner in Moskau befragen. Als zweite Möglichkeit bietet sich dem Christsozialen zufolge die Vernehmung durch einen Beauftragten oder mehrere Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestags an.

Der Linken-Vorsitzende Bernd Riexinger erneuerte in der "Mitteldeutschen Zeitung" seine Forderung nach Asyl für Snowden. Er will die Bundesregierung demnach per Bundestagsbeschluss zwingen, mit Snowden zu sprechen und ihm Asyl zu gewähren. Allerdings hieß es dazu aus der Fraktion, es handele sich bisher nur um Vorüberlegungen. Gysi hatte sich in der Asyl-Frage nicht eindeutig festgelegt. Er sagte: "Eine politische Straftat, die uns nutzt, die man moralisch hoch bewerten muss, erfordert Asyl, zumindest ein Zeugenschutzprogramm." Auch Riexinger meinte aber: "Dieser Bundesregierung fehlt aber offenkundig der politische Wille."

Snowden hatte interne Unterlagen des US-Geheimdienstes NSA kopiert und außer Landes gebracht. Er lebt zurzeit mit befristetem Bleiberecht in Russland. Vergangene Woche hatte ihn der Grünen-Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele in Moskau getroffen. Ströbele will an diesem Montag im Parteirat der Grünen über sein Treffen mit Snowden berichten, anschließend gehen er und Grünen-Chef Cem Özdemir vor die Presse.

Snowden hatte sich grundsätzlich bereit erklärt, offiziell in Deutschland auszusagen - will dafür aber die Garantie, nicht an die USA überstellt zu werden. Die hat einen entsprechenden Auslieferungsantrag für alle Fälle bereits an die Bundesregierung übermittelt. Bis zum Sommer des kommenden Jahres kann Snowden in Russland bleiben. Wie es danach weitergeht, ist noch völlig unklar. Zwar könnte er Russland verlassen, für einen erneuten Aufenthalt müsse er aber erneut ein Asylgesuch stellen.

An diesem Montag reisen die Chef des Bundesnachrichtendiensts und des Verfassungsschutzes, Gerhard Schindler und Hans-Georg Maaßen, nach Washington. Nach der massiven deutschen Kritik an den NSA-Abhöraktionen sind die USA offenbar für einen raschen Abschluss eines Anti-Spionage-Abkommens offen. (mit AFP/dpa)

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