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Syrische Flüchtlinge kommen im Grenzdurchgangslager Friedland in Göttingen an.

© Archivfoto: Swen Pförtner/dpa

Linke spricht von „Armutszeugnis“: Kontingent für Familiennachzug auch 2019 nicht ausgeschöpft

Im vergangenen Jahr ist das Kontingent für den Familiennachzug von Flüchtlingen wieder unterschritten worden. Insgesamt gibt es 12.000 Plätze pro Jahr.

Im Kontingent für den Familiennachzug zu Flüchtlingen mit untergeordnetem Schutz in Deutschland sind auch im vergangenen Jahr nicht alle Plätze vergeben worden. 2019 wurden rund 10.500 positive Auswahlentscheidungen vom Bundesverwaltungsamt getroffen und 11.100 Visa erteilt, wie es aus dem Auswärtigen Amt hieß. Das Kontingent bietet monatlich 1.000 Plätze, also insgesamt 12.000 pro Jahr. Das ist damit knapp unterschritten worden.

Hinter der Bewilligung steht ein kompliziertes Verfahren

Wie aus der Statistik des Außenministeriums hervorgeht, blieben vor allem in der zweiten Jahreshälfte 2019 Zusagen und Visa-Ausstellungen unter der möglichen Zahl von 1.000. Während in den ersten Monaten Zusagen und Visa-Erteilungen noch jeweils bei 1.000 beziehungsweise knapp darunter oder darüber lagen, sank die Zahl zum Jahresende teilweise unter 800 pro Monat. Im Dezember bescheinigte das Bundesverwaltungsamt demzufolge nur 581 Anträge positiv.

Für 23.000 potenzielle Antragsteller lagen den Angaben zufolge im Dezember noch sogenannte Terminanfragen bei den Auslandsvertretungen weltweit vor. Betroffen von der Regelung sind vor allem syrische Flüchtlinge, die oft nicht als politisch Verfolgte anerkannt werden, sondern wegen des Bürgerkriegs in ihrer Heimat den sogenannten subsidiären Schutz erhalten. Sie haben seit 2016 keinen Anspruch mehr auf das Nachholen ihrer engsten Angehörigen. Im August 2018 wurde für sie das Kontingent eingerichtet.

Hinter der Bewilligung steht ein kompliziertes Verfahren: Angehörige müssen bei den deutschen Vertretungen in ihrem Aufenthaltsland den Nachzug beantragen. Danach beginnt die Prüfung bei den Stellen des Auswärtigen Amts und den Ausländerbehörden. Die Auswahl trifft letztlich das Bundesverwaltungsamt, bevor die Auslandsvertretungen wiederum die Visa ausstellen können.

Insgesamt sind seit Inkrafttreten des Kontingents im August 2018 nach Angaben des Auswärtigen Amts 13.745 Visa ausgestellt worden. Insbesondere am Anfang wurde das Kontingent weit unterschritten. In den ersten fünf Monaten Ende 2018 wurden rund 2.000 Nachzüge bewilligt und knapp 1.600 Visa ausgestellt. In der gesetzlichen Regelung für das Kontingent ist nicht vorgesehen, dass die Plätze auf das Folgejahr übertragen werden.

Auch Grünenabgeordnete Amtsberg kritisiert Regierung

Die Linken-Politikerin Ulla Jelpke nannte es ein „Armutszeugnis“, dass die Plätze nicht ausgeschöpft werden. „Für die Betroffenen ist die andauernde Familientrennung kaum erträglich“, sagte sie. Einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage von Jelpke zufolge gab es 2019 rund 26.000 Familiennachzüge aus den sieben Hauptherkunftsländern von Flüchtlingen nach Deutschland. Der Nachzug zu subsidiär Geschützten ist darin enthalten.

Vor allem aber hält die Große Koalition nach Ansicht von Jelpke nicht, was sie im Gesetzgebungsverfahren versprochen hatte, nämlich die dringendsten Fälle privilegiert zu berücksichtigen. So sollten etwa die Anträge von Kindern, die in Libyen, Jordanien oder im Libanon auf die Nachreise warten, vorrangig bearbeitet werden. Weil jedoch so wenige Anträge von den Visastellen kämen, bewillige das Bundesverwaltungsamt diese „stur nach Antragseingang“, kritisiert Jelpke.

Auswärtiges Amt sieht das Nadelöhr in den Ausländerbehörden

Auch die Grünenabgeordnete Luise Amtsberg nennt die „Dreier-Struktur“ von Auslandsvertretungen, Ausländerbehörden und Bundesverwaltungsamt „bürokratisch und nicht wirksam“. Sie kritisiert die Regelung als einen „Versuch, eine dauerhafte Perspektive in Deutschland zu verhindern“. Das Auswärtige Amt sieht das Nadelöhr in den Ausländerbehörden und nicht in den Auslandsvertretungen. Monatlich würden „regelmäßig deutlich über 1.000 Visumsanträge“ nach Deutschland geschickt.

Familiennachzüge werden für die Berechnung des Zuwanderungskorridors herangezogen, der dem Koalitionsvertrag von Union und SPD zufolge die Spanne von 180.000 bis 220.000 nicht überschreiten soll. Der am Mittwoch vom Bundesinnenministerium veröffentlichten Statistik zufolge gab es 2019 rund 142.500 Asylerstanträge, 31.500 stammten dabei von Kindern, die bereits in Deutschland geboren wurden.

Nach Schätzung der Linken wird der Zuwanderungskorridor für 2019 weit unterschritten, weil Abschiebungen und Ausreisen wiederum von der Zahl abgezogen werden. Die so errechnete Gesamtzahl von Asyl-Zuwanderern lag bis Ende November bei rund 97.000 Menschen, einschließlich in Deutschland geborenen Kindern bei rund 127.000, heißt es in der Antwort der Bundesregierung auf die Anfrage von Jelpke, über die am Freitag zuerst die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete und die auch dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt. Die Linke schätzt, dass sich die Zahl bis Jahresende nicht wesentlich erhöht hat. Die Linke schätzt, dass sich die Zahl bis Jahresende nicht wesentlich erhöht hat. (epd, KNA)

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