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16.12.2019, Nordrhein-Westfalen, Duisburg: Vor Beginn des Spatenstichs für den Neubau der neuen A40-Brücke über den Rhein schaut Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) zu den geladenen Gästen. Die neue Brücke soll 2026 in Betrieb gehen. Foto: Roland Weihrauch/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

© dpa

Leyens Handy und Scheuers Maut-Akten: Abgeordnete sollten gegen Geheimniskrämerei klagen

Hier ein gelöschtes Handy, dort als „vertraulich“ eingestufte Akten - all dies müsste das Parlament genauer prüfen. Im Zweifel vor Gericht. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Jost Müller-Neuhof

Uuups, leider sind sie weg, die Daten aus dem Ex-Diensthandy der Ex-Verteidigungsministerin. „Sicherheitsgelöscht“, teilt ein Regierungsvertreter mit. Der Untersuchungsausschuss, der sich mit Ursula von der Leyens hochdotierten Beraterverträgen befasst, guckt in die Röhre. Eigentlich war das gute Stück als Beweismittel vorgesehen. Ähnlich war es zuvor den Abgeordneten des kürzlich eingesetzten Untersuchungsausschusses zur gescheiterten Pkw-Maut ergangen. Verkehrsminister Andreas „Andi“ Scheuer ließ Regierungsakten nachträglich als „Verschlusssache - vertraulich“ einstufen. Einer öffentlichen Erörterung im Ausschuss sind sie damit entzogen.

Wie immer hat die Regierung Gründe. „Sicherheitsgelöscht“, das klingt gut, nämlich nach Datenschutz. Scheuer wiederum erzählt, dass Aufklärung für Abgeordnete ja möglich bleibe – in der Geheimschutzstelle des Bundestags, wo Parlamentarier ein Schweigegelübde ablegen müssen. Vorher waren die Dokumente nur als „Verschlusssache – nur für den Dienstgebrauch“ gestempelt. Da war dem Minister das Risiko zu groß, dass sie vor die Linsen von Handykameras geraten.

Nicht alle, die etwas löschen lassen, haben etwas zu verbergen. Und nicht alle, die amtliche Verschlusssachen höherstufen, tun dies, um demokratische Kontrolle zu unterlaufen. Aber wie war es hier?

Vielleicht hilft eine Art Vorratsdatenspeicherung

Aufklärung ist nicht die größte Stärke der Bundesregierung. Einblicke machen verletzlich. Dienst-Handys und Verschlusssachen sind heikle Themen. Die klassischen Prinzipien der Aktenführung sind durch die Vielfalt digitaler Kommunikation aufgeweicht worden. Eigentlich muss alles, was für einen amtlichen Vorgang wichtig ist, ohnehin in einer Akte stehen. Im Zweifel auch SMS oder Chats. Weil damit aber vieles früher Mündliche heute verschriftlicht ist, geht alles etwas durcheinander. Was ist wichtig oder könnte es noch werden? Man prüft nicht so genau. Kostet alles Zeit.

Zu erwägen wäre, abgelegte Dienst-Handys oder Sicherungskopien unter bestimmten Voraussetzungen fachgerecht zu asservieren. Eine Art Vorratsdatenspeicherung, diesmal zulasten der Behörde. Es könnte ja sein, dass sich erst später herausstellt, welche Daten für einen Untersuchungsausschuss nötig sind. Peinlich ist hier in jedem Fall, dass das Interesse am Handy der Regierung frühzeitig bekannt war.

Für geplatzte Geschäfte wie die Maut kann es nur wenige Geschäftsgeheimnisse geben

Im Ringen um Geheimhaltung von Dokumenten hilft nur eine gewisse Härte. Jeder Parlamentarier weiß, dass der „Verschlusssache“-Stempel in der Verwaltung viel zu schnell zur Hand ist. Jede Richterin übrigens auch. Im gerichtlichen Streit um Transparenzbegehren zählt die förmliche Einstufung deshalb: null.

Den Abgeordneten steht der Rechtsweg offen. Behörden müssen dann darlegen, welche materiellen Geheimhaltungsgründe es geben soll. Daran scheitern sie oft. Scheuer würde es vermutlich auch. Für geplatzte Geschäfte einmaligen Ausmaßes dürfte es nur wenige Geschäftsgeheimnisse geben, die zu schützen wären. Das Problem der Opposition: Sie beschwert sich oft, aber klagt zu selten.      

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